Medical Gaslighting: Wenn die Sprechstunde zu Selbstzweifeln führt
Ein bisschen frische Luft und Bewegung? Nicht immer nehmen medizinische Expert:innen vorgebrachte Anliegen ernst. Dieses Phänomen hat einen Namen: Medical Gaslighting.
Gaslighting ist eine Form des emotionalen Missbrauchs, bei dem Tatsachen verleugnet oder nicht akzeptiert werden, was dazu führt, dass die andere Person an ihren eigenen Erfahrungen zweifelt. Der Begriff rührt übrigens von dem Film Gaslight her, in dem ein Mann seiner Frau weiß machen will, dass sie den Verstand verloren hat. Die Bezeichnung für das Phänomen galt zunächst auch eher dem zwischenmenschlichen Bereich.
Selbstvertrauensverlust und Isolation
%CONTENT-AD%
Aber Gaslighting kommt nicht nur in Partnerschaften oder am Arbeitsplatz vor: Medical Gaslighting trifft auf Ärzt:innen oder Heilpraktiker:innen zu, die Krankheitssymptome auf psychologische Faktoren zurückführen oder diese vollständig leugnen. Patient:innen, die Gaslighting erleben, fangen oft an, ihre eigene Realität in Frage zu stellen und fühlen sich verunsichert – vor allem, wenn ein Autoritätsverhältnis besteht.
Medical Gaslighting kann zu Selbstvertrauensverlust und Isolation führen, man reagiert zunehmend emotional – was es noch wahrscheinlicher macht, dass das eigene Urteilsvermögen hinterfragt wird. Vielleicht hat der gebildete Mensch mit all seinem Fachwissen wirklich recht? Vielleicht reichen ja frische Luft und gesunde Kost tatsächlich aus, um sich wieder wohlzufühlen? Medizinisches Gaslighting kann bewusst oder unbewusst erfolgen – angenehm ist es nie.
Frauensache: Das bildest du dir alles nur ein!
%MEDIUM-RECTANGLES%
Häufiger als Männer sind Frauen von dem Phänomen betroffen, außerdem Patientengruppen mit Krankheiten, für die es noch keine eindeutigen diagnostischen Tests gibt, wie etwa dem Fatigue-Syndrom, chronischen Schmerzen und Endometriose. In Notfällen wird es dann richtig haarig: Eine in der Fachpublikation Academic Emergency Medicine veröffentlichte Studie ergab, dass Frauen, die mit starken Bauchschmerzen in die Notaufnahme gingen, zu 33 Prozent länger warten mussten als Männer mit den gleichen Symptomen.
%EVENT%
Die amerikanische Gynäkologin Stephanie Trentacoste McNally hat sich dazu geäußert: Es ist kein Zufall, dass das Wort Hysterie vom griechischen Wort für Gebärmutter stammt. Es gibt immer noch diesen weit verbreiteten Glauben in der medizinischen Gemeinschaft, dass jedes Mal, wenn sich eine Frau über ihre Gesundheit beschwert, es entweder mit ihren Hormonen zusammenhängt oder alles nur in ihrem Kopf ist.
Die Hormone sind (nicht) immer Schuld
%QUESTION%
In den Wechseljahren tun das miteinhergehende Stigma und jede Menge Unwissen um die unterschiedlichen Symptome das Übrige. Wenn eine Frau wütend ist, ist sie hormonell. Wenn sie an Gewicht zunimmt, liegt das daran, dass sie die Perimenopause durchmacht. Ja, wenn der Östrogenspiegel während der Menopause sinkt, wird Ihr Körper anfangen, mehr Fett zu speichern – aber es gibt genug Dinge, die Frauen tun können, um dem entgegenzuwirken, wie gesunde Ernährung und Krafttraining.
Hormone beeinflussen uns, aber wir sind ihnen nicht ausgeliefert. Ihr Rat: Wenn sich eine Frau nicht ernst genommen fühlt, muss sie den/die Ärzt:in wechseln. Ein/e gute/r Mediziner:in nimmt sich Zeit, um zuzuhören und sie in die richtige Richtung zu lenken. Können hormonelle Veränderungen Angst verursachen oder unsere Stimmung, unseren Schlaf beeinflussen? Absolut. Aber die Verwendung von Hormonen als Standardantwort ist nicht akzeptabel. Sehr wahrscheinlich brauchen wir wirklich mehr als bloß frische Luft!
Schreib einen Kommentar ( 2 )