Petra Simon: "Mit der Waage verbindet mich eine Hassliebe."
Petra, 57, blühte erst in der zweiten Lebenshälfte so richtig auf. Ein weiteres (Role)-Model des Ü50 Beauty-Shootings in Kooperation mit der "maxima" stellt sich vor.
Ich bin ein Spätzünder. Eigentlich mag ich den englischen Ausdruck "late bloomer" lieber, denn er beschreibt die Veränderung besser: Ich bin tatsächlich erst rund um die 50 so richtig aufgeblüht. Mein Leben bis dahin war allerdings sehr angenehm: Ich bin seit fast 28 Jahren verheiratet, habe einen Sohn, 27, und eine Tochter, 25, keine finanziellen Sorgen oder gesundheitlichen Probleme. Ich arbeitete bei meinem Mann in der Ordination, wir machten schöne Urlaube und Städtereisen – aber irgendetwas fehlte mir.
Wissen macht selbstsicher: Mit 48 an die Universität
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Bis ich mit 48 Jahren an der Uni Wien inskribierte und Europäische Ethnologie studierte. Lange habe ich nachgedacht, ob ich noch lernen könne, wie ich von den jungen Studierenden aufgenommen werden würde, wie sich mein Alltag verändern würde. Aber ich wagte den Schritt und verließ zum ersten Mal meine Komfortzone – und es hat sich gelohnt! Ich sog alles Wissen wie ein Schwamm auf, fühlte mich unter den jüngeren Kollegen und Kolleginnen wohl und hatte nach drei Jahren einen Bachelor-Abschluss. Da ich durch diese Erfahrungen viel selbstbewusster und mutiger geworden bin, folgte kurz danach der nächste Schritt: Ich machte eine postgraduate Ausbildung zur Lehrerin für Deutsch als Zweit- und Fremdsprache. Heute arbeite ich in einer privaten Sprachschule in einem Bereich, der mir wirklich Spaß macht: Ich kann meine Sprachkenntnisse einsetzen und von meinen Schüler:innen, die aus den verschiedensten Ländern stammen, noch vieles lernen. Es ist eine große gegenseitige Bereicherung.
Schluss mit Färben: ich bin eine "Silver Sister"!
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Und weil es meiner persönlichen Entwicklung bisher so guttat, erweiterte ich dann meine Komfortzone um einen 3. Schritt: zu Weihnachten 2020 ließ ich mir (nach fast 20 Jahren) zum letzten Mal die Haare färben! Auch dieser Entschluss war keineswegs spontan, sondern reifte über mehrere Monate. Für mich war es eine der besten Entscheidungen, die ich jemals getroffen habe: Ich spare nicht nur Zeit und Geld für den Friseur, verspüre nicht mehr diesen Stress, den nachgewachsenen Ansatz verstecken zu müssen und lebe ohne Chemie am Kopf. Ich habe außerdem eine neue Freiheit und Selbstsicherheit gewonnen, die ich gar nicht erwartet hätte. Große Unterstützung bei dieser Transformation bieten übrigens die #silversisters auf Instagram, eine wertschätzende, unterstützende internationale Gruppe von Frauen jeden Alters mit unterschiedlichen Grautönen und Frisuren. Wer also plant, das Färben aufzugeben und Support braucht – diese Community kann ich nur empfehlen!
Heiß und kalt: Die Wechseljahre kommen so oder so
Langsam, aber sicher änderte sich auch meine Einstellung von anti-aging zu pro-aging. Was ist denn so schlimm am Älterwerden? Man gewinnt Lebenserfahrung, wird gelassener, muss sich nicht ständig beweisen, weiß, was man will und was man kann. Sicher, der Körper verändert sich, die Haut wird schlaffer, Falten und Altersflecken erscheinen manchmal über Nacht. Aber erstens trifft das alle, und zweitens kann man bei Bedarf auch was dagegen tun.
