Buchtipp: Eva – Die Evolutionsgeschichte des weiblichen Körpers
Von der ersten Blutung bis zu den Wechseljahren: Eva zeigt auf, wie schockierend wenig wir immer noch über Frauenkörper wissen.
Viel zu lange hat sich die Forschung nur auf den männlichen Körper konzentriert, ihn als Norm betrachtet und wichtige Fragen über die weibliche Biologie vernachlässigt: Warum menstruieren Frauen? Warum erkranken sie eher an Alzheimer als Männer? Ist Sexismus nützlich für die Evolution? Die Forscherin und Autorin Cat Bohannon geht diesen und anderen längst überfälligen Fragen in ihrem New-York-Times-Bestseller Eva. Das Wunder des weiblichen Körpers – und wie er seit 200 Millionen Jahren die Entwicklung des Lebens auf der Erde vorantreibt (Verlag C.Bertelsmann) nach. Ihre breit recherchierte Evolutionsgeschichte des weiblichen Körpers ist soeben auf deutsch erschienen und rückt unser Wissen darüber, warum der Homo sapiens eine so dominante Spezies geworden ist, in ein anderes Licht.
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Über zehn Jahre hat Bohannon dafür recherchiert und geschrieben. Auch ihre eigene Biografie ist faszinierend: In ihrer Jugend verdiente die Amerikanerin ihr Geld als Aktmodell, hat ihre Eizellen gespendet und ist aus Geldnot fast in die Prostitution abgerutscht. Sie hat einen Master in kreativer Sachliteratur und promovierte über die Entwicklung von Erzählung und Kognition – vielleicht liest sich das Sachbuch deshalb so schambefreiet und süffig.
Vom Scheitel bis zur Scheide: So funktionieren Frauen wirklich
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Cat Bohannon will uns mit ihrem Buch die Augen öffnen. Wer etwa zur Langlebigkeit forscht, tut gut daran, jene Hälfte der Menschheit nicht zu ignorieren, die 80 Prozent der Hundertjährigen stellt. In den vergangenen 15 Jahren haben Forscher verschiedener Fachbereiche neue spannende Entdeckungen dazu gemacht, wie sich der weibliche Körper in den letzten 200 Millionen Jahren entwickelt hat, wie er funktioniert und was es wirklich bedeutet, biologisch eine Frau zu sein.
Auf der Basis dieser Erkenntnisse unternimmt Cat Bohannon eine Neubeschreibung der Geschichte des Frauseins: Während ein Großteil der Wissenschaft den weiblichen Körper weiter hin erfolgreich ignoriert, braut sich in der Frauenforschung eine stille Revolution zusammen. In den vergangenen fünfzehn Jahren haben Forschende aller möglichen Fachbereiche spannende Entdeckungen dazu gemacht, so die Autorin: Viele Wissenschaftler haben allerdings von dieser Revolution noch nichts mitbekommen. Wir arbeiten nun an einer neuen Geschichte. Einer besseren, wahreren Geschichte. 'Eva' zeichnet die Entwicklung des weiblichen Körpers vom Scheitel bis zur Scheide nach und zeigt auf, wie sie unser heutiges Leben prägt. Warum leben Frauen länger? Warum erkranken wir eher an Alzheimer? Gibt es wirklich so etwas wie das weibliche Gehirn? Und, jetzt mal ernsthaft: Warum müssen wir nachts unsere Laken nass schwitzen, wenn wir in die Wechseljahre kommen?
Die Wechseljahre als größtes Mysterium der modernen Biologie
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Der Wechsel kommt in Eva tatsächlich nicht zu kurz: Ihm ist ein ausführliches Kapitel gewidmet. Es fasst den faszinierenden Vorgang in einfachen Worten, aber mit viel Fachwissen zusammen: Es gibt keinen Teil des menschlichen Körpers, den die Sexualhormone nicht beeinflussen. Aus diesem Grund können Frauen in den Wechseljahren all diese scheinbar unzusammenhängenden Symptome erleben. Beispiel Hitzewallungen: Mehr als sechzig Prozent der Frauen in den Wechseljahren bekommen sie. Sie entstehen, wenn schwankende Hormonspiegel dem Hypothalamus vorgaukeln, dass die Temperatur im Raum gestiegen ist. Der Hypothalamus sendet dann ein Signal, die Blutgefäße in der Nähe der Hautoberfläche zu erweitern, sodass das Blut, von dem das Gehirn glaubt, es sei zu warm, durch die Gefäße gepumpt wird und sich abkühlt.
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Oder: Die meisten Tiere pflanzen sich fort, bis sie sterben. Aus diesem Grund sind die menschlichen Wechseljahre eines der größten Mysterien der modernen Biologie, gleichauf mit der Frage, warum wir sterben. Wir kennen den allgemeinen Lauf der Dinge. Wir haben eine ganze Menge über die Mechanismen des Alterns gelernt – wie sich Gewebe abnutzt, wie Zellen Selbstmord begehen –, aber nicht, warum. Aus welchem Grund auch immer, die Eierstöcke einer Frau geben viel schneller den Geist auf als der Rest von ihr. Wir bekommen keine Kinder mehr, aber wir leben weiter. Es ist, als ob ein Teil unseres Körpers viel schneller altern würde als der Rest. Wenn wir herausfinden, warum das so ist, können wir viel darüber erfahren, wie und warum der Mensch stirbt.
Auch den Umstand, dass Männer statistisch gesehen fünf Jahre früher sterben, greift die Autorin auf – auf sehr zarte, fast wehmütige Weise: Das ist die wahre Geschichte der Menopause. Es sind nicht die nächtlichen Schweißausbrüche. Es ist nicht die trockene Vagina. Es geht eigentlich gar nicht um die Wechseljahre. Es geht darum, dass wir die Männer überleben, die wir lieben. Wir überleben unsere Brüder, Ehemänner, Liebhaber und Freunde. Wir müssen weiterleben, und müssen zusehen, wie sie gehen.
Unser Fazit: Eva ist die neue Bibel der Frauen. Hoffen wir, dass auch Männer sie studieren!
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