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Ernährung

Dr. Orfanos-Boeckel: "Ein gesunder Lifestyle reicht 50+ oft nicht aus"

Frauengesundheit neu gedacht: Die Expertin für orthomolekulare Medizin über die falsche Angst vor Hormonen, optimale Prävention und neue Hoffnungen für Frauen im Wechsel.

Ihr Plädoyer für die Etablierung von Nährstoff- und Hormonwissenschaften machte sie zur Pionierin einer neuen Medizin. Zwei aktuelle Bücher und eine Auszeichnung später steht sich die erfahrene Ganzheitsmedizinerin und Stoffwechselexpertin Helena Orfanos-Boeckel nun auch uns Rede und Antwort. Ihr Standpunkt zur Frauengesundheit? Körperliche Schwachstellen mittels Laboruntersuchungen aufzudecken und gezielt mit Nährstoffen und körpereigenen Hormonen zu behandeln, bringt nachweisbare Erfolge in Prävention und Behandlung – gerade in den Wechseljahren. Wir sprachen mit der Ausnahme-Ärztin über neue Erkenntnisse, zu späte Vorsorge und eine Frauengesundheit, die diesen Namen auch verdient.  

Viele Frauen in der Lebensmitte leben sehr gesund und fühlen sich trotzdem nicht wohl. Wieso?  

Helena Orfanos-Boeckel: Auch ich bin mit der medizinischen Meinung groß geworden, dass es reicht, Sport zu machen, sich bewusst zu ernähren und ein solides soziales Umfeld zu haben, wenn man gesund älter werden will. Ich war selbst überrascht, dass vermeintlich organisch gesunde Frauen, die zu mir in die Praxis kommen und die sich an eben diese Lebensweise halten, es trotzdem nicht schaffen, unangenehme Befindlichkeitsstörungen wegzubekommen und altersbedingte Krankheiten, wie Osteoporose und Arteriosklerose zu verhindern.  

Da ich als Nephrologin (Fachärztin mit Schwerpunkt Nierengesundheit, Anm.) in meiner ganzheitlichen Vorgehensweise immer die Labordiagnostik aus dem Blut beibehalten und intensiv weiterentwickelt habe, stellte ich bald mit Erstaunen fest: In den Laborwerten konnte man bereits sehen, dass bei diesen angeblich gesunden Frauen der Stoffwechsel schon total durcheinandergeraten war. Ich fand den Anfang von vielen altersbedingten Stoffwechselerkrankungen, häufig einen gestörten Fett- und Zuckerstoffwechsel, Autoimmunprozesse, Entzündungen und auch hormonelle Störungen der Schilddrüsen-, Nebennieren- und vor allem der ovariellen Hormone.  

Oft war ein etwas erhöhtes LDL-Cholesterin dabei, ein bisschen Insulinresistenz, Schilddrüsenantikörper, manchmal vielleicht auch schon etwas Herz- und Niereninsuffizienz. Und auch viele wichtige Nährstoffe konnte man mit nur sehr niedrigen Spiegeln nachweisen. Das hätte alles nicht sein sollen, die Frauen hätten ihrem Lifestyle entsprechend gut und stoffwechselgesund aufgestellt sein müssen.  

Der gesunde Lebensstil reicht nicht aus, um gesund zu bleiben? 

Helena Orfanos-Boeckel: Der Schluss liegt nahe, dass wir Frauen in dieser Phase intensiver hormoneller Umstellung eben nicht alles mit dem sogenannten „gesunden Lebensstil“ in den Griff bekommen. Es ist für mich mittlerweile sogar fast schockierend zu sehen, wie relevant die hormonelle Umstellung für uns Frauen ist und wie sehr die Stoffwechselfunktion davon beeinflusst wird 

Nicht alles, was da im Körper passiert, lässt sich mit Bewegung und einer noch so gesunden Ernährung ausgleichen. Diese Frauen hätten nicht noch gesünder essen, nicht noch mehr Sport machen oder die nächste Psychotherapie beginnen können, das war alles ausgereizt.  

