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Sex, Lügen und Videotapes: Wem gehört Pamela Anderson?

Die Doku "Pamela, a love story" bewegt. Der Emanzipationsversuch der 55-Jährigen wird als Neuerfindung gefeiert. Aber die Geister, die sie rief, haben sie noch im Griff.

„Pamela Anderson erfindet sich mit 50 noch mal neu“, so lautete die Headline eines Berichtes über die aktuelle Netflix-Dokumentation „Pamela, a love story“. Das hat mich neugierig gemacht. Denn was das ehemalige Super-Playmate heute so treibt, hatte ich nicht mehr am Schirm. Meine letzten Erinnerungen: Pamela Anderson in der Lugner-Loge am Opernball, samt einem trunkenen Kid Rock und Dan Mathews von PETA. Für Tierrechte hat sie sich immer stark gemacht, und in der Doku erfährt man auch warum. Anderson hatte es satt, in ihrer stagnierenden Karriere ständig auf ihr Äußeres reduziert zu werden. Also, dachte sie, wenn schon voller Körpereinsatz – dann für den Veganismus.

Auf der ewigen Suche nach Liebe und Respekt

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Dieser Satz blieb mir im Gedächtnis, da er in Frage stellt, wie Anderson sich die restlichen Minuten der Doku zeigt. Als naives Starlet, als Opfer der Umstände, als Hippie-Kind und Freigeist ohne jedes Talent fürs Marketing. Sie zeigt uns ihre persönliche Interpretation ihres Lebens und emanzipieret sich von dem Bild, das die Öffentlichkeit von ihr geschaffen hat. Sie ist selbstironisch und witzig, berührbar und bereit ihre Verletzlichkeit zu zeigen. Noch immer dezent vom Beauty-Doc geformt, aber völlig ungeschminkt. Erzählt von ihren frühen Traumata, unter anderem von Missbrauch und Vergewaltigung und von ihrem untreuen, cholerischen, aber charismatischen Vater, der später ihr Männerbild prägte. Über sechs Ehen lang. An einer hängt sie, obwohl es zum Ende hin zu gewalttätigen Attacken kam, immer noch. Ihr älterer Sohn Brandon, dem sie, wie seinem Bruder, eine hingebungsvolle Mutter ist, sieht genauso aus wie ihre große Liebe: der Rockmusiker Tommy Lee.

Selbstermächtigung oder Falle: Mit Mitte 50 am Broadway

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Das hat mir imponiert. Das hat einiges erklärt. Vielleicht waren die operierten Brüste, das dicke Make-up, die platinblonden Haare nicht nur Mittel zum Zweck, vielleicht waren sie ja auch ein Schutzschild. Hinter dem Image der ultimativen Sexbombe kann man so einiges verstecken. Dieses Image, das im Sand von „Baywatch“ und einem roten Badeanzug gebaut wurde, hat sie zum Megastar gemacht. Aber das Spiel, das sie mit den Medien spielte, kann man nur verlieren. Wer sich über nackte Haut verkauft, wird auf diese reduziert, vor allem wenn dahinter keine Botschaft steckt.

Immer wieder spricht Anderson über ihren Wunsch, ernst genommen zu werden, eine seriöse Schauspielerin zu werden. Und dann kommt dieses Job-Angebot. Sie soll die „Roxy“ im Musical „Chicago“ am Broadway spielen. Bei den Proben sagt ein Dramaturg zu ihr: „Immer wieder geht es um das Ich. Ich" das ist Roxies Lieblingswort.“ Daraufhin erwidert Anderson: „Glaube ich nicht. Es geht ihr nicht ums Ich. Sondern darum, respektiert zu werden, gesehen zu werden, Freiheit zu haben.“

Das Monster, das Pamela Anderson füttert

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Leider wird ihr dieser Wunsch nicht erfüllt. Auch wenn Anderson auf der Bühne ihr Bestes gibt, hatte ich das Gefühl, dass man sie erneut als Promotion-Tool missbraucht. Wer weiß, wie viele in die Vorstellung kamen, um die Ex-Sex-Ikone im knappen Kostüm zu sehen. Und wer weiß, wer alles kam, um sie beim Scheitern zu beobachten. Das hat mich traurig gemacht. Und ich fühlte mich schuldig.

Damals, als das berühmte Sex-Tape von Pamela Anderson und Tommy Lee geleakt wurde, habe ich es mir angesehen. Und sogar sexy gefunden. Und ja – ich habe gedacht, es stört die beiden nicht, dass die ganze Welt sie beim Vögeln in den Flitterwochen beobachten kann. In diesem Video sieht man zwei freie, verliebte Menschen mit magischen Körpern – das hat mir gereicht. Diese Frau hat sich fast drei Jahrzehnte als Sexsymbol verkauft, gnadenlos.

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Aber ist sie deshalb Freiwild? Gibt man seine Rechte ab, wenn man den Bikini als Arbeitskleidung wählt? Immerhin ging es bei dem Sextape (das erste aller Promi-Sextapes by the way) um gestohlene, private und sehr intime Filmaufnahmen. Das Bild – und hier zitiere ich eine Freundin – der freizügigen Frau als Allgemeingut, die durch ihre Entscheidungen das Recht auf Selbstbestimmung verloren hat, ist mehr als ungerecht. Wenn wir es weiterdenken, geraten wir in grausiges Fahrwasser. Denn dann ist ein kurzer Rock, ein pralles Dekolletee tatsächlich ein Aufruf zum Übergriff.

Ich frage mich manchmal, was eine Frau zum Opfer macht. Nein, sorry – das weiß ich. Aber ich frage mich, was sie in dieser Situation verharren lässt. Pamela Anderson wirkt Mitte 50 immer noch nicht erlöst, auch wenn sie gerade einen mächtigen Befreiungsschlag getätigt hat. Sie wirkt verletzt und sehnsüchtig. Gerade habe ich gegoogelt, was sie derzeit so treibt: Blank ziehen, und zwar für das Cover von „Interview“. Nackt und mit Stripper-Heels am Sofa. Im Interview dazu sagt sie: „I created a character and fed a monster“. Und dieses Monster ist immer noch hungrig.

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