"Zwiebellook, Kilo-Plus und Damenbart: Ich nehme es mit Humor."
Als Spezialistin für Softwarelösungen ist Katharina Schwarzer, 54, an die Berechenbarkeit des Lebens gewöhnt. Die Wechseljahre allerdings hielten sich an wenig Regeln.
Ich habe gewechselt. So circa in der dafür richtigen Zeit, das heißt, es ging mit 47 Jahren los: Aus dem Frostbeulchen Katharina wurde ein zeitweise schweißgebadetes Etwas, das sich winters nachts die Bettdecke vom nackten Leib strampelte. Sehr zur Freude meines Mannes, dem ich nun endlich nicht mehr ständig die gemeinsame Decke entzog. Sehr zum Missfallen der Katzentiere, deren Körperwärme mir auf einmal nicht mehr willkommen war – für ein Jahr verweigerte ich meine Dienste als lebender Fauteuil.
Wellen schlagen um die Mitte
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Ich stellte also meinen Kleidungsstil auf Zwiebellook um, um jederzeit rasch auf unerwartete Hitzewallungen reagieren zu können. Als IT-lerin bin ich es gewohnt meinen sprichwörtlichen Mann zu stehen, suboptimal allerdings ist es, wenn man bei Kundenterminen plötzlich im Gesicht zu rinnen beginnt. Bald wurde mir klar: Es sollte nicht die letzte Schlacht sein, die zu schlagen sein sollte: Die gegen die zusätzlichen Kilos wartete noch.
Meine Kleidung kaufe ich seitdem eine Nummer größer, denn noch gibt es da 13 Kilo mehr als sonst auf der Waage. Ich bin zwar motiviert, dieses Plus wieder hinunterzubekommen, allerdings geht es nicht mehr so leicht wie früher. Da haben zwei Tage weniger essen ausgereicht, um den Hosenknopf wieder zuzubekommen – und wenn nicht, habe ich gejammert. Mittlerweile führt kurz mal hungern zu keinerlei Veränderung. Angefuttertes ist gekommen, um zu bleiben, geht nur sehr widerwillig und sehr langsam wieder weg – und das ärgert mich immer wieder. Damit ist auch das Sportliche an meinem Körper verschwunden – vielleicht auch, weil die gesamte Substanz ein bisschen weicher und teigiger wird. Eine Taille habe ich noch, aber nur mit der Kennzeichnung durch einen Gürtel wird erst richtig klar, was gemeint ist. Aber wenn mich wer fragt: Fünf Schwangerschaften, vier Kinder, da darf man schon mal Wellen schlagen um die Mitte.
Ruhe nach der Springflut
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Zu meiner Freude allerdings begannen die lästigen Blutungen bald nachzulassen. Um genau zu sein: Sie wurden zuerst seltener, dafür aber recht intensiv – so, als würde der Körper sparen, um dann alles auf einmal auszugeben. Von Regel keine Spur mehr, und irgendwann, knapp vor dem Neunundvierzigsten, passierte dann der vorletzte Sturzbach. Sollte er das ersehnte Ende bedeuten? Nicht ganz, sechs Monate später gab es nochmal eine Springflut, der sogar XXL-Tampons höchstens eine halbe Stunde standhielten – aber seither ist Ruhe. Und die genieße ich enorm.
Ich genieße auch, dass ich seit dem Ende meiner Wallungen immer noch nicht friere, ausgezeichnet schlafe und meine Haare nicht mehr täglich waschen muss – ein kleines, aber sehr feines Extra, das es mir erlaubt, keine körpernahen Dienstleistungen mehr zu beanspruchen und mit hüftlangem, lila gefärbtem Wallehaar herumzulaufen. Das mag auch mein Mann, der findet mich immer noch begehrenswert. Und ich ihn auch – trifft sich gut. Vom befürchteten Libido-Verlust, von dem man hinter vorgehaltener Hand spricht, habe ich jedenfalls nichts bemerkt.
Seelentief und Optimismus
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Von den traurigen, düsteren Gefühlen hingegen schon, ein halbes Jahr circa war es wirklich gräulich in meiner Seele. Ob das der sinkende Hormonspiegel verursacht hat oder das Leben im Allgemeinen, könnte ich heute nicht sagen, nur, dass dieses Gefühlschaos jetzt wieder weg ist – zum Glück und ohne irgendwelche Eingriffe.
Für mich war der ganze Wechsel kein wirklich großes Thema. Er ging mir nicht sehr an die Lebenssubstanz, ich hatte mir ihn schlimmer vorgestellt und von einigen Frauen gehört, die hart damit zu kämpfen hatten. Gleichzeitig bin ich eher ein optimistischer Mensch, und ganz gut darin, Unausweichliches halt hinzunehmen, oder, besser: so zu adressieren, dass es möglichst wenig nervt. Was nicht bedeutet, dass ich nicht mit meinen besten Freundinnen, die ja zeitparallel Ähnliches durchlitten, wunderbare Jammerstunden hatte, in denen wir uns über die merkwürdigen Erscheinungen ausgelassen haben.
Schwerer, aber leichter
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Die eine bekam Wimmerl wie eine 14jährige, die andere verträgt jetzt keinen Knoblauch mehr, die dritte hatte Heißhungerattacken auf trockenes Brot. Die eine hatte plötzlich keine Periode mehr, bei der anderen wurde sie immer schwächer - oder es gab noch ewig Schmierblutungen oder Sturzbäche.
Nur das mit der Gewichtszunahme und gewisse Haare, die früher nicht da und auch nicht so bartig waren, eint uns. Wahrscheinlich bereitet uns jede Veränderung im Leben weniger Probleme, wenn man sie gemeinsam durchlebt und darüber jammern, aber auch lachen kann.
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