Macht graues Haar alt?
Dieser und noch mehr Fragen musste und muss ich mich stellen, seit ich vor sechs Jahren beschloss mein Haar nicht mehr zu färben. Über mein Leben als Silberfüchsin.
Aber Mama, du bist noch nicht alt, du bist doch jung!, weinte mein Zehnjähriger herzzerreißend als er meinen grauen Haaransatz entdeckte und ich mit meinen damals 40 Jahren erstmals laut darüber nachdachte, das Haarefärben zu lassen. Ich habe die Idee dann verworfen, weil offensichtlich Verlustängste im Spiel waren: Weiße Haare = Mama ist alt = Mama stirbt bald. Deshalb auch seine bitteren Tränen.
Jetzt gehe ich es an, ich werde grau
%CONTENT-AD%
Zehn Jahre später (mittlerweile auch schon wieder sechs Jahre her), ich stand kurz vor meinem 50er, kam ähnliches von meinem Liebsten. Ich denke, auch das hatte mit Verlustängsten zu tun, jenen nach seiner Jugend: Aber ich bin doch noch nicht alt genug, um eine grauhaarige Frau zu haben. Wie ihr sehen könnt, ließ ich das Argument nicht gelten. Im Gegenteil, ich konnte ihn überzeugen, dass graue Haare ganz schön sexy sein können. Wenn man sie richtig trägt.
Meine Vorbilder und neue Role-Models
%MEDIUM-RECTANGLES%
Ein flotter Kurzhaarschnitt, wie man ihn Frauen ab einem gewissen Alter gerne ans Herz legt, kam für mich nie in Frage. Höchstens ein lässiger Undercut, wie die bekannte Fotografin Inge Prader ihn trägt, aber das ist eine andere Geschichte. Nämlich jene meiner damaligen Vorbilder, die zu ihrer natürlichen Haarfarbe stehen und dadurch nichts an ihrer Weiblichkeit verloren haben.
Vor meinem inneren Auge hatte ich etwa die Modechefin der britischen Vogue, Sarah Harris, die Designerin Isabel Marant und die französische Schrifstellerin und Influencerin Sophie Fontanel. Ihre Haircuts haben alles, was das modische Herz in mir begehrt: von Sophies lässigen Bob über den Undone Dutt von Isabelle bis hin zu Sarahs ultralangem Haar.
Im Laufe der Zeit haben sich immer mehr Stars entschieden, ihr Haar natürlich ergraut zu tragen und stehen dazu. Man denke nur an die Red Carpet-Auftritte von Andie MacDowell und Hellen Mirren mit ihre silbrig-glänzenden Haaren. Auch Jane Fonda zeigt sich zwischendurch immer wieder mal in edlem Grau – ob?s eine Perücke ist oder ihr echtes, sei dahingestellt.
Mein steiniger Weg zum coolen Lässig-Bob
Kommen wir aber zurück zu Sarah Harris ultralanger Mähne: Bis dahin sollte es bei mir noch eine Weile dauern. Nach Rücksprache mit meinem Friseur – er war anfangs nicht ganz überzeugt von meiner Idee, Silberfüchsin zu werden – entschied ich mich, das Herauswachsen der Naturhaarfarbe auf die harte Tour zuzlassen. Ohne helle Strähnen für den Übergang und radikalem Short-Cut. Ich ließ das graue Haar einfach nachwachsen.
Es war nicht so schlimm, wie ich anfangs dachte. Etwa ein Jahr lang trug ich mein Haar zu einem hohen Dutt gebunden und freute mich wie ein Schneehase über jeden dazugewonnenen Zentimeter in silbrig-glänzendem Grau. Man konnte langsam erahnen, welche Haarpartien schon sehr hohen Weißanteil haben und wo sich noch recht dunkle Haarsträhnen dazu mischen. Ein richtiges Naturschauspiel machte sich da auf meinem Kopf breit.
