Der Menopausen-Clown und die Wut-Rede
Ich bin ein Leugner. Ein Andropausen-Gegner. Ich erkenne ihn nicht an, den Wechsel beim Mann. Es gibt ihn nicht. Jemand hat ihn erfunden, um uns zu knechten. Aufstand!
»Es ist schlimmer geworden«, sagte meine Frau.
»Das Omikron?«, fragte ich.
»Nein, das Schnarchen.«
»Ah.« Ich zog die Augenbrauen hoch. »War ich leicht wieder laut in der Nacht?«
»Rammstein sind ein Dreck gegen deine Bühnenshow.«
Okay. Lena erklärte, auch die Idee mit den probeweise getrennten Schlafzimmern funktioniere nicht wirklich. Bei dem Lärmpegel, den ich in der Nacht verursache, würde nur eine schallgedämpfte Wohnung in einem anderen Wiener Gemeindebezirk helfen. Oder ein Castor-Behälter. Das sind diese massiven, tonnenschweren Metallröhren zur Lagerung hochradioaktiver Materialien. In diese Sparte falle ich hinein. Rein in den Castor, Luke zu, Nacht-Quarantäne. Distance Living statt Distance Learning.
Das hat mich verändert.
Die Andropause – obwohl es sie gar nicht gibt – kitzelt meine Nasenschleimhaut. Anscheinend hat das Schnarchen auch was mit der Zunge zu tun, die sich nachts hundemüde, vom vielen Reden untertags, auf den Gaumen legt und das Sägewerk zum Laufen bringt. CHRRRRRRRRR. Dazwischen ein KTTHHHH.
Meine Frau versteht nicht, dass ich in Wahrheit Klingonisch lerne.
Die wollen mir einreden, dass mein Hormonbrunnen versiegt
Und ich leugne alles. Schnarchen, Männerwechsel, Weltfrieden, papperlapapp. Auf fragwürdigen Medizinportalen wird die Andropause als Fakt geführt.
Als Andropause bezeichnet man den Lebensabschnitt des Mannes, der von einer nachlassenden Hormonproduktion gekennzeichnet ist.
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Die wollen mir doch tatsächlich einreden, dass mein Hormonbrunnen langsam versiegt. Dass ich biochemisch austrockne. Dahinter steckt eine Verschwörung. Bin mir ganz sicher. Ein Gruß von Bill Gates. Die Chinesen. Oder künstliche Pestilenzen.
Andernorts im Netz gehen sie schon vorsichtiger mit den Behauptungen um. Die Frage, ob die Andropause als solche existiert oder klinische Bedeutung hat, ist umstritten. Beim Mann kommt es zu einer schrittweisen Reduktion der Hormonspiegel im Laufe der Lebensjahre, so dass eine Grenzziehung, wie sie bei der Frau durch die letzte Regelblutung gegeben ist, nur schwer möglich ist. Der Zeitraum für das Auftreten einer Andropause wird zwischen dem 45. und 65. Lebensjahr angegeben.
So funktioniert die Andro-Paranoia
Ich bin 50, noch. Falle genau in die Zielgruppe. Sie wissen das. Ich weiß nicht, wer sie sind, aber sie wissen ganz genau, wer ich bin. So funktioniert Paranoia. Andro-Paranoia.
Dann arbeiten sie mit der Angst, dem Flammenschwert gegen die Psyche, das wir von der Pandemie gut kennen. Sie listen die Symptome auf, zeigen dir jedes Ungemach, das einen erwartet.
Zipperlein und Zeichen. Das alles kann der Menopausen-Clown in der (Fake-!)Andropause kriegen:
- Libidoverlust
- Müdigkeit
- Schlaflosigkeit
- Nervösität
- Depression
- Hitzewallungen
- Nachtschweiß
Da wird einem ganz von allein heiß. Schlecht sogar. Fünf Punkte könnten bei mir stimmen. Fünf von sieben. Klarer Fall von global erdachter und kollektiv angelegter Verunsicherung. Die wollen uns klein machen, erniedrigen. Und wer profitiert? Natürlich die Pharmakonzerne.
Synthetische Hilfe und die Nanobot-Verschwörung
Als sogenannte Hilfe in der Andropause sollen Androgene wirken. Synthetische oder angeblich natürliche Hormone. Synthetische! Alles klar. Die wollen meine DNS unterwandern. Die wollen mich verändern, damit sie mich kontrollieren können. Hormone sind garantiert nur das trojanische Pferd, um meine Erbmasse künstlich zu zertrampeln. Irgendwelche Botenstoffe werden andocken und Nanobots aktivieren, alles mikroskopisch klein, lautlos und permanent überwacht.
