Alexa Stephanou: Kinderwunsch trotz Long Covid und frühem Wechsel
Die Logopädin kämpft trotz Long-Covid-Diagnose und ersten Wechsel-Symptomen um die Erfüllung ihres Kinderwunsches. Und setzt auf Social Freezing ihrer Eizelle
Ich bin geboren, um Mutter zu sein! Ein Satz, den ich früher öfter zum Besten gab. Wann möchtest du Mutter werden? Wenn es passt. Und das ist eigentlich nie. Wann passt es ins Leben, für finanzielle Herausforderungen Lösungen zu finden, auf Schlaf zu verzichten und den Faktor Zeit vollkommen neu zu definieren – alles, weil plötzlich ein kleines, hilfloses Würmchen beschließt, deine Welt mit Emotionen zu überschütten? Und auch wenn meine Lebenseinstellung lautet Einfach machen! – zum Machen gehören bekanntlich zwei.
Und da wollte in meinen Augen einfach noch niemand so richtig passen. Ach, du bist noch jung. Du wirst schon noch den richtigen Partner finden, um Mutter zu werden, – das höre ich öfter. Danke für diesen ungefragten und so gar nicht empathischen Versuch mich zu trösten. Mitgefühl wird leider viel zu häufig durch Mitleid ersetzt.
Die biologische Uhr kennt keinen Lifestyle
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Frauen heutzutage und vor allem hierzulande ist leider meist nicht bewusst, dass wir für Mutter Natur mit Mitte 30 nicht mehr wirklich als jung durchgehen. Das steht allerdings in Gegensatz zu unserem Lebensstil, sodass heutzutage eine Schwangere mit 25 (biologisch im besten Alter, um sich zu vermehren) fast schon als blutjunge Mutter gilt. Die Prioritäten vieler Frauen in der westlichen Welt haben sich geändert: Ein Baby wird immer später zum Wunschkind. Mutter Natur schlägt jedenfalls beide Hände über dem Kopf zusammen, wenn einer 39-Jährigen wie mir gesagt wird, sie hätte doch noch ewig Zeit Mutter zu werden.
Es war eine liebe Freundin, die mich dazu ermutigte, vorzusorgen und meine Eier einzufrieren. Sie selbst beschloss, Karriere zu machen und sich auf ihr berufliches Weiterkommen zu konzentrieren, bevor sie dann – sehr unerwartet – mit Anfang 40 den Mann ihres Lebens traf. Mit ihm kam der gemeinsame Kinderwunsch. Hormonbehandlungen, künstliche Befruchtungen und Fehlgeburten folgten. Eine schwere Zeit für meine Freundin und ihren Mann, die aber letztendlich von Erfolg gekrönt war. Meine Fruchtbarkeit war nicht das Problem. Es war mein altersbedingt niedriger AMH-Wert, der Probleme macht, erzählte sie mir.
Wenn der AMH-Wert sinkt und sinkt
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Der bitte was? Der Anti-Müller-Hormon-Wert. Er sagt etwas über die Ei-Reserve einer Frau aus, nicht aber über ihre Fruchtbarkeit. Je älter eine Frau ist, desto weniger qualitativ hochwertige Eier reifen heran. Also ließ ich im Jänner 2022 meinen AMH-Wert bestimmen.
Der Schock war nicht unwesentlich, als es hieß, er sei für mein Alter bereits viel zu niedrig (0.58 µg/l statt 1.3-7.0 µg/l). Nach wiederholter Untersuchung acht Monate später war der AMH wieder um mehr als die Hälfte gesunken (0.25 µg/l), was anscheinend sehr ungewöhnlich ist. Die Diagnose: frühzeitige Wechseljahre, eventuell aufgrund meiner Long Covid-Erkrankung, die mein Leben seit August 2020 bestimmt. Möglich, eventuell, vielleicht, wahrscheinlich – alles Wörter, die Long Covid-Betroffene oft zu hören bekommen. Die Erkrankung ist zu jung und noch zu wenig erforscht, um präzise Diagnosen zu stellen.
Verfrühter Wechsel und doch Mutter?
Wo und wie ich mich im März 2020 mit Covid ansteckte, war mir immer egal. Wichtiger war, was ich tun kann, damit es mir besser geht. Von einer sportlichen, agilen und aktiven Frau, die Job, Sport und Freizeit problemlos unter einen Hut brachte, wurde ich zu einem Schatten meiner selbst. Long Covid ist ein sehr beständiger Lebenspartner für mich und hat ständig seine Finger im Spiel. Ich kämpfe noch heute darum, wieder ein normales Leben zu führen.
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Vor allem stellte sich mir die Frage, was ich tun könnte, um meinen Kinderwunsch nicht aufgeben zu müssen. Social freezing (das präventive Einfrieren von Eizellen, ohne aktuellen Kinderwunsch bzw. ohne medizinische Indikation) ist in Österreich nur unter speziellen medizinischen Umständen erlaubt. In meinem Fall wäre es möglich gewesen. Jedoch beschloss ich, diesen Prozess in Athen zu durchlaufen, da ich einerseits Halbgriechin bin und andererseits Anfang 2023 in die griechische Hauptstadt ziehen werde, um dem Ruf meiner Eizellen zu folgen.
Ich hatte Glück: Drei qualitativ hochwertige austro-hellenische Eizellen konnten gewonnenen werden und damit die Möglichkeit, irgendwann schwanger zu werden. Noch ein paar zusätzliche Eier wären aber schön. Mal sehen, ob meine Blutwerte und mein Geldbörserl im Frühjahr 2023 eine weitere Hormonbehandlung und Egg Collection, wie ich den Prozess liebevoll nenne, zulassen.
Überschneidende Symptome
So leicht mir das Herz jedoch nun ist, so schwer ist es für mich derzeit zu unterscheiden, welche meiner Symptome Long Covid geschuldet sind und welche die Handschrift des verfrühten Wechsels tragen. Schweißausbrüche, Herzklopfen, Schlaflosigkeit, Schwindel, Schmerzen, Tinnitus, Konzentrationsprobleme – das kenne ich alles nur zu gut.
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Noch nie habe ich mich so sehr über eine ganz normale Regelblutung gefreut wie derzeit. Ist sie in meinem Alter doch das Zeichen einer Normalität, die wir meist zu wenig zu schätzen wissen und viel zu unbewusst leben. Arztgespräche und Untersuchungen laufen und werden mit der Zeit Klarheit darüber bringen, ob und was in Zukunft getan kann, um Symptome zu lindern und den Kinderwunsch hoffentlich noch zu ermöglichen. Bis dahin heißt es Kisten packen, auf den neuen Lebensabschnitt vorbereiten und hoffen, dass mir Mutter Natur gnädig ist und noch ein paar Monate gewährt, bevor die Menopause voll eintritt.
Long Covid Betroffene erhalten hier Hilfe: www.longcovidaustria.at.
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