Nach einem Jahr war es so weit. Mein anfangs skeptischer Haarflüsterer schnitt mir die letzten Spitzen gefärbten Haars ab – und war begeistert vom Look & Feel meines lässig in Stufen fallenden Bobs. Du kannst das tragen, dir steht das, meinte er und gab mir noch ein paar Pflege- und Styling-Tipps mit nach Hause.
Etwa, jede zweite Haarwäsche ein Silbershampoo gegen den Gelbstich zu verwenden, im Wechsel mit einem intensiv Feuchtigkeit-spendenden Shampoo. Weiters sollte ich bei jeder Wäsche eine nährende Leave-In-Pflege einarbeiten, da weißes Haar trocken und etwas störrischer ist. Und nicht auf einen kräftigen Lippenstift vergessen: Die fehlende Farbe im Haar muss ausgeglichen werden.
Der Liebste und mein graues Haar
%EVENT%
Heute habe ich eine Frau mit so richtig schlecht gefärbtem Haar im Zug gesehen meinte der Liebste neulich zu mir. Sie hat es eindeutig zu dunkel gefärbt und es hat so gar nicht zu ihrem Teint gepasst. Als hätte sie einen Helm auf, führte er fachmännisch aus.
Ja, ihr seht schon, er ist über sich hinausgewachsen, was die ewige Jugend angeht, und nimmt mich so, wie ich bin. Auch mit grauem Haar, das ich mittlerweile sehr lang trage. Was einerseits an meinem Haarflüsterer liegt, der nicht mehr so oft in Wien ist und andererseits an meiner Haarqualität. Die hat sich nämlich um vieles verbessert. Das Haar ist dichter, fester und dünnt in den Längen und Spitzen nicht mehr so aus. Auch meine Kopfhaut juckt und schuppt nicht mehr so wie früher. Ich würde sagen, meine Mähne ist in ihrer besten Form ever.
5 Fragen, 5 Antworten zu meinen grauen Haaren
%QUESTION%
Ich wurde oft gefragt, ob ich es bereue, mein Haar nicht mehr zu färben, bzw. ob das tatsächlich meine Naturhaarfarbe ist. Ich beantworte euch hier die fünf mir am häufigsten zu grauem Haar gestellte Fragen.
- Bereust du es, nicht mehr zu färben? Nein, ich habe es keine Sekunde bereut und werde es nicht bereuen. Im Gegenteil, jeder Millimeter Silbergrau, der dazukam, hat mich glücklich gemacht.
- Bleibt das so oder wirst du wieder färben?
Das bleibt so und wird im Laufe der Jahre immer weißer – die Zeit geht auch an grauen Haaren nicht spurlos vorüber. Färben? Maximal mach ich einen Gelbstich mit einer Tönung weg. Dunkelbraun war ich lange genug. Ich mag mein Spiegelbild jetzt viel lieber als noch mit dunkel gefärbten Haaren. - Ist das jetzt deine echte Haarfarbe?
Ja, so sieht mein graues Haar jetzt aus. Ich wasche es lediglich jede zweite Woche mit Silbershampoo, um einen Gelbstich zu vermeiden. Ja, ich habe da einen Tick, was Gelbstich angeht, den mag ich gar nicht. - Wie fühlst du dich mit grauem Haar, wie sind die Reaktionen darauf?
Ich fühle mich großartig. Und nein: Ich fühle mich nicht älter. Einen Sitzplatz hat mir auch noch niemand angeboten, und außerdem kann ich mich immer noch mit Make-up und lässigem Styling jünger tricksen. Was das angeht, ist man für nichts zu alt. - Färbst du deine Augenbrauen?
Nein, bis dato nicht. Ich bin von Mutter Natur mit dunklen Härchen bevorzugt. Ich verwende höchstens Brauen-Mascara, um ein paar weiße Härchen abzudecken, die da sprießen. Wenn es mehr werden, greife ich zu permanenter Farbe, da ein schöner Brauenbogen das Gesicht rahmt.
Schreib einen Kommentar ( 0 )