Die veränderten Stoffwechselwerte sind also auf die Wechseljahre zurückzuführen? 

Helena Orfanos-Boeckel: Ja. Meiner Meinung nach müssen die hormonellen Umstellungsprozesse deshalb auch in Fachgebieten außerhalb der Gynäkologie viel mehr Beachtung finden – von der die Augenheilkunde über die Urologie, Orthopädie, Dermatologie, Neurologie, Psychiatrie, Zahn- und Schlafmedizin bis zur Inneren Medizin.  

Alles, was eine Frau ab 40 medizinisch erlebt, muss unter dem Gesichtspunkt der hormonellen Umstellung durchdacht und dahingehend behandelt werden. Wir müssen uns in der Medizin viel präventiver um Frauen kümmern, denn wenn wir das nicht machen, werden sie nur krank älter, und das ist es nicht, was wir wollen. Das gilt im Übrigen auch für die Männer.  

Der Mensch möchte nicht krank länger leben, er möchte möglichst lange gesund sein oder sich gesund fühlen und dann schnell sterben. Das Problem ist, dass wir diese altersbedingten Stoffwechselveränderungen, wie Arteriosklerose oder Osteoporose nicht spüren. Erst wenn etwas richtig kaputt geht, beim Herzinfarkt, Schlaganfall oder Knochenbruch, merken wir das und dann ist es für primäre Prävention im Sinne von Gesunderhaltung und Vermeidung von Krankheitsfolgen zu spät.  

Setzt unser Gesundheitssystem zu wenig auf Prävention? 

Helena Orfanos-Boeckel: Wir haben kein Gesundheitssystem, sondern ein auf Reparatur ausgelegtes Krankensystem. Wir warten, bis wir kaputt sind, und dann wird so behandelt, wie es wirtschaftlich geregelt ist. Wirklich primäre Prävention, also therapeutische Maßnahmen, die Krankheit verhindern, werden nicht bezahlt, nur einzelne Früherkennungsdiagnostiken.  

Es ist eine neue Erkenntnis, dass tatsächlich die Wechseljahre und die hormonellen Umstellungen für die Frau eine relevante medizinische Bedeutung haben. Das ist selbst mir in dieser drastischen Art und Weise auch noch nicht so lange bewusst. Frauen sind in der Medizin grundsätzlich nicht so gut erforscht, wie die Männer.  

Stichwort Osteoporose. Die Vorsorgeuntersuchung wird erst ab 60, 65 empfohlen. Zu spät? 

Helena Orfanos-Boeckel: Auf jeden Fall. Egal wie alt die Frau ist: Um die letzte Blutung herum sollte man sich ansehen mit welchen Knochenzustand die Frau in die Postmenopause geht. Und es gibt auch Frauen, die mit 42 aufhören zu bluten. Man muss den Frauen die Chance geben, ihre Möglichkeiten zu evaluieren! Niemand will Osteoporose bekommen, die meisten erkennen in diesem Rahmen dann auch den Nutzen der Hormonersatz-Therapie 

Spätestens mit Ende 40, Anfang 50 sollte man mit einer Knochendichtemessung feststellen, wie gut die Knochensubstanz für die zweite Lebenshälfte erhalten ist. So kann man früh jene Frauen aufspüren, die genetisch bedingt sehr empfindlich sind, was die Entwicklung der Osteoporose betrifft. Dann lässt sich das ganze Drama von Knochenfrakturen, Schmerzen und Pflegebedürftigkeit verhindern. Hilfreich sind die Hormonersatztherapie, aber auch Nährstoffe, zum Beispiel Vitamin D, und Kraftsport. Wenn die Frau weiß, was sie tun muss, um gesund zu bleiben, dann macht sie das meiner Erfahrung nach auch.  

