Menopause: Die Folgen lückenhafter Forschung in der Frauengesundheit
Warum 99 Prozent der präklinischen Altersstudien die Menopause ignorieren und was das für die Gesundheit von Frauen bedeutet, erörtert eine brasilianische Forscherin.
Der Zeitpunkt, der das Ende des weiblichen Menstruationszyklus markiert, ist ein bedeutender Übergang, der mit dem natürlichen Alterungsprozess einhergeht. Die hormonelle Veränderung hat bewiesenermaßen Auswirkungen auf die Gesundheit, wird aber von den Forschern in 99 Prozent der Studien über die Biologie des Alterns nicht angemessen berücksichtigt, wie in einem kürzlich in Nature Aging erschienenen Beitrag betont wird.
Diese Lücken in der Forschung führen zu Lücken in der Gesundheitsfürsorge für Frauen. Die brasilianische Forscherin Fabrisia Ambrosio, Hauptautorin des Artikels und Professorin für Physikalische Medizin und Rehabilitation, macht – gemeinsam mit ihren Kolleg:innen von der Harvard Medical School, der University of Pittsburgh und der University of Minnesota – auf die Bedeutung besserer Modelle für die Grundlagenforschung zur Menopause aufmerksam. Eines der Probleme bei der Untersuchung der Rolle der Menopause beim gesunden Altern sei etwa auch der Mangel an zuverlässigen Tiermodellen für die Menopause. In einem aktuellen Interview zur Studie erörtert Ambrosio die Herausforderungen und Möglichkeiten.
Wie oft wird die Menopause in Studien über altersbedingte Gesundheitsfragen berücksichtigt?
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Fabrisia Ambrosio: Wenn wir uns mit altersbedingten Krankheiten befassen, werden über 75 Prozent davon wahrscheinlich auf die eine oder andere Weise von den Wechseljahren bzw. der Menopause beeinflusst. Aber die überwiegende Mehrheit der präklinischen Forschung im Bereich der Altersforschung berücksichtigt die Menopause in ihrem Versuchsaufbau nicht. In unserer neuen Studie haben wir festgestellt, dass weniger als 1 Prozent der veröffentlichten Studien die Menopause berücksichtigen. Die Tatsache, dass wir die Menopause oder andere frauenspezifische Merkmale in präklinischen Modellen nicht berücksichtigen, ist eine große verpasste Chance.
Warum ist es wichtig, welche Tiermodelle in Studien verwendet werden?
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Fabrisia Ambrosio: Es besteht kein Zweifel, dass klinische Studien am Menschen für das Verständnis von Krankheiten entscheidend sind. Aber ein Großteil unseres wissenschaftlichen Verständnisses der Mechanismen, durch die sich Krankheiten entwickeln, beruht auf Tiermodellen, die uns die Grundlagen von Krankheiten auf eine Art und Weise verstehen lassen, wie wir es beim Menschen nicht können.
Warum haben wir kein Tiermodell für die Menopause?
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Fabrisia Ambrosio: Anders als beim Menschen gibt es etwa bei weiblichen Nagetieren nicht immer eine anhaltende Phase der Menopause. Bei ihnen bleibt der Hormonspiegel konstant oder steigt sogar bis ins hohe Alter an. Tatsächlich ist der Mensch in dieser Hinsicht einzigartig. Einige Affenarten kommen in die Wechseljahre, aber das passiert ziemlich am Ende ihrer Lebensspanne – obwohl eine neue Studie darauf hinweist, dass Schimpansen bereits in der Mitte ihres Lebens in den Wechsel kommen können. Abgesehen von dieser neuen Erkenntnis wurde festgestellt, dass nur Menschen und einige Walarten einen großen Teil ihres Lebens nach der Menopause verbringen.
Was ist nötig, um die Menopausen-Lücke zu schließen?
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Fabrisia Ambrosio: Die National Institutes of Health fordert Forscher:innen nachdrücklich dazu auf, das Geschlecht als biologische Variable in ihren Studien besser zu berücksichtigen. Dies beruht auf der Erkenntnis, dass bisher so viele Forschungsarbeiten nur an Männern durchgeführt wurden. Natürlich ist auch das Altern eine entscheidende biologische Variable. Deshalb denken wir jetzt über die Überschneidung von Geschlecht und Alterung nach und über die Notwendigkeit, sicherzustellen, dass unsere Alterungsmodelle den menschlichen Werdegang abbilden. Der erste Schritt besteht darin, die Grenzen der derzeitigen Modelle anzuerkennen und den Beitrag der Menopause zu Alterung und Krankheit zu berücksichtigen. Ich hoffe, dass mehr Studien die Menopause berücksichtigen werden, um Frauengesundheit im Alter besser zu verstehen.
Was braucht es, um der Menopause in der Forschung ihren Platz zu geben?
Fabrisia Ambrosio: Einen Mechanismus, um Altersforscher:innen aus aller Welt zusammenzubringen, damit sie ihre Ideen zum Verständnis des Alterns in der postmenopausalen Bevölkerung austauschen können. Und dann brauchen wir zusätzliche Mittel für die Gendermedizin und die Forschung, die frauenspezifische Merkmale berücksichtigt. Ich hoffe, dass wir in den kommenden Jahren mehr Ressourcen für diese Art von Arbeit bekommen.
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