"Ich lebe meine Transformation. Wie eine Raupe zum Schmetterling."
Cranio Sacral-Praktikerin Elisabeth Koller, 50, hat graues Haar und einen Kopf voller bunter Ideen. Ihre inspirierende Geschichte wird jede wechselweise Frau ermutigen.
Angeblich bin ich fertig mit dem Wechsel – das sagt zumindest mein Gynäkologe. Warum ich dann immer noch Symptome habe, das weiß er nicht. Ich bewege mich gerne, ich wandere, mache Krafttraining, Pilates und Hormonyoga. Das tut mir gut. Vielleicht wäre es schlimmer, wenn Sie das alles nicht machen würden, meinte mein Arzt. Na toll. Und wie schlimm wäre es dann bitte? Seine Lösung: Weitermachen mit Sport und gesundem Essen. Nach Möglichkeit viel Soja wegen der Phytoöstrogene.
Heiß-Kalt-Heiß: Wechsel, Wandel und Transformation
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Wallungen im 15-Minuten-Takt. Vergesslichkeit. Ich nehme einen Stift in die Hand, um mir etwas aufzuschreiben, was ich auf keinen Fall vergessen möchte – doch dummerweise verliert sich der Gedanke, sobald der Stift in der Hand liegt. Wie kann ich meinen Kolleg:innen sagen, dass ich nicht desinteressierter und unproduktiver geworden bin, sondern nur im Wechsel bin. Ich kann meine Konzentration nicht steuern. Vor allem ärgert mich die Vergesslichkeit, denn ich hatte eigentlich ein ganz gutes Gedächtnis. Wie eine Computerfestplatte konnte ich Namen und Daten abspeichern und wieder gut abrufen. Das ist jetzt vorbei. Mein Gehirn fühlt sich wie ein Vakuum an.
Die Wechseljahre und das große Schweigen
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Wie habe ich in jungen Jahren wahrgenommen, dass andere Frauen im Wechsel waren? Meine Mutter redete nicht darüber, denn damals redete man über sowas nicht. Kolleginnen sah ich schwitzen, rot werden, Fenster aufreißen, frieren. Meist hörte ich nur mit einem Ohr zu, was sie erzählten. Hängen geblieben ist bei mir, dass eine damalige Kollegin mit TCM und Kräutern gute Erfolge erzielt hatte. Denn das hat mich zu dieser Zeit schon interessiert. Bis es jedoch mein eigenes Thema wurde, sollten noch weitere zehn Jahre vergehen. Und diese Jahre vergehen rascher als man denkt – und schon klopfte meine eigene Story an die Tür. Begonnen hat es mit 40 und in Etappen. Mein Menstruationszyklus dauerte drei Wochen. Meine Blutungen waren stark und lang. Danach wurden die Abstände länger und unberechenbar. Eine Freude für jeden Wellnessurlaub. Entweder spontan oder gar nicht. Die Kopfschmerzen während der Menstruation waren migräneartig. Ich fühlte mich erschöpft, antriebslos und wie ausgelaugt. Als sie dann ausblieb, empfand ich Erleichterung – ich menstruierte, seitdem ich 11 Jahre war. Ich finde es wunderbar, dass es vorbei ist.
Hitzeinferno, Vergesslichkeit und schlaflose Nächte
Doch kaum hatte sie sich verabschiedet, begannen das große Schwitzen, Frieren, Schwindelgefühle, Herzrasen, Konzentrationsstörungen und nachts stundenlang Wachliegen. Launisch war ich nie – also nicht anders, als vorher. Aber dafür dieses Hitzeinferno: Wenn eine Wallung beginnt, kriecht zuerst in der Bauchgegend eine Beklemmung hoch, die mir fast den Atem nimmt. Ein Unwohlsein, bei dem ich am liebsten aufstehen und wegrennen würde. Immer wieder aufs Neue bin ich überrascht, dass danach so viel Hitze ausbrechen kann.
