Eveline Eselböck: Das Beste ist noch lange nicht vorbei!
Showtime: Die Spitzen-Gastronomin feiert nicht nur auf der Tanzfläche von "Dancing Stars" das Älterwerden. Der Wechsel in ein neues Leben wurde für sie zur Wiedergeburt.
Eines vorab: Wenn ich heute über meinen Wechsel berichte, dann weniger über jenen, der sich ankündigt, wenn die Hormone verrückt spielen. Das habe ich schon lange hinter mir und er wurde nur von wenig ausgeprägten Symptomen begleitet, ein paar Hitzewallungen und das war's. Vielleicht hatte ich aber auch einfach keine Zeit, um genauer in meinen Körper hineinzuhorchen.
Ich habe einmal gelesen, dass Frauen in der Spitzengastronomie – ähnlich wie jenen im Spitzensport – dazu tendieren, die Menopause früher als durchschnittlich zu erleben. Für mich klingt das jedenfalls nachvollziehbar – die über drei Jahrzehnte im Taubenkobel waren anstrengend, aber zugleich unglaublich abenteuerlich, aufregend und inspirierend. Greißlerei, Haubenlokal, Heurige, zwei Hotels und Weingut – was 1987 an der Seite meines Mannes Walter mit einem kleinen Beisl in Schützen begann, ist über die Jahre ordentlich gewachsen. So auch meine Familie: Mit 62 bin ich bereits sechsfache und stolze Großmutter, und wir können von uns mit gutem Gewissen sagen: Die Familie ist bei all dem Einsatz fürs Geschäft nie auf Strecke geblieben. Wahrscheinlich weil wir im Herzen immer dieselben Menschen geblieben sind.
(Pensions-)Schock lass nach: Wer bin ich eigentlich?
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2014 dann stand mein Entschluss fest: Meine Tochter Barbara sollte fortan das Zepter in der Hand halten. Ihre Zeit war gekommen. Ich musste loslassen. Und ich wollte loslassen. Genau hier beginnt mein eigentlicher Wechsel, der Wechsel in ein anderes Leben. Denn ich kannte nichts anders, als jeden Tag aufzustehen und ins Lokal zu marschieren und dort bis in die Abendstunden zu bleiben, zu arbeiten, zu organisieren und mit mit Gästen und Personal zu unterhalten.
Und nun? Stand ich auf und wusste nicht genau, was ich mit mir anfangen sollte. Und stellte fest, dass ich nach und nach unsichtbar wurde. Wenn du aus der täglichen Geschäftswelt draußen bist, bist du plötzlich weder für die anderen noch für dich selbst wirklich interessant. Bei Events nimmt man dich nicht mehr so wahr, du wirst zwar höflich gegrüßt, aber der wahrhaftige Austausch auf Augenhöhe, der fehlt. Und so sehr ich mir gewünscht habe, dass meine Tochter nun als Frontfrau wahrgenommen wird, so sehr litt ich auch darunter, nun keine klar definierte Aufgabe mehr zu haben, keinen strukturierten Tagesablauf, keine unaufschiebbaren Verpflichtungen am Abend.
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Ich fiel in tiefes Loch. Ich haderte mit mir, mit dem Älter werden, keine angenehme Zeit, aber im Rückblick sehr wichtig für meine Weiterentwicklung. Man hinterfragt sich, als Mensch, als Frau. Weil man die Zukunft nicht kennt, fürchtet man sich vor ihr, sie liegt da, wie ein unbeschriebenes Blatt und wartet darauf befüllt zu werden. Nur womit? Die besten Weine, die interessantesten Menschen, die schönsten Erfolge – hatte ich nicht schon alles erlebt?
Neuer Mut, neue Eindrücke, neue Freundschaft.
Ein Tapetenwechsel brachte frische Inspiration und neuen Mut: Mein Mann schenkte mir einen Italienisch-Sprachkurs in Venedig, dort war ich dann einen Monat lang. Nur ich, ganz allein, jedenfalls am Anfang. Ich habe mich in die Sprache und das Leben neu verliebt – und ich habe die Schauspielerin Emma Thomson? kennengelernt, die ich nun meine Freundin nennen kann. Eine starke, wundervolle Frau, die sich sehr für Frauenrechte in der Unterhaltungsbranche einsetzt. Mit ihr tanzte ich nicht nur durch Venedig. Unsere vielen Gespräche über als Älterwerden, gerade als Frau, haben mich nachhaltig verändert. Sie hat mich in dem bestärkt, was mir heute Mission ist: Ich möchte zeigen, wie wundervoll die zweite Lebenshälfte ist. Man soll sich nicht davor fürchten, man kann sich darauf freuen! Denn jetzt gehörst du dir allein und kannst machen, was du willst, worauf du Lust hast. Erschreckend und fantastisch zu gleich.
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Und ich hatte Lust aufs Tanzen! Ich bin 62 – ich trau mich jetzt alles! Ich finde es wichtig, dass gerade wir Frauen merken, da passiert noch etwas. Wir sind da, wir sind laut, wir zeigen auf, wir wissen, was wir wollen. Lasst euch nicht einreden, dass ihr in einem gewissen Alter aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwinden müsst. Jeder Mensch sehnt sich, danach gesehen zu werden, immer. Alle wollen geliebt werden – da gehöre ich auch dazu.
Ich tanze für alle Frauen in der Lebensmitte!
Deshalb bin ich vielleicht gerade besonders glücklich und gehe jeden Tag mit einem Lächeln durch den Tag: Das Feedback auf Dancing Stars ist enorm positiv, und ich freue mich, wenn ich ein Vorbild sein kann. Ich tanze im Ballroom für alle Frauen über 50, denn nur wenn wir uns zeigen wie wir sind, werden wir eines Tages keine Ausnahmeerscheinungen in der Öffentlichkeit sein, sondern ein Teil der Gesellschaft. Diversity nennt sich das, die steht auch uns zu, und Diversity macht das Leben bekanntlich bunter und schöner.
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Auch wenn das Training anstrengend ist, mein Körper- und Lebensgefühl ist so gut wie selten zuvor. Ich freue mich darüber, dieses Abenteuer zu erleben – und es wird bestimmt nicht mein Letztes sein. Das Beste ist noch lange nicht vorbei. Diese spannenden Erlebnisse und neuen Eindrücke machen uns Frauen übrigens nicht nur glücklich, sondern auch schön. Irgendwann bekommt man das Gesicht, das man verdient, weil sich das Äußere im Alter dem Inneren immer mehr anpasst. Mein Gesicht erzählt meine Geschichte und diese will ich zeigen. Deshalb für euch zum Schluss noch ein passendes Zitat von Albrecht Schweitzer:
Man wird nur alt, wenn man seinen Idealen Lebewohl sagt.
Mit den Jahren runzelt die Haut, mit dem Verzicht auf Begeisterung
aber runzelt die Seele. Du bist so jung wie Deine Zuversicht.
Jugend ist nicht ein Lebensabschnitt, sie ist ein Geisteszustand.
In diesem Sinne: Keep on dancing!
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