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Gürtelrose: Warum die Prävention Ü50 so wichtig ist

Herpes Zoster tritt häufiger auf, als viele denken, die Auswirkungen sind schmerzhaft und oft langwierig. Nun machen sich Prominente für mehr Awareness stark.

Hand aufs Herz: Kennt ihr alle Impfungen, die für die Altersgruppe Ü50 relevant sind? Auch wenn im österreichischen Impfplan vermerkt, bekommt der Schutz vor gegen Gürtelrose zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Ein Großteil, nämlich 85% der Österreicher:innen, kennen laut einer Umfrage der Ipsos Marktforschung vom Jänner 2022 zwar die Erkrankung, die in der Fachsprache „Herpes Zoster“ genannt wird. Und 67% wissen auch zumindest grundsätzlich Bescheid über Symptome, schwere Ausprägungen und mögliche Komplikationen. Im Hinblick auf ihr persönliches Risiko stoßt man jedoch auf einen großen blinden Fleck: Nur 2% der Befragten der über 50-Jährigen halten es für wahrscheinlich, in den nächsten 12 Monaten Gürtelrose zu bekommen. 65% meinen, es wäre „nicht sehr wahrscheinlich, eine Gürtelrose zu entwickeln“.  

Gürtelrose: Stärkste Schmerzerlebnisse in der Humanmedizin

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Die Realität sieht anders aus: Jede/r Dritte erkrankt im Lauf des Lebens daran. Rund 30.000 bis 40.000 Österreicher:innen sind jedes Jahr von der schmerzhaften Nervenentzündung betroffen, detto in der Schweiz, in Deutschland erkranken jährlich mehr als 300.000 Menschen – Tendenz steigend. Ein häufiger Grund, warum das Immunsystem das Virus ab der Lebensmitte mehr nicht in Schach halten kann, ist Stress. Und durch die Corona-Pandemie sind die Fälle noch einmal deutlich mehr geworden, berichten Mediz:innerinnen im DACH-Raum 

Mit steigendem Alter steigt auch die Wahrscheinlichkeit für Komplikationen stark an. An vorderster Stelle sind die Post-Zoster-Schmerzen zu nennen, die mindestens drei Monate – manchmal auch viele Monate bis Jahre – anhalten und die Lebensqualität massiv einschränken,“ so Prim. Univ.-Doz. Dr. Robert Müllegger, Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten und Leiter der Abteilung Dermatologie und Venerologie am Landesklinikum Wr. Neustadt: „Wer Erfahrung mit Zoster-Patient:innen hat, weiß, dass sie zu den Fällen mit den stärksten Schmerzerlebnissen in der Humanmedizin zählen. Und noch dazu sind sie sehr schwer zu behandeln.“ Er zeigt sich betroffen, dass die Schwere einer Gürtelrose derart unterschätzt wird. „Viele ehemalige Patient:innen können von einem wahren Leidensweg berichten, ich verzeichne viele Fälle mit dramatischen Verläufen und langanhaltenden Beschwerden.“ 

Martina Rupp: Wenn Herpes Zoster arbeitsunfähig macht

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Eine dieser Betroffenen ist die bekannte Moderatorin Martina Rupp, 62. „2018 hatte ich Stress, der an die Substanz gegangen ist. Ich kann mich noch an den Moment erinnern, als mir eine Nachricht, meine berufliche Zukunft betreffend, so richtig "eingefahren" ist – gefolgt von einem Gefühl der Schwäche und massiver Überforderung“, erinnert sie sich: „Heute weiß ich: mein Immunsystem hat das nicht gepackt. Prompt hat mich die Gürtelrose erwischt. Es war für mich das erste Mal, und ich konnte anfangs – also bevor die Bläschen unter der Brust und am Rücken aufgetreten sind – nicht einordnen, was mit mir los war. Ich war antriebslos, unkonzentriert und down.“ Dann kamen die Schmerzen, und zwar so massiv, dass sie an ihrer Lebensqualität nagten: „Meine Hausärztin stellte die Diagnose sofort und hat Virostatika verschrieben. Ich konnte wochenlang nicht arbeiten und war danach auch noch sehr schnell müde. Das ließ sich bei meiner Arbeit als Moderatorin nicht ganz verbergen und hat sich herumgesprochen.“  

Betrifft Grürtelrose: die Awareness-Kamapgne 

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Heute ist Rupp nicht nur Testimonial für eine nationale Awareness-Kampagne namens „Betrifft Gürtelrose“, sie hostet auch einen Audio-Podcast, gibt Interviews, ist auf Inseraten zu sehen – nun ist auch noch ein Video-Podcast dazugekommen. Da erzählen andere Betroffene, wie etwa sie Schauspielerin Olivia Silhavy, DJ Alex List oder Journalistin Isabella Klausnitzer von ihren eigenen Erfahrungen und der ihrer Angehörigen – eine wichtige Hilfe für mehr Öffentlichkeitsarbeit. 