Wochenlang litt ich unter Drehschwindel. Ein Neurologe konnte keine Ursachen finden. Er meinte, es könnte vom Wechsel sein. Lösung: Viel Wasser trinken und viel Sport. Da haben wir es wieder! Die Lösung: Sport und gesunde Ernährung. Ja, aber wenn trotzdem die Symptome bleiben? Gibt es Menstruationsphantom-Schmerzen? Habe ich sowas? Das Herzrasen, das eine Wallung ankündigt, ist nachts im Ruhemodus wie ein kleiner Adrenalinschub. Nur leider brauche ich zu dieser Uhrzeit keinen Adrenalinschub. Stundenlang lag ich da und starrte an die Decke, las ein Buch und wusste nicht, wie ich diese grauenvollen Stunden bis zum Frühstück sinnvoll überbrücken hätte können. Tagsüber war ich dementsprechend müde und fühlte ich mich leer und ausgelaugt.
Was hat mir nicht geholfen?
Isoflavone und der Tipp mit dem Soja wegen der Phytoöstrogene. Im Nachhinein lernte ich auch, warum mir im Speziellen die Präparate auf Sojabasis und der Rat, viel Tofu zu essen, nicht bekommen. Als letztes Jahr eine Histaminintoleranz diagnostiziert wurde, erkannte ich den Zusammenhang zwischen Hülsenfrüchten und meiner Schlaflosigkeit, meinen Verdauungsstörungen und dem Schwitzen. Histaminreiches Essen und Trinken schwächt meinen Körper und ich fühle mich müde und ausgelaugt, schwitze und bekomme Herzrasen.
Was hat mir geholfen?
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Momentan geht es mir wunderbar. Ich bin voller Energie, schlafe durch und das Hitzeinferno macht grad Pause. Wie lange? Das weiß ich nicht. Es ist oft wie in der Hochschaubahn. Rauf und runter! Ja, auch Partys können ihre Folgen haben. Im Frizzante und Prosecco ist so viel Histamin, dass ich die ganze Nacht lang herumtanzen könnte – am nächsten Tag geht es mir elend. Die altbekannten Symptome sind gleich wieder da. Meine Lösung: Ich achte gut auf mich und tue, was mir guttut. Wenn ich mal über die Stränge schlage, muss ich danach wieder konsequent sein. Seit ich täglich hochwertige Omega3-Fettsäuren zu mir nehme, ist auch wieder die Konzentration da. Ich esse ausgewogen, intuitiv, darmgesund, histaminarm und überwiegend pflanzenbasiert. Das unterstützt mein Wohlbefinden und stärkt mich. Vor allem die histaminarme Ernährung brachte rasch Erfolge, die Hitzewallungen reduzierten sich auf drei- bis viermal täglich.
Mein ganzheitliches Denken hat mir geholfen, mich auch außerhalb der Schulmedizin umzusehen. Als Cranio Sacral Praktikerin und Ernährungstrainerin? sind mir die Unterstützung zur Selbstheilung und die Naturheilkunde als Basis für Wohlbefinden und Gesundheitsförderung sehr wichtig. All das ist für mich eine wunderbare Balance zu meinem Job im Büro als Angestellte. Es deckt viele Facetten meines Wesens ab und fördert mein Potential. Genau das möchte ich auch anderen Frauen für ihren Berufsalltag mitgeben.
Meine Haare sind grau, doch mein Kopf voll mit bunten Ideen!
Seit Februar 2020 färbe ich mir meine Haare nicht mehr. Die Übergangszeit war anfangs nicht so einfach. Manchmal fühlte ich mich ein wenig zeitentrückt in meinem Zwiebellook mit Cardigan, Wallungen und ungefärbten Haaren mit grauem Blockansatz. Und dann noch die Kommentare von anderen Personen. Ungepflegt, alt, unweiblich, Aha! Die Graue! kam da so salopp daher gesagt. Worte können weh tun. Ich habe mich entschlossen, es durchzuziehen, gehadert, gezagt aber mir auch die Chance gegeben das Endprodukt zu erwarten. Zurück geht immer. Und heute? Ich liebe es. Und es ist so befreiend – und es steht mir! Früher war ich oft im Stress, weil man meinen Ansatz rasch sieht und habe alle drei Wochen nachgefärbt. Um anderen zu gefallen und um einem Bild zu entsprechen. Gesund war das nicht.
