Wechseljahrsbeschwerden: Wissen Ärzt:innen zu wenig?
Die britische Menopausen-Expertin Louise Newson fordert mehr Vernetzung und Weiterbildung zum Thema Wechseljahre: "Leider machen nicht alle Frauen positive Erfahrungen."
Sie ist eine der wichtigsten Playerinnen im Menopausen-Business und sorgt für Information und Entstigmatisierung: Die britische Ärztin Louise Newson ist Gründerin der The Newson Health Menopause Society, führt eine eigene Klinik, überzeugt aber auch pointiert und humorbegabt auf Social Media. Gerade ist ihr Buch Gut vorbereitet in die Perimenopause und die Wechseljahre auf deutsch erschienen – wir haben berichtet.
Bekommen wir angemessene ärztliche Hilfe?
In einem Kapitel klärt Newson über den Besuch in der ärztlichen Sprechstunde auf – und kritisiert die derzeitige Situation: Leider machen nicht alle Frauen positive Erfahrungen. Eine Umfrage aus dem Jahr 2020 unter 1500 Frauen im Vereinigten Königreich ergab, dass viele Frauen Probleme damit haben, angemessene Hilfe bei perimenopausalen und menopausalen Symptomen zu bekommen. Ein Drittel der Befragten suchte deshalb Hilfe beim Hausarzt. 26 Prozent derjenigen, die wegen Wechseljahresbeschwerden Hilfe suchten, gaben an, sie hätten die Praxis dreimal oder öfter aufgesucht, bevor ihnen geeignete Medikamente oder Therapien verschrieben wurden, schreibt die Gyn-Queen: Es gibt natürlich viele Fachleute im Gesundheitswesen, die sich der bestmöglichen Betreuung widmen. Dennoch gibt es ebenso große Wissenslücken in Bezug auf die Wechseljahre, und das nicht nur in der Gesellschaft im Allgemeinen.
Hormontherapie und alternative Behandlungen: Gravierende Wissenslücken
Auch ihre persönlichen Erfahrungen lassen aufhorchen: Wechseljahresbeschwerden werden traditionell von Gynäkolog:innen behandelt. Weder während meiner Ausbildung an der medizinischen Fakultät noch während meiner Tätigkeit im Krankenhaus und in der allgemeinmedizinischen Praxis gab es Weiterbildungen zu den Wechseljahren. Das führt dazu, dass Frauen oft nicht die richtige Diagnose und die richtige Behandlung erhalten. In meiner Praxis treffe ich häufig Frauen, die zahlreiche Fachärzte konsultiert und sich (oft teuren) Untersuchungen unterzogen haben, zum Beispiel Computertomografie bei Migräne, Cardio-Scans bei Herzklopfen, Blasen-Scans bei Harninkontinenz und unnötige Blutuntersuchungen; berichtet sie.
Eine von Newsons Patientinnen suchte mehr als ein Dutzend Mal in zwei Jahren wegen wechseljahresbedingter Gedächtnisproblemen nach Hilfe. Als sie dann zu ihr kam, war sie überzeugt, dass sie an Demenz erkrankt sei. Die Menopause war nie erwähnt worden, und sie hatte auch nicht daran gedacht, von ihren Hitzewallungen zu erzählen, weil sie nicht wusste, dass diese beiden Symptome zusammenhängen. Keiner der Expert:innen fragte sie jemals nach ihrer Periode. Newson: Ein weiteres Problem ist, dass viele Ärzt:innen sich nicht auf die neuesten Erkenntnisse über die Behandlungsmöglichkeiten, einschließlich der Hormonersatztherapie, berufen. Es gibt nach wie vor eine Zurückhaltung bei der Verschreibung aufgrund falsch dargestellter Ergebnisse von Studien und minderwertiger Forschung über die Risiken der Hormontherapie.
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Ab zum Doc: Mutig und gut vorbereitet in die Praxis
Neben einer besseren Aufklärung des medizinischen Personals liegt es auch an den Patientinnen, gewisse Maßnahmen zu ergreifen, damit sie die Hilfe bekommen, die sie brauchen und verdienen. Dazu ein Tipp: Wenn in der Frauenarztpraxis mehrere Ärzt:innen arbeiten, schon bei der Terminvereinbarung fragen, ob es jemand mit besonderem Interesse an den Wechseljahren gibt. Und nun: Ab in die Sprechstunde!
Diese dauert im Durschnitt nicht sonderlich lang, man kann leicht nervös werden und das Gefühl haben, dass einem nicht richtig zugehört wird. Deshalb ist es wichtig, sich vorab zusammenzuschreiben, welche Symptome am meisten Unbehagen bereiten – diese Liste kann von Schlafstörungen und Hitzewallungen über Gelenksschmerzen und Brain Fog bis zu Libidoverlust , Scheidentrockenheit und mehr reichen. Bloß keine falsche Scham dabei und im nachfolgenden Gespräch – es geht um viel, und zwar um ein glückliches gesundes Leben! Louise Newson dazu: Vergewissern Sie sich, dass Sie alles richtig verstanden haben. Je genauer eine Patientin über Diagnose und Behandlung Bescheid weiß, desto besser. Fragen Sie, ob es Broschüren gibt, die Sie mitnehmen können, und machen Sie sich Notizen. Wenn der Termin gut gelaufen ist – prima! Wenn nicht, scheuen Sie sich nicht, die Schlussfolgerungen oder Behandlungsentscheidungen zu hinterfragen. Es ist wichtig, dass die Diskussion in beide Richtungen geht.
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