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Wechselsymptome

Pharmakogenetik: Gentest zeigt, ob ein Medikament zu dir passt

Das Medikament hilft nicht? Unangenehme Nebenwirkungen? Ob eine Arznei wirkt oder nicht, hängt von vielen Faktoren ab, auch von den Genen. Die Pharmakogenetik weiß warum.

Es ist keine einfache Sache, einem Menschen das richtige Medikament zu verabreichen. Meistens hilft es problemlos. Häufig zeigen sich allerdings Nebenwirkungen. Manchmal bleibt die Wirkung sogar komplett aus. Nimmt ein Mensch mehrere Präparate ein, kommt es immer wieder zu den vielzitierten Wechselwirkungen. Die richtige Arznei zur richtigen Zeit beim richtigen Patienten. Das ist das Ziel. Um effektiv zu diesem Ziel zu gelangen, blickt man heutzutage immer mehr auf die Pharmakogenetik. Spezielle Gentests helfen dabei, jenes Medikament auszuwählen, das optimal für einen Menschen passt. 

Nebenwirkungen können harmlos bis schädlich sein 

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Jedem von uns hat das Leben ein individuelles Design verpasst. Dieses ist auch hauptverantwortlich dafür, wie unser Körper auf Substanzen reagiert und, vor allem, wie er diese auch abbaut oder aktiviert. Dies ist eine Strategie des Organismus, die für unser Überleben sorgt. Denn der Körper versucht, ihm zugeführte oder auf ihn einwirkende körperfremde Substanzen loszuwerden. Dieser Mechanismus ist bereits 500 Millionen Jahre alt und hat schon bei den ersten Einzellern stattgefunden, erklärt der Pharmakologe Markus Paulmichl. Damals haben die Organismen vor allem gegen Umweltgifte angekämpft. 

Seit etwa hundert Jahren sind es neben den Umweltgiften auch Arzneimittel, die einerseits zu unserer Gesundung beitragen sollen, andererseits den Körper fordern. Und nicht immer reagieren wir gut darauf. Es kommt zu unangenehmen Nebenwirkungen – Beipacktexte liefern uns schon eine Vorschau über die vielfältigen Symptome, die auftreten können. Die meisten Medikamente produzieren nämlich mehrere Wirkungen, aber in der Regel ist nur eine Wirkung für die Behandlung einer Erkrankung erwünscht. Alle anderen Wirkungen werden als unerwünscht angesehen. Sie können von harmlos bis schädlich vieles umfassen. 

Was die Leber damit zu tun hat 

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Zuständig für den Abbau und Umbau von Arzneimitteln ist die Leber. Etwa 85 Prozent aller Medikamente werden in diesem Organ verarbeitet, betont Markus Paulmichl. Dabei spielen Leberenzyme eine große Rolle. Nur eine einzige Mutation eines solchen Enzyms kann das gesamte Gen in seiner Funktionalität auslöschen. Ein besonders herausforderndes Gen ist das sogenannte CYP2D6. Von ihm sind immerhin mehr als 150 Mutationen bekannt. Es ist von großer Bedeutung für die Verträglichkeit und Wirkung von Medikamenten. 

Missglückt der Abbau in der Leber, kann es zu Überdosierungen und damit bis hin zu schweren Nebenwirkungen kommen. Allerdings sorgen solche Leberenzyme auch für die Aktivierung von Arzneimitteln. Findet diese erst gar nicht statt, bleibt die erwünschte Wirkung zur Gänze aus. 

Warum Medikamente unterschiedlich wirken

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Dabei wird zwischen vier Arten von sogenannten Metabolisierern unterschieden, erklärt Wolfgang Schnitzel, Geschäftsführer des österreichischen Unternehmens PharmGenetix, das sich auf pharmakogenetische Analysen spezialisiert hat.

