Verena Insa-Ana Eitelbös: Kein Verlust, sondern eine Befreiung.
Mitten im Leben: Als vielseitig interessierte Frau kann die heute 61-Jährige gut mit Veränderungen umgehen. Unter dem Wechsel leiden, wie ihre Mutter, wollte sie nie.
Manche Frauen stolpern unvorbereitet in den Wechsel. Die einen blenden ihn freiwillig aus, solange, bis er sie überkommt. Die anderen leiden, weil aufgrund des gesellschaftlichen Tabus wenig darüber gesprochen wird. Ich war mir der Wechseljahre schon immer sehr bewusst.
Eine meiner einprägsamsten Kindheitserinnerungen ist, wie sehr meine Mutter darunter litt. Ich war zehn Jahre alt und bekam ihre Zustände genau mit. Sie war durch Hitzewallungen, Schwindelanfälle, Atemnot und den Gesamtzustand sehr belastet. Als ich dann selbst eine junge Frau war, habe ich mir vorgenommen, dass ich meine Menopause mal anders erleben werde.
Periode mit elf, Wechsel mit 48
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Doch mein Frau-Sein begann schon mit elf, als meine Periode einsetzte. Bald danach war ich das erste Mal beim Frauenarzt, dem nichts Besseres einfiel, als mir die Pille zu verschreiben, damit meine Blutung regelmäßig kommt. Nach einem Monat habe ich gemeinsam mit meiner Mutter entschieden, dass das in diesem Alter nicht passend ist und dass mein Frau-werden einen natürlichen Lauf nehmen darf. Bis ich etwa 20 Jahre alt war, hatte ich meine Menstruation alle 35 Tage, ab meinen 20ern alle 32 Tage und ab der Geburt meiner Tochter pünktlich alle 28 Tage – solange, bis ich 48 Jahre alt wurde.
Und dann ging es langsam los – auch beim Wechsel war ich wohl ein Early Adopter. Die Regel kam plötzlich in kürzeren Abständen: alle 21 Tage, was sehr lästig war. Nach ein paar Unregelmäßigkeiten und Aussetzern war mit 49 der Spuk endgültig vorbei. Ich hatte für ein paar Jahre immer wieder Konzentrationsschwierigkeiten und Gedächtnisschwäche, Brain Fog nennt sich das. Auch meine Libido veränderte sich und ließ nach.
Die innere Einstellung hilft
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Ich habe immer einen gesunden Lebensstil gepflegt. Mit der richtigen Ernährung, genügend Bewegung und chinesischen Heilkräutern konnte ich im Gleichgewicht bleiben, seelisch wie körperlich. Sexualität war für mich immer etwas sehr Selbstverständliches, Schönes und Natürliches.
Ich glaube, diese innere Einstellung war in der Menopause sehr hilfreich, denn gröbere Beschwerden bemerkte ich glücklicherweise nicht. Das Schicksal meiner Mutter ist mir also erspart geblieben – aber natürlich stellt man sich immer wieder wesentliche Fragen, die ich auch mit meinem Mann und einer gleichaltrigen Freundin diskutierte. Darunter auch der Klassiker: Bin ich noch eine vollwertige Frau?
Hallo, zweiter Frühling
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Mir wurde bald klar, dass der Wechsel eine Art zweiter Frühling ist, in dem ich mich neu definieren kann. Natürlich bleibe ich eine vollwertige Frau, weil Frau-Sein sich ja nicht auf Fruchtbarkeit beschränkt. Ich bin weiterhin genauso ein empfindendes, empathisches Wesen, fühle als Mutter und bin Partnerin. In mir steckt noch genauso viel Lebensfreude und Neugier wie vor dem Wechsel.
Heute, mit 61, brenne für Anthropologie, Archäologie, Botanik und habe ein großes Interesse an Gesundheitsthemen, ich bin Feng Shui-Designerin, Mutter zweier erwachsener Kinder und froh über meine kreative, vielseitige Persönlichkeit. Mein Leben war immer sehr aktiv, ich habe meine Tochter die ersten zehn Jahre allein aufgezogen, viel gearbeitet, war immer offen für Neues, ständig in Weiterentwicklung. Das war ich und das bin ich. Der Wechsel verändert deine grundsätzliche Persönlichkeit nicht, er verfeinert sie nur ein wenig, er befreit von Altlasten.
Immer offen für neues bleiben
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Die Wechseljahre sind kein Tabu. Darüber spreche ich gerne, weil es mir wichtig ist. Jede Frau erlebt sie anders, und wir sollten offen über ihre unterschiedlichen Facetten reden können. Für mich war der Wechsel kein Verlust, keine Einschränkung, sondern eine Befreiung in vielerlei Hinsicht: Die Freiheit nicht mehr schwanger werden zu können, keine Regel mehr zu haben und mich ganz neu definieren zu können, weitere Ausbildungen zu machen, Neues zu lernen.
Dazu gehört, dass ich zu mir stehe, mir seltener ein Blatt vor den Mund nehme und dass es okay ist, falls ich mal kein sexuelles Interesse habe. Ich habe durch mein Älter-Werden an innerer Kraft gewonnen. Und bin in Balance geblieben.
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