50 und kein bisschen leise: Alles ist möglich!
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Ich habe Träume und Visionen. Zu alt für Ausbildungen? Zu alt für Clubbings? Diese Denkweise habe ich nicht. Mein Rolemodel schon als Kind war eine Cousine, die mit 80 noch Biologie studierte. Mein Vorbild für lebenslanges Lernen und Lebenslust. Mit 45 diplomierte ich zur Cranio Sacral Praktikerin. Mit 49 schloss ich die Ausbildung zur Dipl. Ganzheitlichen Ernährungstrainerin ab. Ich habe meine Transformation und Entfaltung begonnen. Wie eine Raupe zum Schmetterling.
Von meinem Wissen und meinen Erfahrungen sollen deshalb auch andere profitieren. Ich freue mich, sie in die Welt zu tragen. Mein Konzept ist ganzheitliche Gesundheitsförderung. Ich möchte Menschen unterstützen, sich im Arbeitsalltag gesünder zu ernähren, um mehr aus Ihrem Potential schöpfen zu können. Mehr Wohlbefinden ist mehr Lebensqualität. Ich nenne es #gesundlebengesundarbeiten und #makeiteasy.
Ich will Menschen inspirieren. Ich will Artikel schreiben, Vorträge halten und vieles mehr. All das, wofür ich früher nicht mutig genug war. Man ist niemals zu alt, aber eventuell ist nicht mehr für alles genug Zeit ... deshalb Jetzt und Tun! Es ist daraus so viel mehr an Wunderbarem entstanden, als ich jemals gedacht hätte.
Ich brauchte scheinbar das Wachsen und Älterwerden, um klar Ja! zu mir selbst zu sagen. Ich toleriere es, dass ich nicht perfekt bin und lerne es zu akzeptieren. Ich mache das für mich und weil es mir Spaß macht.
Wenn ich müde bin, dann ruhe ich mich aus, und wenn ich tanzen will, dann tanze ich. Wenn ich Unterstützung brauche, dann bitte ich darum. So wie es mir gefällt und gut tut. Apropos Tanzen und Clubbings! Ich liebe es. Dürfen wir das noch mit 50+? Und was zieht Frau an, wenn sie sowieso schon durch das Herumgehopse schwitzt und dann auch noch ein inneres Hitzeinferno daherkommt? Sexy? Ja, aber: Definitiv rate ich von Polyestershirts und -kleidchen ab.
Unsere Wechseljahre sind individuell wie wir
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Kurzum: Ich möchte andere Frauen ermutigen, ihren eigenen Weg zu gehen. Es ist nicht immer fein, in den Spiegel zu sehen und zu bemerken, dass man älter wird. Es kommen Falten, graue Haare und was sonst noch alles. Aber wir dürfen auch über neue Möglichkeiten nachdenken. Wir sind alle individuell und auch unsere Wechseljahre sind individuell. Und es ist völlig normal, dass wir so sind. Wir dürfen darüber reden und brauchen uns nicht zu schämen, dass wir älter werden. Wenn ich darüber rede, dann möchte ich Mut machen. Keine von uns wird exakt dieselben Symptome haben. Wir führen ja auch nicht das exakt gleiche Leben.
Je offener wir darüber reden, umso mehr lernen wir voneinander. Jede darf sich das rauspicken, was sie möchte und was ihr hilft. Wir nehmen uns gegenseitig nichts weg. Im Gegenteil, wir schenken uns etwas, wenn wir einander unterstützen und uns freuen, dass es anderen auch gut geht.
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