Wachsende Begeisterung
Haarige Sache: Jeder nach seinem Geschmack - das gilt auch für den Intimbereich. Aber warum ekeln wir uns eigentlich so vor unserer eigenen Schambehaarung?
Brace youself – der Busch ist zurück. Ich begegnete ihm in einer wundervollen kleinen Bucht in Ibiza. Hier verschwimmen die Grenzen zwischen Hippies und Hipstern, es gibt tatsächlich Menschen, die huldigen der Sonne und dem Meer noch völlig textilfrei – herrlich! Apropos verschwimmen: Ein Freund wollte ein wenig Eindruck schinden, indem er ein paar kräftige Längen ins offene Meer kraulte, während wir im seichten Wasser auf ihn warteten. Und dann passierte es: Er knallte unter Wasser blindlings gegen eine spanische Badenixe. Nach seiner Entschuldigung kam er zu uns zurückgekrault und berichtete mit schreckgeweiteten Augen, was da unter Wasser geschehen war: Er hatte sie unabsichtlich berührt – ja, da unten. Und – oh Schreck: Da waren Haare, viele Haare.
Die Kardashianisierung der Vulva.
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Ich nahm die restlichen Badegäste unter die Lupe: Ganz klar: Der Busch ist zurück – zumindest im wortwörtlichen Süden. Schon klar: Über die Verbannung der Schambehaarung ist schon viel berichtet worden. Fast möchte man meinen, die Menschheit sei vom glatten Unterleib besessen: Es wird gezupft, gewachst, poliert, epiliert, rasiert und gesugart. Aber damit nicht genug: Der Optimierungswahn hat nun auch unseren Intimbereich erreicht. Er wird verjüngt, er wird verkleinert und begradigt, er wird mit glitzernden Gels, Parfum und Highlightern optimiert, er wird gebleacht und mit Eigenblut aufgefrischt. Ich frage mich: Geht?s noch? Ist das die Kardashianisierung der Vulva? Da stellt es mir alle Haare auf – und ich meine: alle.
Nackt wie ein Teenager?
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Deswegen zurück zum Busch: Mir ist schon klar, warum viele Männer mit einer ordentlichen Schambehaarung nichts anfangen können. Sie reagieren bekanntlich vor allem auf optische Reize. Sie wollen möglichst viel sehen. Und dann wäre da noch das gesellschaftliche und völlig absurde Streben nach ewiger Jugend. Ein haarloser Intimbereich verspricht saftige Jugend, weil Kinder nun mal keine Schamhaare haben. Zu guter Letzt versetzt noch die Pornoindustrie dem Busch den Todesstoß. Die meisten Darstellerinnern glänzen mit babyrosa, fein epilierter Haut im Schritt. So muss das dann wohl aussehen. Die Vulva als Kunst-Objekt.
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Warum aber bemerke ich immer mehr Frauen mit Haar in der Hose? Sogar Stars wie Madonnas Tochter Lourdes, Cameron Diaz, Emma Watson und Gwyneth Paltrow bekennen sich zum Pelz. Model Amber Rose stellte ein Foto von ihrem Unterleib auf Insta und meinte: Als Frauen haben wir immer das Gefühl, uns dauernd rasieren oder waxen zu müssen – und wenn wir das nicht tun, dann werden wir als unhygienisch oder hässlich bezeichnet. Ich glaube, dass das natürlich ist und wir uns deswegen nicht schämen sollten! Und die britische Komikerin Caitlin Moran schrieb sogar einen Aufruf zu mehr Haarigkeit: Ihr nennt es Brazilian Waxing. Ich ziehe es vor, die Sache beim Namen zu nennen: eine teure, entsetzlich pflegeintensive, Juckreiz auslösende Methode!
Tatsache: Das Hygiene- Argument der Nacktmulle hat einen Fehler: Mit Waschen, Duschen, Baden sind die Gebote der Reinlichkeit absolut erfüllt. Das schafft ein Genitalbereich voll mit Pusteln übrigens nicht.
Natürlichkeit versus Porno.
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Nun, das hier ist eine Kolumne, und ich sollte noch verraten, wie meine eigene Meinung zum Thema lautet. Ich habe vor ein, zwei Jahren damit aufgehört, jedes einzelne Haar aus meinem Schritt zu rupfen, als hinge mein Leben davon ab. Was aus dem Bikinihöschen quillt, wird gerodet, der Rest darf bleiben, wenn auch in der Länge reduziert. Shocking, isn?t it? Jedoch: Es sind nur Haare. Es wäre schön, wenn wir wieder den direkten Zusammenhang verstehen lernen. Eine Vulva ist zum Vergnügen da, zum Kinderkriegen und im erweiterten Sinn auch zum Urinieren. Einmal im Monat blutet sie sogar – bis man in den Wechsel kommt. So ist das nun mal eben, und daran wird sich hoffentlich nie etwas ändern. Schamhaare sind nicht eklig, sie sind einfach bloß Schamhaare. Und die gibt es schon länger, als es Pornostars und Waxing-Salons geben wird.
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