Heiße Zeiten: Warum wir jetzt mehr über die Menopause erfahren sollten
Ein Tabu wird zum Trendthema: Die Wechseljahre kommen immer mehr ins Gespräch. Rolemodels, AutorInnen und GesundheitsspezialistInnen fordern Transparenz und Austausch.
Ein Tabu fällt: Nach und nach melden sich prominente Frauen jenseits der 40 nicht nur zu ihrem Lieblingsdesigner oder ihrem neuen Lover zu Wort, sondern auch zu ihrem Eintritt ins Klimakterium, vulgo Wechseljahre.
- Schauspielerin Angelina Jolie, 45, die nach einem operativen Eingriff verfrüht in den Wechsel kam, freute sich bereits 2015 über die Veränderung: Ich liebe es, in der Menopause zu sein. Ich fühle mich gefestigter und glücklich, erwachsen zu sein.
- Ex-Sexbombe Pamela Anderson, 53, erging es nicht ganz so gut, wie sie offen zugab: Es war körperlich und emotional herausfordernd: Hormonchaos, Hitzewellen, Stimmungsschwankungen – ich fühlte mich sehr düster.
- Und die deutsche Kabarettistin Désirée Nick, 64, schrieb sogar ein Mutmach-Buch (Gibt es ein Leben nach fünfzig, Ulstein Verlag Link Désirée Nick) zum Thema. Ihr Credo: Wechseljahre sind die zweite Volljährigkeit – noch ist alles möglich, es sei denn, der Lack ist ab. Bei mir kam die Veränderung schleichend. Ich hatte meine Periode immer eher unregelmäßig. Und ich dachte: Endlich ist diese Plage überwunden.
Die Wechseljahre sind keine Prüfung
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Zumindest im asiatischen Raum gelten Frauen in den Wechseljahren als angesehener. Bei der Entstehung von Wechselbeschwerden ist auch die Kultur ein starker Faktor, so Univ.-Prof. Alexandra Kautzky-Willer, Professorin für Gendermedizin an der MedUni Wien. Sie meint, dass in Asien viele Frauen aufgrund von Lebensstil und Ernährung weniger an den Begleiterscheinungen der Menopause leiden: Und dort, wo weniger Frauen an Wechselbeschwerden leiden, wird die soziale Stellung der Frau mit dem Alter höher.
In der westlichen Welt hingegen wird das Klimakterium nicht als Privileg, sondern als Prüfung betrachtet. Der Wechsel leidet (noch) unter einem Imageproblem – was dazu führt, dass über ein Thema, das früher oder später fast jede Frau betrifft, nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wird.
Aber Tabus bedeuten nie etwas Gutes, wenn es um das weibliche Wohlbefinden geht. Und weil der Markt ein durchaus interessanter ist, gibt es immer mehr Anbieter, die mit verschiedensten Strategien das Thema enttabuisieren wollen. Humor und Offenheit gehören da dazu: I am still hot, it just comes in flashes (Ich bin immer noch heiß, es kommt jetzt halt in Schüben) witzelt etwa ein österreichischer Hersteller von Frauengesundheitsprodukten.
Frauen wissen zu wenig über die Menopause
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Um seine Klientel näher kennenzulernen, befragte der Frauengesundheitsspezialist Gynial 1.000 Österreicherinnen und fand heraus, dass viele ahnungslos in diese wichtige Phase gehen:
- Knapp mehr als die Hälfte werden von Sorgen geplagt, weil sie nicht wissen, was auf sie zukommt.
- Etwa jede 5. Österreicherin kann mit dem Begriff Menopause nichts anfangen.
- Und 12,5 Prozent sehen dem Wechsel eher besorgt entgegen. Der häufigste Grund: Angst vor Beschwerden.
Die Wechseljahre in den Medien
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Und was bedeutet die Menopause aus feministischer Perspektive? Der Unterschied bei der Bewertung des Alters ist ausschließlich sozial bedingt, stellt die ehemalige TAZ-Chefredakteurin Bascha Mika in ihrer Streitschrift Mutprobe (C. Bertelsmann Verlag) zum Unterschied der Geschlechter beim Altern fest. Die biologischen Veränderungen erleben Männer und Frauen ja ähnlich. Auch Männer durchleben eine Art Wechseljahre, aber darüber redet kein Mensch.
Die Angst junger Frauen vor dem Älterwerden und dem Wechsel liege nicht zuletzt am Fehlen positiver Vorbilder: Junge Frauen haben ja teilweise ein total überformtes Bild und orientieren sich an Fernsehen und Werbung, was als schön und akzeptabel gilt. Die Mutter wäre die Schnittstelle, um ein realistisches Bild zu vermitteln. Und wenn sie es schafft, mit den Wechseljahren entspannt und souverän umzugehen, wäre sie das beste Beispiel für ihre Tochter. Das Problem ist nur, dass die heutige Müttergeneration mit Töchtern zwischen 20 und 30 selbst genug Schwierigkeiten mit dem Älterwerden hat.
In der Mitte: Was kommt nach dem Wechsel?
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Unbestritten ist: Nach dem Wechsel ist vieles anders. Und vielleicht auch besser. Geradezu euphorisch klingt die Einschätzung des Vereins Viva La Vulva, einer heimischen Meinungsplattform für weibliche Selbstbestimmung: Die Wechseljahre bedeuten heute für viele Frauen einen lustvollen Perspektivenwechsel, bringen jede Menge Abenteuersinn mit sich und haben wenig mit dem überholten Frauenbild aus dem letzten Jahrhundert gemein, so die Gründerinnen auf Anfrage: Wir dürfen uns durchaus an einem enthemmten Frausein auch im Lebensabschnitt 50 plus freuen. Denn die eigenen Bedürfnisse zu fühlen, zu artikulieren und Wünsche möglichst zeitnah zu verwirklichen, das ist mittlerweile kein Tabu mehr.
Jetzt kommen wir: Die Wechseljahre als Chance
Die österreichische Wissenschaftsjournalistin und Wechseljahr-Beraterin Sigrid Sator (Frühe Wechseljahre: Was Frauen wissen wollen", Patmos Verlag) hat sich des Themas angenommen. Ihr Rat: Frauen sollten den Wandel als Chance begreifen und sich bewusst machen, dass Klimakterium ja Lebensstufe bedeutet und nicht Alt-Werden.
Denn alt werden wir alle – die Frage ist nur, wie man dabei so glücklich und gesund wie nur eben möglich bleibt. Die Menopause, egal ob früh oder on time, ist keine Schande, kein Tabu, sondern ein Teil unseres Lebens. Eine Phase, eine Metamorphose. Wie sagte es die deutsche Journalistin Christina Küfner so schön: Der Wechsel ist Abschiedstanz der Hormone, die ihre erste Tanzstunde zu Beginn der Pubertät hatten.
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