Meinen Wechsel erlebte ich durchwegs positiv. Mit 50 hörten die Blutungen, die in den letzten Jahren zwar nicht schmerzhaft, aber sehr heftig waren, auf und ich genoss die Freiheit, ohne XXL-Tampons und dicke Binden, dafür mit weißen Hosen unterwegs sein zu können. Ich habe das Glück, nie unter Nachtschweiß, Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen oder Gelenksschmerzen gelitten zu haben. Lediglich Hitzeschübe ohne Transpiration, ich würde sie gar nicht einmal Wallungen nennen, traten häufig auf. Es kam oft vor, dass ich mit einer Decke bis zur Nasenspitze vor dem Fernseher saß, nur um Minuten später Jacke und Socken auszuziehen.?
Gewicht: Warum ist es immer noch so wichtig, schlank zu sein?
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Gewicht und Figur waren immer schon ein Thema. Seit meiner Jugend verglich ich mich mit anderen und wünschte mir ein paar Kilo weniger. Ich machte unzählige Diäten und ging ins Fitnesscenter, um abzunehmen. Wirklich gelungen ist es mir nie – ich ernähre mich zwar vorwiegend gesund, aber ich nasche viel zu gern! Auch meine Schilddrüsenunterfunktion wird eine Rolle spielen. Heute mache ich Sport, weil er mir einfach guttut und für mich zum Leben gehört, wie Zähne putzen. Mein Ziel ist nicht mehr, Kalorien zu verbrennen, sondern ich trainiere mit Gewichten, um keine Muskelmasse zu verlieren, mache Yoga, um gelenkig zu bleiben, und tanze, weil es mir Spaß macht.
Mit der Waage verbindet mich eine Hassliebe. Ich wiege mich täglich und viel zu oft hat die Zahl auf der Waage meine Stimmung für den ganzen Tag bestimmt. Sie wegzuräumen oder gar wegzuwerfen, schaffe ich trotzdem nicht. Warum begegne ich meinem Körper nicht mit dieselben Gelassenheit wie meinem Silberhaar? Und warum ist es für mich immer noch so wichtig, schlank zu sein? Daran muss ich definitiv noch arbeiten! Dabei halte ich mein Gewicht schon mein ganzes Erwachsenenleben, z.B. mithilfe von intermittierendem Fasten. Nur das vermehrte Bauchfett hat sich als hartnäckige Wechselerscheinung erwiesen.
Endlich sichtbar: Viele Jahre habe ich mich vor jeder Kamera versteckt
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Ich spreche offen mit Freundinnen, aber auch meiner Mutter, über allfällige Beschwerden, wie z.B. meine Blasenschwäche, die mich trotz Gymnastik schon ziemlich lange begleitet. Da half auch Magnetfeldstimulation nicht wirklich. Auch eine gewisse Vergesslichkeit habe ich schon bemerkt – aber Songtexte aus den 80er Jahren habe ich noch mitten in der Nacht parat! Ich versuche einfach, so mancher Unannehmlichkeit mit Humor zu begegnen.
Heute, ich bin jetzt 57, scheint mein Wechsel weitgehend abgeschlossen zu sein. Und ich fühle mich großartig. Das war auch der Grund, warum ich mich für das Shooting beworben habe. Viele Jahre habe ich mich vor jeder Kamera versteckt. Heute gefalle ich mir besser denn je, habe Selbstvertrauen und Zufriedenheit gewonnen und strahle das auch aus. Genauso wie die anderen Models, die ich an diesem Tag kennenlernen durfte. Das großartige, professionelle Team nahm mir jede Scheu und es machte mir unheimlich viel Spaß, mich in unterschiedlichen Looks zu präsentieren.
Frauen über 50: attraktiv, aktiv und begehrenswert!
Außerdem ist mir der Hintergrund für das Shooting ein großes Anliegen: In den Medien und in der Werbung werden ältere Frauen oft nur als Großmütter, fitte Pensionistinnen oder Personen mit Wehwehchen dargestellt. Aber es fehlen die Frauen über 50, die mitten im Leben stehen, attraktiv, aktiv und begehrenswert sind und von der Gesellschaft auch als solche wahrgenommen werden sollen! Was ich meinem jüngeren Ich mitgeben würde? Hab' keine Angst vor dem Älterwerden, vergleiche dich nicht mit anderen, glaub an dich, sei mutig – und kauf dir keine Waage!
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