Konstanze Breitebner: Ich wehre mich gegen das Verschwinden als Frau"
Klare Worte und heilige Wut: Die Schauspielerin und Autorin kämpft für die Sichtbarkeit von Frauen in und ab der Lebensmitte. Und ist mit 64 noch lange nicht leise.
Manchen von euch bin ich als Schauspielerin vielleicht ein Begriff, andere kennen mich von der Kabarett-Bühne, aktuell im Omi Alarm – und auch im echten Leben freue ich mich über meine neue, große Liebe: die Enkeltochter. Als Autorin verfasse ich Drehbücher, Theaterstücke und Prosatexte, bald erscheint mein erster Krimi Tod auf der Unterbühne – alles sehr aufregend! Ich bin glühende Europäerin, Wienerin und begeisterte Wahl-Südburgenländerin, aber vor allem: ich gehöre zur Babyboomer-Generation, jener Generation, die dieses Land wesentlich mitgestaltet hat! Wir Frauen haben gearbeitet, Steuern gezahlt und unsere Kinder gemeinsam mit den Vätern großgezogen – naja, ich jedenfalls. Trotzdem ist der Frauenanteil bei Führungspositionen gering, egal ob bei der Polizei oder im Parlament. Geschlechtergerechtigkeit? Davon sind wir noch lange entfernt – eine Schande, denn wir machen 50 Prozent dieser Gesellschaft aus.
Mein Wechsel war eine Reise zu mir selbst.
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Die Wechseljahre habe ich ebenso wie das Älterwerden ausgeblendet – bis es losging.
Pünktlich mit 49 blieb meine Periode aus. Was folgte war eine herrliche Zeit: Endlich kein PMS mehr, keine allmonatliche Melancholie, keine Krämpfe, kein plötzliches Zunehmen, keine Tränenausbrüche oder Überempfindlichkeiten. Und mir war endlich nicht mehr kalt. Ich fühlte mich so bei mir angekommen. Ich mochte meinen Körper! Zum ersten Mal im Leben. Als ehemalige Bulimikerin (von 14 bis 22) wirklich großartig. Ich habe den Sex genossen, spürte Kraft und Ausdauer in mir. Mein Wechsel ging schließlich ohne viel Trara nach zwei Jahren zu Ende. An einen leisen, melancholischen Moment erinnere ich mich aber noch gut: Ich war traurig, weil ich ja nun nicht mehr schwanger werden würde. Nicht, dass ich das vorgehabt hätte, aber trotzdem: nie wieder ein Kind bekommen können! Ich habe mich dann bewusst verabschiedet von diesem Teil meines Frauseins. Und es war auch gut so. Man kann sagen, der Wechsel war eine Reise zu mir selbst, die ich intensiv, fröhlich und solo bestritten habe.
Flirts werden seltener, das bedauere ich schon.
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Erst einige Jahre später ist mir aufgefallen, dass ich offenbar nicht mehr ins Beuteschema vieler Männer gehöre. Mir sind die provokanten Aufreißspiele allerdings nicht wirklich abgegangen. Ich bin eigentlich ein scheuer Mensch, allzu direkte Avancen empfand ich nie als Kompliment. Dass Flirts aber immer seltener wurden, bedauere ich schon. Einfach, weil ich ja Männer in meinem Alter auch noch sexy und erotisch anziehend finde. Ich wehre mich gegen dieses Verschwinden als Frau.
Was mir körperlich und mental stets geholfen hat? Bewegung. Vor vielen Jahren habe ich Poweryoga für mich entdeckt – das praktiziere ich immer noch, eine wahre Kraftquelle. Ich gehe viel, quer durch die Stadt, stundenlang durch die Wälder, bis der innere Dialog verstummt und der Kopf ausruht. Ich ertappe mich oft beim zügigen Marschieren – schnelles Tempo mag ich. Früher bin ich Marathons gelaufen, das würde ich aber niemandem raten. Beide Knie mussten operiert werden.
Ich akzeptiere nicht, dass ältere Frauen aus dem öffentlichen Bild verschwinden.
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Und heute? Älterwerden ist wahrlich nichts für Feiglinge. Die kleinen und größeren Wehwehchen machen mir zu schaffen. Ich führe einen erbitterten Kampf gegen das Altern, ich erlaube mir zumeist die Müdigkeit nicht und verbiete mir Sätze, die mit In meinem Alter beginnen. Das ist natürlich nicht sehr sinnvoll. Weil wir ja alle älter werden. Und ich ja manchmal sogar froh bin, zu alt für irgendwas zu sein. Es fällt mir nun viel leichter, respektvollen Umgang einzufordern, Nein zu sagen.
Entscheidend verändert hat mich meine Enkelin: mit ihrer Geburt wurde ich auf einen anderen Platz im Leben, in der Familie gesetzt. Und das tut gut. Unlängst habe ich mit meiner Tochter Sport gemacht und die Kleine war dabei: Omi, dein Bauch ist alt, sagt sie. Ich konnte lachen und hab geantwortet: Nein, mein Engel, die ganze Omi ist alt. Also, ähm älter! So oder so: Ich spreche nicht gerne über diese Befindlichkeiten. Aber ich bewundere Frauen, die ganz offen berichten.
Warum mache ich mich also auf wechselweise.net bemerkbar? Aus Zorn, um mir Luft zu machen. Ich akzeptiere nicht mehr, dass Frauen ab 50, allerspätestens 60 aus dem öffentlichen Bild verschwinden. Wir sind da, wir sind viele, wir haben diese Gesellschaft mitgeprägt, wir konsumieren, wir helfen mit, wir wissen viel, und: Wir gehen wählen. Letzteres heuer in Österreich sogar öfters. Ich höre mir jetzt schon genau an, was die einzelnen Parteien für mich zu bieten haben. Rollenklischees, liebe, brave Omibilder, habt´s scho gegessen, ja, ja? Nein Danke! Wichtiger wäre es, sich die Altersarmut anzusehen, denn die ist definitiv weiblich.
Mit feiner Klinge die Klischeerollen attackieren.
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Und ich versuche meine heilige, wie ich finde: völlig berechtigte Wut auch im beruflichen Zusammenhang zu nutzen. Ich habe unlängst ein Video produziert, gemeinsam mit sechs Schauspielerinnen, lieben Kolleginnen, Top-Profis, allesamt kluge, wundervolle, aktive Frauen. Wir haben auf humorvolle Art und Weise darauf hingewiesen, dass wir unser Bild in Film und Fernsehen der Wirklichkeit angepasst haben wollen. Let´s change the picture attackiert mit feiner Klinge die Klischeerollen, die das Filmbusiness für uns bereit hält. Wir bekamen viel Zuspruch, Applaus und ein großes Medienecho. Das macht Mut. Jetzt müssen nur noch Taten, also interessantere Rollenangebote folgen.
Abschließend hier nun meine Botschaft an jüngeren Frauen, bzw. an mein jüngeres Ich: Sei unabhängig, schaff dir ein eigenes Leben, das du mit Partner:innen und Familie teilen kannst. Bleib in deiner Mitte, denn die kann niemals eine andere Person ausfüllen. Begib dich nie in Abhängigkeiten. Übernimm Verantwortung. Älterwerden kann durchaus schmerzen. Aber die gesammelte Lebenserfahrung beschützt dich vor so manchem Unsinn.
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