„Ich will Aufmerksamkeit schaffen für diese gar nicht harmlose Krankheit. Alle, die einmal Feuchtblattern gehabt haben, können die Krankheit bekommen - das Virus 'wartet' in den Nervenknoten entlang der Wirbelsäule. Wenn das Immunsystem schwächer wird, kann es reaktiviert werden", so Rupp: „Viele denken leider, es handle sich einfach um eine juckende Hautkrankheit. Doch die Nervenschmerzen, die als ähnlich stark wie Schmerzen bei der Geburt beschrieben werden und die sich dauerhaft manifestieren können, sind enorm. Gürtelrose kann am ganzen Körper auftreten – leider auch im Gesicht. Es droht der Verlust des Augenlichts oder des Gehörs, und auch das Zentralnervensystem kann betroffen sein. Ich selbst hatte Glück: Zwar spüre ich bei Stress die betroffenen Stellen immer noch, doch es hat sich der Schmerz bei mir nicht manifestiert.“ 

Gürtelrose-Impfung: Noch keine Erstattung durch die Krankenkasse 

Eine Impfung gegen Gürtelrose (Totimpfstoff Shingrix) ist seit fast zwei Jahren in Österreich verfügbar. Dennoch gibt es in Österreich keine Erstattung durch die Krankenkassen – im Gegensatz zu Ländern wie Deutschland, der Schweiz, Italien und Spanien. Um sich Schmerzen und Langzeitfolgen zu ersparen, müssen Betroffene noch tief in die Tasche greifen: Die Kosten für eine Vollimmunisierung (zwei Dosen) betragen rund 500 Euro, das kann sich nicht jede/r leisten – und wir erinnern an dieser Stelle gerne daran, dass Altersarmut vornehmlich weiblich ist.  

Dem gegenüber stehen volksgesundheitliche sowie volkswirtschaftliche Auswirkungen. Die jüngst publizierte Studie „Ökonomische Effekte der Herpes-Zoster-Impfung in Österreich“ des Economica Instituts für Wirtschaftsforschung zeigt klar auf, dass der demographische Wandel einen Anstieg von Gürtelrose-Erkrankungen sowie steigende Gesundheitskosten mit sich bringen wird: Zwischen 2022 und 2040 erhöht sich die Zahl der Personen im Alter von über 50 Jahren voraussichtlich um 509.000. Das bedeutet, dass die Risikogruppe für Herpes Zoster um 13,5 % wächst. Außerdem steige das Schalganfallrisiko, so Molekularbiologin Priv.-Doz. Dr. Andrea Pitzschke, Senior Researcher bei Economica: „Das Virus schädigt hirnversorgende Gefäße und begünstigt Thrombosen.“ Schlaganfall ist die dritthäufigste Todesursache in Österreich und betrifft primär die Generation Ü50 „15 % der Überlebenden werden pflegebedürftig und verschärfen somit das Problem mangelnden Pflegepersonals,“ so die Studienautorin.  

Volkswirtschaftliche Auswirkungen und soziale Gerechtigkeit

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„Angesichts der Schwere der Erkrankung ist mit deutlich mehr Hospitalisierungen zu rechnen“, warnt Wirtschaftsforscher Univ.-Prof. Dr. Christian Helmenstein. „Das Gesundheitssystem stößt jetzt bereits an seine Grenzen. Durch die steigenden Fallzahlen an Gürtelrose-Erkrankungen und das gleichzeitige Schrumpfen auf der Finanzierungsseite ergibt sich eine Doppelbelastung des Budgets.“ Laut Krankenhausdaten von Statistik Austria wurden im Jahr 2019 über 2.400 Patient:innen stationär mit einer Hauptdiagnose aus dem ICD B02 (Herpes Zoster) behandelt. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer betrug ca. 8,3 Tage. Somit verursacht Gürtelrose fast 20.000 Spitalsbelagstage, dazu kommen die (nicht erfassten) Kosten der ambulanten Behandlung und der Krankenstände.  

„Das könnte durch gezielte Prävention verhindert werden“, meint Helmenstein, „also konkret durch eine Übernahme der Kosten für die GürtelroseImpfung. Aus Sicht der Bevölkerung ab 50 Jahren würde eine solche Kostenübernahme eine ähnliche finanzielle Entlastung bedeuten wie jene für die summierten Influenza-Impfungen. Mit dem gewichtigen Unterschied, dass die Gürtelrose-Impfung nicht jährlich aufgefrischt werden muss.“  

Fazit 

Muss die Impfung von den Betroffenen – Menschen ab 50 und Risikopatient:innen mit bestimmten Grunderkrankungen – selbst bezahlt werden, stellt dies eine signifikante Hürde vor allem für Einkommensschwächere dar. Das belegt auch eine im Februar 2023 publizierte Studie der International Federation on Ageing. Wir meinen:  Gerade bei so schmerzhaften Erkrankungen wie Gürtelrose, darf Gesundheit ü50 nicht in die „Zwei-Klassen-Medizin“ fallen. Und bleiben – wie auch die Volksanwaltschaft –  weiter an diesem wichtigen Thema dran. 


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