Reife Leistung: Der Erfolg der Ü50-Models

Eigentlich gehört sie mit ihren 48 Jahren schon zum alten Eisen in der Modelbranche. Aber Heidi Klum hat früh begriffen, dass jugendliche Makellosigkeit vergänglich ist und sich selbst in eine Marke, wenn nicht in ein Imperium, verwandelt, das stets mit der Zeit geht. Bestes Beispiel: In der aktuellen Staffel von „Germany's Next Topmodel“ widmet man sich der Diversität: Neben der 66-jährigen Lieselotte aus Deutschland gehört auch die Österreicherin Martina Gleissenebner zu den Best-Agerinnen – denn dem Alter der Kandidatinnen wurden diesmal keine Grenzen nach oben gesetzt. Die 50-jährige Klosterneuburgerin, die gerade bei der Berliner Fashion Week über den Catwalk stolzierte, ist der Star der Show. Sie konnte bereits in den 1990er-Jahren Erfahrungen sammeln, nun lockt wieder das Rampenlicht – und die Chancen auf Erfolg sind groß. Vielleicht nicht unbedingt in der Haut Couture, aber in der Welt der Casual Wear und der Werbung sind ältere Models schwer gefragt.

Comeback der Golden Girls

%CONTENT-AD%

Senior-Models, Best- oder Plus Ager – der Hype hat viele Namen. Dahinter steckt auch kommerzielle Taktik: Ältere Konsument:innen verfügen im Durchschnitt über eine höhere Kaufkraft und wollen ansehnlich repräsentiert werden. Manchmal dient es auch als Überraschungselement, ein ehemaliges Top-Model aus der Versenkung zu holen. Nostalgie ist in, erinnern uns die bekannten Gesichter doch an sorgenfreie Zeiten. Als Dolce & Gabbana die Star-Models Isabella Rossellini, Carla Bruni und Monica Bellucci für eine Show auf den Laufsteg bat, war dies also ein Statement gegen Ageism – aber auch ein Marketing-Gag: Alle drei haben eine große Fangemeinde, vor allem in Europa.

Jugendkult und neue, alte Gesichter

%MEDIUM-RECTANGLES%

Das hat auch die Beautybranche verstanden: Die mittlerweile 69-jährige Rossellini war jahrzehntelang das Aushängeschild von Lancôme und wurde mit 42 jäh in Frühpension geschickt. „20 Jahre später kam die Chefetage auf mich zu und meinte, sie würde das jetzt gutmachen wollen. Ich schlug vor, Helen Mirren zu fragen. Das taten sie, aber sie überredeten auch mich.“

Schönheit, so die Italienerin, habe für sie vor allem mit Natürlichkeit zu tun. Und sie erinnert sich: „Als ich jung war, fragte ich mich: 'Warum gibt es in den Zeitschriften keine Models mit 50 oder 60 Jahren?'. Ich fragte mich außerdem, wie es in diesem Alter sein würde. Jetzt bin ich alt, und es ist besser als ich dachte. Man spricht so viel von den Falten – und nicht von der Freiheit, die man gewinnt, nachdem man ein Leben damit verbracht hat, den Eltern, der Berufswelt, oder sich selbst zu beweisen, dass man jemand ist“, so das Model.

%EVENT%

Kritik äußert Rossellini am Jugendkult in der Fashion-Welt: „Es ist schwierig, Modeschöpfer zu finden, die für Frauen in meinem Alter Kleider entwerfen. Sie denken nur an Junge. Am Schluss liebt man nur die wenigen Marken, die sich allen Frauen widmen. Und man begreift, dass man sich an Ikonen wie Jackie Onassis, Maria Callas und meiner Mutter inspirieren muss“. Oder an Kolleginnen: Laufsteg-Ikone Christy Turlington ist mit 53 schöner denn je und beweist das für „Biotherm“, Schauspielerin Cate Blanchett, 52, repräsentiert mittlerweile alle Giorgio Armani Beauty-Kategorien vom Duft bis Pflege und ist weltweite Botschafterin der Marke.

Hauptsache schön: Austro-Models Ü50

Werden nun endlich mehr „normale“ Frauen abgebildet werden? „Man muss die Kirche im Dorf lassen. Als Model – egal ob Plus-Size, Best-Ager oder nicht – muss man einfach gut aussehen, also ein schönes Gesicht haben. Die Werbung möchte attraktive Gesichter haben und uns eine heile Welt vermitteln. Tatsache ist, dass sich ein Produkt nur mit schönen Menschen gut verkauft,“ meint Mario Soldo von der Modelagentur „Mother Agency“.

Bestes Beispiel: In seinem „Stall“ findet sich auch die 61-Jährige Evelyn Rillé, die bereits mit Falco posierte und seitdem nichts an Strahlkraft verloren hat. „Ältere Models finden immer mehr Anklang. Eine Antwort darauf, dass wir selbst immer älter werden. Auch in meiner Agentur bemerke ich steigendes Interesse.“

Nicht bei Model-Mama Mario, aber dafür das aktuelle Aushängeschild des Modekonzerns Gery Weber ist Milva Spina, 55. Besonders gefragt ist ihr Look in Schweden, Norwegen und Dänemark. „Auch dort werde ich vor allem wegen meines Alters und meiner grauen Haare gebucht“, erzählt sie.

50 Shades of Grey oder farbenfroh?

%QUESTION%

In Österreich sind auch Oliver Feistmantl, 57 und Doris Grausam, 66 gut im Geschäft. Der Künstler mit der beeindruckenden Wallemähne lacht vom Laufsteg ebenso oft wie von Plakatwänden, und auch seine Kollegin ist immer noch gefragt. Auffallend: Auf die seit Greta Silver und Caroline Ida trendigen grauen Haare verzichtet sie.

„Bei den meisten Best Ager-Models ist Alter schon von Weitem und am ersten Blick erkennbar. Es wird immer wieder der gleiche Frauentyp gebucht,“ so Grausam. Trotzdem ist die vollweibliche Welserin mit den katzenhaften Gesichtszügen – aktuell ist sie im Euro-Millionen-TV-Spot zu sehen – gut im Business. Vielleicht weil sie im wahrsten Sinne Farbe ins Spiel bringt. „Neid habe ich zum ersten Mal mit 50 Jahren gespürt. Wahrscheinlich deshalb, weil ich nach wie vor schlank war und nicht so schnell gealtert bin wie andere. Ich spürte trotzdem den Druck, mit jüngeren Models mitzuhalten. Heute gehe ich mit meinem Körper sehr entspannt um und fühle mich fantastisch in meiner Haut.“

Ihr habt auch Lust aufs Modeln? Gut so, denn wir bleiben sichtbar! Wechselweise und JONES Fashion suchen Frauen Ü50 für das sommerliche Modeshooting mit Starfotografin Inge Prader. Hier geht's zur Anmeldung