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Psyche/Seele

Gewalt an Frauen: Wir müssen an den Ursachen ansetzen

2021 gab es in Österreich 63 schwere Misshandlungen. 31 Frauen überlebten die Gewalt nicht. Die Initiative StoP verfolgt einen neuen Ansatz in der Gewaltprävention.

Rote Fahnen – die ersten Warnzeichen

Gewalt an Frauen beginnt nicht erst bei körperlicher Gewalt, sie beginnt bereits dann, wenn jemand ein „Nein“ nicht akzeptieren will, oder bei sexistischen und frauenfeindlichen Witzen, Sprüchen und Scherzen, bei taxierenden Blicken, bei Beleidigungen, Bloßstellen, Erniedrigen oder bei Verboten. Gewalt beginnt dann, wenn man verletzt wird, wenn es weh tut, wenn ein Übergriff passiert, wenn man von negativen Verhalten betroffen und bedroht wird.

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Auch Worte oder Blicke können bereits verletzten und weh tun, treffen. Diese Warnzeichen der Gewalt – oft auch „rote Fahnen“ oder „red flags“ genannt – wehen schon, wenn eine Frau das Gefühl hat, dieser Mann tut mir nicht gut, er verlangt etwas, was mir widerspricht, was mir zuwider ist. Er verlangt etwas, was ich nicht will. Auch sexuell. dann ist es wichtig sich zu trennen oder sich Hilfe zu holen. Etwa bei der Frauenhelpline gegen Gewalt: 0800/222 555. Je früher sich eine Frau Hilfe und Rat holt, desto besser ist es.

Das Ausmaß der Gewalt an Frauen ist extrem hoch

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Männergewalt an Frauen gab es schon vor der Pandemie und vor den Lockdowns, daher ist Corona nicht die Ursache der Männergewalt an Frauen. Corona verschärft die Situation und vieles spitzt sich jetzt noch mehr zu. 

Österreich war lange Zeit Vorbild in Europa, was den Gewaltschutz angeht, aber jetzt erleben wir einen Rückschritt. Und dass obwohl Österreich gute Gesetze, Gewaltschutzgesetze, Strafgesetze und Gewaltschutzmaßnahmen und ein flächendeckendes Netz an Opferschutzeinrichtungen hat.

Auch die Opferrechte wurden im Laufe der Jahre immer verbessert. Stichwort Rechtsanspruch auf kostenlose Prozessbegleitung. Österreich hat auch die Istanbul Konvention ratifiziert. Und dennoch ist das Ausmaß der Gewalt an Frauen und Kindern extrem hoch.

Mit ein Grund: das patriarchale System

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Es gibt einige Erklärungen dafür, wie etwa die fehlende und echte Gleichstellungspolitik zwischen Frauen und Männern – wir sind weit von einer echten Gleichstellung entfernt. Dadurch schlittern viele Frauen und Mütter in die wirtschaftliche und finanzielle Abhängigkeit und in eine Gewaltfalle.

Ein weiterer Grund ist das das tiefsitzende patriarchale System bzw. Denk- und Verhaltensmuster gekoppelt mit Machtmissbrauch, Kontrolle und Besitzdenken. Dazu zählen die toxischen Männlichkeiten, das sind Männer, die keine Empathie zeigen, große Kommunikationsschwierigkeiten haben mit Frauen respektvoll und auf Augenhöhe zu sprechen und keine Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. Auch die traditionellen Rollenmuster und Genderstereotypien sind noch immer tief verankert.

Politik und Behörden verharmlosen die Gefahr

Und es ist auch eine tiefsitzende gesellschaftliche Frauenverachtung, Frauenerniedrigung und sexistische Gewalt in der Sprache zu orten. So müssen Politiker, die Frauen etwa als „widerliches Luder“ beschimpfen, nicht zurücktreten. Eine zunehmende Verrohung und Frust der Männer gegen Frauen ist auch spürbar und bemerkbar durch die zunehmende digitale Gewalt. Von Cybergewalt und Hass im Netz ist jede dritte Frau betroffen.

Eine weitere Ursache liegt auch bei den Behörden, die Gewalt verharmlosen und Betroffenen die Verantwortung zuschieben und sie nicht ernst genug nehmen - Täter hingegen oft nicht oder kaum zur Rechenschaft und Verantwortung ziehen. Der Umgang mit gefährlichen Tätern ist oft zu lasch.

Wie bei vielen Gewaltverbrechen an Frauen in Österreich kommt es immer wieder zu Fehlentscheidungen seitens der Behörden. Hilfesuchende gewaltbetroffene Frauen werden von Behörden im Stich gelassen! Es kommt zu „Victim blaming“, Opfer-Täter-Umkehr, bzw. Behörden nehmen eher den Täter in Schutz, als Betroffene von Gewalt. All das sind große Risikofaktoren für Frauen.

Wir brauchen eine gewaltfreie Atmosphäre – in jeder Beziehung

Diese Politik und manche Medien möchten uns außerdem davon überzeugen, dass Gewalt ein importiertes Problem ist und dass Ausländer, Flüchtlinge pauschal an diesem hohen Ausmaß der Männergewalt schuld und verantwortlich sind.

Aber wir wissen es anders, nicht Migration die Ursache von Gewalt an Frauen und Frauenmorden sind – auch nicht Eifersucht, Liebe oder Leidenschaft, sondern das tiefsitzende patriarchale und anerzogene Verhaltensmuster.

Daher brauchen nicht nur einen Klimawandel in der Luft, wir brauchen vor allem einen grundlegenden gesellschaftlichen Klimawandel, eine gewaltfreie Atmosphäre in den Familien, in jeder Beziehung.

StoP-Stadtteile ohne Partnergewalt

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Die Initiative StoP verfolgt einen neuen Ansatz in der Gewaltprävention. StoP verbindet die Arbeit der Frauenhäuser, Frauenberatungsstellen, Frauenhelpline und Gewaltschutzzentren mit der Einbeziehung des Gemeinwesens und mit der Zivilgesellschaft. Und kann mit der Gemeinwesenarbeit einen flächendeckenden Beitrag dazu leisten und jeden Menschen im letzten Eck eines Dorfes erreichen und aufklären, sensibilisieren, stärken.

StoP gibt allen Menschen in unserer Gesellschaft eine Chance sich an der Verhinderung der Partnergewalt zu beteiligen. Alle können einen Beitrag zur Zivilcourage gegen Partnergewalt leisten. Vor allem jene Menschen in der unmittelbaren Umgebung, in der Nachbarschaft, im Umfeld der Betroffenen. Das bedeutet aber nicht, dass StoP den bestehenden Opferschutz ersetzen kann – Frauenhäuser und  Frauenberatungsstellen müssen weiterhin gut abgesichert werden, auch die Exekutive und Justiz muss Opfer richtig, würdevoll und im Sinne der Istanbul Konvention unterstützen.

StoP fordert mehr Geld und Personal 

Wir fordern 228 Millionen Euro für die Gleichstellungsprogramme und für den Gewaltschutz. Aber das genügt nicht. Wir brauchen noch 3000 Vollzeitarbeitskräfte, um die knappen Personalressourcen in allen Opferschutzeinrichtungen, aufzustocken.

StoP soll in allen Gemeinden einziehen und jedes größere oder kleinere Dorf soll wissen, dass Gewalt keinen Platz hat.

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