Also habe ich mich als Gegner postiert. Als Andropausen-Gegner. Es braucht eine Bewegung dafür. Wahrscheinlich gründe ich den Widerstand – ichleugne.at – und zettle eine digitale Revolution an. Die Zeit spricht dafür. Die Wut, die Fäuste Richtung Himmel gereckt. Pfefferspray, Tränengas, Böller. Jetzt, wo alle sagen, dass die Bürgerrechte außer Kraft gesetzt sind und die Freiheit nicht mehr wert ist als eine lustige Idee aus den Siebzigern. Willkommen im Heute, im Joch des Alterns. Endzeit-Gebimmel. Die Andro-Apokalypse ist da.
Konzentrationsstörungen, hm – was wollte ich eigentlich sagen?
Natürlich gehen die Dinge nicht mehr so leicht. Der Sport wird verschoben, die Muskeln vertschüssen sich schneller, als man John Harris sagen kann, und die Nächte sind nicht mehr so ruhig wie früher. Aufschrecken um halb drei, plötzlich verschwitzt, dann wieder huschi. Untertags leicht fahrig. Buchstaben wollen nicht so richtig aufs Papier, wie sie sollen, Wörter verstecken sich hinter dem Word-Dokument, hä? Sind das Konzentrationsstörungen? Kann nicht sein. Nicht bei mir.
Was wollte ich eigentlich sagen?
Ah ja, das Schnarchen wird auch nur eine Erfindung meiner Frau sein, um mir ein schlechtes Gewissen anzuhängen. Sie leidet ziemlich unter der Menopause, Schwindel hier, Schwindel dort, auf einmal ein gerötetes Gesicht. Muss mit meinem unanständigen Witz zusammenhängen, dachte ich. Aber sie ist tapfer. »Du bist ja auch in dieser ? neuen Phase«, hat sie gesagt. Wie reden über den Wandel. Change-Prozess heißt das neumodern. Wir befinden uns in einem Change-Prozess und brauchen Sachen wie Resilienz und Balance und Achtsamkeit und überhaupt.
Dazwischen Omikron, Omikron, in der Früh ein Österkron. Alles ein Kas'. Heutzutage tut man sich schwer mit dem Frohsinn.
»Deine Ansichten sind sehr wirr«, sagte meine Frau. »Du musst dich entspannen.« Innere Ruhe finden.
Urlaub, Corona-Zuckerlparty und ein Breitband-Idiotikum
Aus dem Grund haben wir beschlossen, in ein paar Wochen Richtung Sonne zu fliegen. Für den Urlaub werden Impfungen empfohlen, aber nicht verordnet. Überall lauern Bosheiten wie Malaria, Dengue-Fieber, Lassa-Fieber und Ebola.
Als die ganze Impfdebatte losgegangen war, hatten sich ein paar junge Leute entschlossen, sogenannte Corona-Zuckerlpartys zu machen. Sie trafen sich in einer Wohnung bei Bier und Schnaps, der Gastgeber war positiv und lutschte ein Zuckerl. Das kontaminierte Drops wurde dann in der Runde weitergereicht. Jeder und jede kaute daran und hoffte, sich mit dem Virus anzustecken – um die Impfung zu umgehen. Was die Lutscher nicht bedacht haben, ist der Umstand, dass auch ein genesener Mensch nach einem halben Jahr wieder impfen gehen muss.
Eine Option wäre, sich alle sechs Monate mit dem Virus anzustecken. Super Taktik. Covid zweimal im Jahr, wir kaufen ein Beatmungsgerät für daheim.
Der Gedanke ist bestechend krank. Analog dazu könnten meine Frau und ich Urlaubsvorbereitungen treffen. Wenn unter den Leserinnen oder Lesern dieser Kolumne jemand sein sollte, der Covid, Malaria, Dengue, Lassa und Ebola gleichzeitig hat, dann bitte kommt zu uns nach Hause; wir lutschen ein Breitband-Idiotikum, um jedes Vakzin zu umgehen. Wir brauchen uns nicht zu impfen, wir stecken uns mit allem an, yes!
Let's party! Bei diesem Happening könnte man in einem Aufwaschen die Andropause leugnen und wütend aus dem Fenster schreien: »Auch Schnarcher sind nur Menschen!«
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