Übriges: Es klingt skurril, aber vor nicht allzu langer Zeit durfte man in Deutschland erst dann eine Knochendichtemessung auf Kasse machen, wenn die Frau bereits eine Fraktur hatte. 

Warum werden Hormone nicht schon längst zur Prävention eingesetzt? 

Helena Orfanos-Boeckel: Obwohl es viele Studien gibt, die darauf hinweisen, wie wichtig und nützlich die Gabe von körpereigenen Hormonen in der Prä-, Peri- und Postmenopause ist, hat sich nur eine Studie in den Köpfen festgesetzt, nämlich die WHI-Studie aus 2001 mit den angeblich schweren Risiken der Hormonersatz-Therapie. Damals verstand man noch nicht den Unterschied zwischen den synthetischen körperfremden Hormonen, die wirklich Nebenwirkungen haben, und den körpereigenen oder bioidentischen Hormonen. Das wurde alles fälschlicherweise in einen Topf geschmissen mit der Folge, dass das seitdem mit dem Wort Hormone etwas Schädliches verbunden wird. Da ist damals was richtig falsch gelaufen 

Hormone sind nichts Künstliches, sie bestimmen unser Leben und unsere Gesundheit. Der Körper produziert sie selbst, und ohne Hormone gäbe es uns nicht. Und außerdem: Wir haben ja auch viele andere wirklich künstliche Hilfsmittel, auf die wir zurückgreifen. Wer eine Zahnlücke hat, wird sich ein Implantat setzen lassen. Wer schlecht sieht, erwägt vielleicht sogar eine Operation an der Hornhaut. Davor scheut sich niemand. Warum können wir denn nicht auch das, was dem Körper biochemisch individuell fehlt, genau passend und wirksam ersetzen? 

Wie ließe sich die Akzeptanz der Hormontherapie verbessern? 

Zu diesem Zweck habe ich meine beiden Bücher geschrieben, ich will mit Wissen zu Nährstoffen, Hormonen und Laborwerten darüber aufzuklären, was man für sich und ihre Gesundheit tun kann. Und deshalb gibt es auch wechselweise.net. Es braucht noch viel mehr Aufklärung und fundiertes Wissen. Es gilt, den Frauen Informationen zu geben, damit sie ihre Möglichkeiten erkennen und sich dann auch anders und besser um sich und ihre Gesundheit kümmern können. Ja, das System spielt noch nicht mit, aber wir arbeiten ja alle und teilweise sogar schon gemeinsam daran, dass sich das ändert und Prävention einen größeren Stellenwert bekommt. Das Thema Wechseljahre ist mittlerweile zu präsent, um es zu ignorieren. Es muss in allen medizinischen Fachrichtungen bedacht und integriert werden. Es ist ja nicht so schwer herauszufinden, wann eine Frau in die Perimenopause kommt oder, ob sie schon mittendrin ist.  

Was muss sich ändern, damit die Wechseljahre besser beleuchtet werden? 

Es braucht entsprechende Fortbildungen. Die gesamte Ärzteschaft, aber auch die Arbeitgeber:innen müssen sensibilisiert werden. Die Krankenkassen sollten Patientinnen etwa im 40. Lebensjahr über die Wechseljahre informieren, zum Beispiel durch ein Anschreiben. Sie müssen wissen, dass alle Beschwerden, die Ihnen ab jetzt widerfahren, auch im Rahmen der Wechseljahre zu betrachten sind. Sie haben keine neue Krankheit. Es sind die Hormone, die spinnen. Das ist spezifisch und ursächlich behandelbar. Und es braucht natürlich in den Frauenarzt- und Hausarztpraxen eine kostenlose, am besten jährliche Beratung dazu.  

Bis alles so weit ist, müssen wir laut werden. Informieren. Vernetzen. Zusammenarbeiten. Mit Begeisterung. Auch die Männer müssen mit einbezogen werden. Es geht auch um ihre Mütter, Schwestern, Ehefrauen, Töchter, Freundinnen, Mitarbeiterinnen und Angestellten.  


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