Hier als Beispiel die Verstoffwechselung bei der Einnahme von Psychopharmaka:

  • Der Normal Metabolizer (NM) verstoffwechselt ein Medikament normal, es kommt zur Wirkung und es sind kaum Nebenwirkungen zu erwarten.
  • Der Intermediate Metabolizer (IM) verstoffwechselt ein Medikament vermindert, wodurch er sich gerade noch im therapeutischen Bereich befindet. Nebenwirkungen können auftreten.
  • Der Poor Metabolizer (PM) verstoffwechselt ein Medikament nur sehr langsam. Dadurch kann es zu Überdosierungen und damit zu starken Nebenwirkungen kommen. 
  • Der Ultra Rapid Metabolizer (UM) verstoffwechselt extrem schnell. Das kann dazu führen, dass die Wirkung gänzlich ausbleibt. 

Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung weisen eine oder mehrere solcher Genmutationen auf, die Auswirkungen auf wichtige Enzyme und Proteine haben, die für den Medikamentenstoffwechsel zuständig sind. Bis zu 50 Prozent der Patienten sprechen nicht auf eine medikamentöse Therapie an oder zeigen Nebenwirkungen. 

Mit der Genanalyse das richtige Medikament finden 

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Als hilfreiches Werkzeug für den Arzt, um das richtige Medikament für seinen Patienten finden zu können, erweist sich eine Genanalyse. In einer Blut- oder Speichelprobe wird nach Mutationen Ausschau gehalten. Vor allem für Menschen mit chronischen Krankheiten, aber auch jenen, die mehrere Medikamente zeitgleich einnehmen müssen – wie dies zumeist im höheren Alter der Fall ist – ist eine solche Untersuchung besonders wichtig, betont Markus Paulmichl. 

Beim pharmakogenetischen Test werden vielerlei Substanzen berücksichtigt – vom herkömmlichen Arzneimittel bis hin zur Nahrungsergänzung. Es ist bekannt, dass Kräuter wie Johanniskraut, Passionsblume oder Kurkuma Medikamente in ihrer Wirkung beeinträchtigen können, erklärt Wolfgang Schnitzel. Deshalb ist es auch wichtig, solche Pflanzenextrakte in der Genanalyse zu berücksichtigen. 

Zulassungsbehörden fordern Gentests ein 

Die pharmakogenetische Analyse ist keine neue Disziplin. Die ersten Publikationen stammen aus den späten 1960er Jahren. Heute gewinnt sie an Bedeutung. Und immerhin: Bei rund einem Drittel aller in Österreich zugelassenen Wirkstoffe gibt es in der Verpackungsbeilage klare Hinweise der Hersteller beziehungsweise teilweise sogar Warnhinweise der nationalen Zulassungsbehörden und/oder der europäischen Zulassungsbehörde EMA, dass die betreffenden Medikamente nicht ohne Kenntnis des pharmakologischen Profils eines Patienten verschrieben werden sollten. Vielfach ist diese bei Substanzen der Fall, die von der Psychiatrie über die Neurologie bis hin zur Krebsmedizin und der Inneren Medizin angewendet werden. 

Noch immer steht in der Arztpraxis oder auch im Spital Trial and Error an der Tagesordnung. Oft dauert es Monate, bis für einen Patienten nach mehreren Versuchsanläufen das richtige, wirkende Medikament gefunden wird. Mit der Genanalyse weiß man sofort, welche Substanz auf keinen Fall funktionieren wird. In Folge können Medikamente abgesetzt, ersetzt oder anders dosiert werden, um dem Patienten einen Leidensweg zu ersparen. 

Situation in Österreich, Deutschland, der Schweiz – und den Niederlanden 

Die Genanalyse gilt, einmal gemacht, ein Leben lang. In den Niederlanden erhalten Patienten, die einen solchen Test machen haben lassen, bereits einen eigenen DNA-Pass im Scheckkartenformat, auf dem vor allem vermerkt ist, welche Substanzen auf keinen Fall wirken.  

  • In Österreich werden die Kosten von der Krankenkasse derzeit nicht erstattet. Nur in ganz seltenen Ausnahmefällen ist es bisher geglückt, eine Rückerstattung zu erwirken, erläutert Wolfgang Schnitzel. 
  • Auch in Deutschland sind pharmakogenetische Tests zugelassen. Eine Kostenübernahme durch die Krankenversicherung hängt allerdings von bestimmten Faktoren ab.  
  • In der Schweiz können solche Genanalysen über die Krankenversicherung vergütet werden, wenn sie von einem Facharzt für Klinische Pharmakologie und Toxikologie verordnet wurden. 


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