Buchtipp: Step by step zur fitten Blase - auch im Wechsel
"Wie läufts?" - schon allein der Buchtitel verrät, dass man Blasenschwäche und Belastungsinkontinenz auch ohne falsche Scham behandeln kann. Wir haben reingelesen.
Endlich ein Buch, das ungeniert beschreibt, was Sache ist: von der klassischen Entzündung bis hin zur Belastungsinkontinenz und Blasenschwäche in den Wechseljahren. Neben medizinischen Hintergründen bietet Nathalie Rosenegger zahlreiche Hausmittel, einfache Übungen und Tipps für den Alltag, die problemlos umgesetzt werden können. Wir erfahren nicht nur, wie man beim Niesen einen Ups-Moment (Spoiler: u.a. durch das Neigen des Kopfes) vermeidet, sondern auch wie man dank einer Badeente richtig atmet und mit Fußreflexzonenmassagen den Beckenboden entspannt.
Facettenreich ist auch der Background der Autorin: Die Praktikerin für Traditionelle Europäische Medizin (TEM) ist seit vielen Jahren in der Therapie und Rehabilitation eines Wiener Krankenhauses tätig. Außerdem ist sie Expertin auf den Gebieten Menopause, Inkontinenz- und Osteoporose-Prophylaxe sowie Kinesiologie. Ich bin seit fast 20 Jahren im Thema und weiß, wie schwierig es ist, eine Therapie durchzuhalten und was uns daran hindert, langfristig weiterzumachen. Entscheidend ist immer, dass sich die Übungen problemlos in den individuellen Alltag einbauen lassen und man gleichzeitig Werkzeuge zur Hand hat, um den inneren Schweinhund zu bändigen, sagt sie.
Rosenegger will außerdem mit einem Tabu brechen: Ein Viertel aller Frauen zwischen 40 und 50 Jahren leidet an einer Blasenschwäche, die Dunkelziffer ist vermutlich deutlich höher. Doch darüber wird nur selten gesprochen. Ein schmerzendes Knie oder ein steifer Nacken sind schnell mal Thema. Bei einer Blasenschwäche ist leider genau das Gegenteil der Fall. Dabei sind Blasen- und Beckenbodenprobleme ebenso eine Funktionsstörung unseres Körpersystems wie Rückenschmerzen, Bluthochdruck oder Diabetes 2. Wir müssen das Thema mit viel mehr Offenheit angehen, denn das schafft ein gutes Informationsklima.
Leaking in der Lebensmitte: Ihr seid nicht schuld!
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Den Wechseljahren ist im Buch ein eigenes Kapitel gewidmet, nicht ohne Grund: Mindestens jede zweite Frau in und nach den Wechseljahren ist von unfreiwilligem Urinabgang betroffen. Genau weiß man es nicht, denn die wenigsten Betroffenen reden darüber. Viele Frauen mit unfreiwilligem Urinabgang sehen die Schuld bei sich, weil sie denken, ihr Bindegewebe und ihre Beckenbodenmuskulatur vernachlässigt zu haben. So einfach ist es aber nicht, weiß Rosseneger: In jüngeren Jahren sorgen die Sexualhormone aus der Östrogen-Gruppe für die Einlagerung elastischer und stützender Fasern in das Bindegewebe von Haut, Sehnen, Gelenken, Bandscheiben und Blutgefäßen. Auch das Bindegewebe des Beckenbodens und der äußeren Genitalien ist von diesen wichtigen Fasern durchzogen. In der Perimenopause sinkt der Östrogenspiegel dann deutlich ab. Damit werden auch weniger Stütz- und Elastinfasern eingelagert, das Bindegewebe wird zusehends schlaffer und faltiger. Bis zu unserem 80. Geburtstag verlieren wir ohne Training mehr als die Hälfte unserer Schließmuskelmasse.
Wenn die Blase weint
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Aber auch die Seele spielt mit. Wenn wir bei Belastung, wie z.B. beim Heben oder Husten, etwas Harn verlieren, bezeichnete die Medizin dies früher als Stressinkontinenz. Im englischen Sprachraum gilt diese Bezeichnung immer noch, denn to stress bedeutet belasten. Heute hält man sich im Deutschen eher an die körperbetonte Bezeichnung Belastungsinkontinenz, so die Autorin: Nichtsdestotrotz hat die Blasen- und Beckenbodenfunktion viel mit psychischer Anspannung, z. B. durch Stress, Angst oder Trauer zu tun. "Die Blase weint" – in dieser volkstümlichen Erklärung für unfreiwilligen Harnverlust steckt oft ein wahrer Kern. Eine plötzlich auftretende oder sich verstärkende Beckenbodenschwäche kann auch Ausdruck einer seelischen Belastung sein. Vielleicht ist alles zu viel und man kann dem Druck nicht standhalten. Oder man versucht, etwas loszulassen.
Trockene Tatsachen: Workout für eine fitte Blase
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Neben praktischen Selbsttests, Tipps zur Prävention, Lifehacks bei Blasenschwäche und allerlei Naturheilmittel wie Johanniskraut und Sauerkrautsaft bietet das Buch auch jede Menge Übungen für Blase und Beckenboden. Intimfitness liegt zurecht im Trend – unser Liebling aus Wie läuft's?: Die Übung mit der Atmung (und der Ente). Denn: Der Beckenboden reagiert flexibel. Beim Einatmen wölben sich Zwerchfell und Beckenboden gleichzeitig nach unten, damit möglichst viel Luft eingeatmet werden kann. Beim Ausatmen wird die Luft von ganz unten – nämlich vom Beckenboden beginnend – nach oben hinausgedrückt. Sprich: Beim Einatmen lässt der Beckenboden locker, um flexibel zu bleiben. Beim Ausatmen spannt er sich an. Diese natürliche Bewegung des Beckenbodens können wir im Alltag, z.B. beim Heben und beim Trainieren nützen. Wenn es anstrengend wird: AUSatmen. Beim EINatmen lockerlassen, so Rosseneger. Und das gilt auch fürs Workout: Völlig falsch wäre es, zu versuchen, den Beckenboden durch mehrere Übungen hindurch angespannt zu lassen, er sollte situationselastisch bleiben.
Aus dem Blasen-Buch: Atmen mit Quietschente
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- Lege dich auf den Rücken, Beine aufgestellt oder liegend. Die Hände legst du über dem Bauchnabel ab. Oder du stellst eine Quietschente darauf.
- Nun atmest du langsam EIN. Dabei hebt sich der Bauchnabel zur Decke, der Bauch bläst sich auf wie ein Luftballon.
- Langsam AUSatmen. Der Bauch wird wieder flacher. Begleite das AUSatmen mit einem SSSSSSS-Laut, dies trainiert zusätzlich die umgebenden Bauchmuskeln.
- Deine Hände (oder die Quietschente) zeigen dir, wie groß die Bewegung ist. Verlängere den Atem: Beim EINatmen bis 2 zählen, beim AUSatmen bis 2 zählen. Geht das gut, atme bis 3 ein, bis 3 aus. Das kann bis 8, 9, 10 fortgesetzt werden.
Unser Fazit:
Leicht zu lesen, leicht zu verstehen und ebenso umzusetzen. Wir schließen uns der Autorin an: Sehen wir Blasen- und Beckenbodenschwäche doch einfach als weitverbreitete Funktionsstörung einer unsere vielen Körpersysteme an, die verbessert oder sogar rückgängig gemacht werden kann. Und sehen wir es mit ein bisschen mehr Humor. Humor verbindet!
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