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Wechseljahre? Ich doch nicht!"

Der Verlust der Fruchtbarkeit wird oft dem Verlust der Weiblichkeit gleichgesetzt. Das schmeckt wechselweise-Bloggerin Janina Lebiszczak so gar nicht.

Was würde passieren, wenn Männer plötzlich auf magische Weise menstruieren könnten und Frauen nicht? Die Antwort liegt auf der Hand: Die Menstruation würde zu einem beneidenswerten, ehrenvollen Ereignis erkoren. Männer würden damit prahlen, wie lange und wie viel sie bluten. Und die Menopause? Würde als positives Ereignis gefeiert werden, als Symbol dafür, dass Männer genug Jahre zyklischer Weisheit angesammelt haben, so dass sie nun keine mehr benötigen. Diese – schwer verkürzte – Einschätzung stammt nicht von mir, sondern von Parade-Feministin Gloria Steinem und stammt aus ihrem lesenswerten Essay „If men could menstruate“.  

Im Prinzip sind die Wechseljahre ein erstrebenswerter Zustand: Nach Jahren der Gebärfähigkeit lehnt man sich entspannt zurück und trauert den fruchtbaren Jahren nicht nach – denn irgendwann reicht es damit ja auch mal. Seitdem ich für wechselweise.net schreibe, habe ich sicherlich mit hunderten Frauen über die Wechseljahre gesprochen. Viele von ihnen freuen sich über das Ende der oft schmerzvollen Blutungen, des nervigen prämenstruellen Syndroms. Sie müssen nicht mehr verhüten, sie können ihre ganze (mütterliche) Energie in ihr eigenes Wohlbefinden stecken. Sie definieren sich als frei.  

Bei anderen allerdings beiße ich auf Granit. Diesem Schlag von Frauen – zumeist sehr gepflegt und sich zumindest oberflächlich betrachtet ihrer Attraktivität bewusst – ist das Thema äußerst unangenehm. Obwohl sie sich in einem Alter befinden, in dem es unausweichlich scheint. Sie blenden es aus, sie verweigern sogar die Kommunikation darüber. „Menopause? Ich doch nicht! Und überhaupt: Warum muss man diesen unangenehmen Zustand so nach außen tragen? Davon will doch keiner etwas wissen!“ – solche Sätze bekomme ich regelmäßig zu hören. 

Ich blute, also bin ich (Frau)? 

Das stimmt mich nachdenklich. Wird der Verlust der Gebärfähigkeit tatsächlich immer noch mit einem Verlust der Weiblichkeit gleichgesetzt? Was ist dann – und ich frage hier aus Eigeninteresse – mit den Frauen, die nie einen Kinderwunsch verspürt haben? Oder aus gesundheitlichen Gründen noch vor dem Wechsel keine Regelblutung mehr bekommen?  

Ich blute seit dem Einsetzen der Hormonspirale nicht mehr, die bewahrt mich als Endometriose-Patientin vor einem gesundheitsgefährdenden Blutverlust und enormen Schmerzen. Mir steht ein ganzer, praller Monat zur Verfügung – ich liebe es. Und ich fühle mich dabei außerordentlich weiblich. Eigentlich fühle ich mich mit jeder Kerze mehr auf der Geburtstagstorte sogar weiblicher als im Jahr davor: Es ist eine sanfte, selbstbewusste Weiblichkeit, die ohne die Hysterie des stetigen Vergleichs und Konkurrenzierens auskommt.  

Und nur fürs Protokoll: Ich liebe Kinder – ich wollte nur nie welche und wollte auch keine Mutter sein. Betreibe ich damit Verrat am eignen Geschlecht? Wenn schon der Verlust der Fruchtbarkeit damit verbunden wird, an weiblicher Attraktivität und Relevanz zu verlieren – was ist dann mit dem Verzicht? 

Nehmt die Wechseljahre bitte nicht so persönlich 

Weiblichkeit zu definieren, scheint eine große Aufgabe zu sein, die sich zunehmend verkompliziert. Auf traditionelle Muster und konservative Glaubenssätze prallen nun aktuelle Vorstellungen von Gender als Konstrukt, von der Idee, sich außerhalb der zweigeteilten, binären Geschlechterordnung zu verstehen. Das mag in der Theorie funktionieren, aber eine Gebärmutter macht eben, was eine Gebärmutter so macht, ganz egal wie man sich gerade definiert. 

Allerdings: die Fragmentierung der Geschlechtlichkeit, die Freiheit sich darüber hinwegzusetzen, betrifft selten Frauen um die 50. Die sind zumeist im Glauben herangewachsen, dass ihr Frausein an das Produzieren von Babys gekoppelt ist. Der Verlust dieser Fähigkeit ängstigt und verunsichert. Als würde man erkranken, sich selbst verlieren. Wechseljahre sind aber keine Krankheit, sondern eine Entwicklungsphase, ein Übergang.  

Schon klar: Übergänge sind für uns Menschen eine große Herausforderung. Doch die eingangs erwähnte „zyklische Weisheit“ verschwindet nicht mit der Menopause, sie verbleibt für ewig in uns gespeichert. Ich jedenfalls verstehe die Wechseljahre als ein „Level up“, als Chance. Um die 50 werden die Stellschrauben des Lebens noch einmal neu justiert. Sich dieser Tatsache zu stellen, sorgt für eine sanftere Landung auf der anderen, der unblutigen Seite.  

Vielleicht sollten wir die unausweichlichen Veränderungen in der Lebensmitte einfach annehmen, ohne sie so unglaublich persönlich zu nehmen. Wer die Veränderung leugnet, kann sich diese nicht zunutze machen kann. Und das klingt angesichts der langen Lebenspanne, die nach dem Wechsel noch vor einem liegt, nicht sonderlich verlockend. 


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