Bauch? Weg!
Von der Kartoffel zur Sanduhr: Meine Erfahrungen mit Shapewear sind durchwachsen. Wer will schon komprimiert werden wie ein ZIP-File.
Ein schlechtes Gedächtnis kann auch seine Vorteile haben. Immerhin spendiert man sich so selbst ab und zu ein Überraschungsgeschenk. Also dann, wenn man spät in der Nacht (und vielleicht nicht ganz nüchtern) online shoppt und bald verdrängt, dass man so tat. Ein paar Tage später dann steht der Postler vor der Tür und überreicht die Surprise-Box.
Kennt ihr? Wenn ihr nach ein paar Drinks schon einmal einen unüberlegten Online-Einkauf getätigt habt, dann seid ihr damit also nicht allein – einer aktuellen Umfrage von Amazon zufolge haben vier von fünf Personen schon mal im Internet eingekauft, während sie leicht bis mäßig betrunken waren. (Nicht erhoben wurde, wie viele Kunden dabei leicht bis mäßig bekifft waren.)
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Ich habe meine Impulskontrolle mittlerweile halbwegs im Griff, und auch die Erfahrung machte mich bereits reich: Billigfetzen oder lustige Gadgets aus China kommen mir nicht mehr ins Haus. Der glitzernden Lidstriche zum Aufkleben waren jedenfalls ein ähnlich großer Reinfall wie die selbstausfahrenden Vampirzähne für Halloween. Die Lidstrich-Pickerl verklebten meine Augen und die Vampirzähne bröselten mir aus dem Mund – was tatsächlich gruslig aussah, aber eben nur einmal und recht kurz. Und überhaupt: Die Nachhaltigkeit!
Weich wie der Bauch, der geformt werden soll.
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Den letzten Kauf hingegen tätigte ich im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte: Ich recherchierte und verglich, boykottierte die teure Variante von Skims (dahinter steckt Kim Kardashian, sie ist reich genug, außerdem dürften die Größen völlig realitätsbefreit ausfallen) und entschied mich für einen Wunder-Body, der mir von Instagram derartig oft vorgeschlagen wurde, bis ich schließlich nachgab und weich wurde – wie der Bauch, den die Shapewear nun shapen sollte.
Bevor ich über diese aktuelle Errungenschaft berichte, ein kleiner Rückblick, eine Reise durch die Entwicklung der Figurformer – und zwar an meinem Körper: In diese Kategorie fällt eindeutig jene exklusive Corsage, die ich mir anlässlich eines Life Balls vor gut 15 Jahren leistete. Da hatte ich auch schon ordentlich Bauch, mich prägt seit der Pubertät die Lebiszczak-Figur: Kartoffel auf zwei schlanken Beinen.
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Und tatsächlich: Eine Freundin mit reichlich Erfahrung in der BDSM-Szene schnürte mich so hart ins Korsett, bis die Kartoffel zur Sanduhr mutierte. Ich fühlte mich sexy, stark, unwiderstehlich, eine Kriegerin mit der Figur einer Prinzessin. Bis ich frühmorgens – wieder zuhause – versuchte aus dem Teil zu entkommen. Alleine. Ein Ding der Unmöglichkeit. Schon flossen die ersten Tränen, schon griff ich zum Küchenmesser – glücklicherweise erwachte die Nachbarin rechtzeitig und befreite mich.
Liebestöter und Zwickel-Massaker
Eine weitere Schlappe: Die Bauchweg-Hose, eine Spanx der ersten Generation. So ultra-eng, dass ich sie am Häusl nicht von den Hüften bekam und sie mit einer Nagelschere (zwecks Erleichterung bei der Erleichterung) in einen Slip Ouvert verwandelte. Nach diesem Eingriff verlor sie wohl im Schock die Form: 45 Euro – für die Tonne.
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Gute Erfahrungen hingegen konnte ich bereits mit der Shapewear-Linie einer großen Textilkette machen. Zwar Liebestöter-Flair in Hautfarbe, aber alles schön am Platz, ganz ohne Atemnot, Panikattacke und etwaige Selbstbesudelung. Immerhin: Es geht ja um eine schöne, ebenmäßige Silhouette, nicht um ein Weltwunder. Wo Bauch ist, wird immer Bauch bleiben. Dasselbe gilt für Hüftgold und pralle Schenkel.
Gewollte Kurven oder bequeme Wäsche?
Und nun: Das Wahnsinnswunderteil von Instagram. Würde ich – ganz wie die begeisterten Frauen aus dem Internet – eine ganze Kleidergröße im Handumdrehen verlieren? Würde ich völlig seamless konturiert werden, wie ein ZIP-File und auf magische Weise perfekt komprimiert wiederauferstehen? Tatsache, es sitzt, es hält: Sieht aus wie ein simpler, schwarzer Badeanzug und bis darauf, dass mir die Träger in die breiten Schultern schneiden, trägt sich der Body sehr komfortabel. Pinkeln kann ich auch gehen. Und die Kurven, die man nun selbst unter engen Kleidern sieht, sind nur die gewollten.
Aber meistens ist es mir schnurzpiepegal, was man sieht oder nicht sieht. Was gewollt ist oder nicht. Wenn schon Unterwäsche, dann bitte die die ganz bequeme. Sloggy statt String. Bloß keinen BH mit Reifen. Ich will eigentlich gar nix spüren müssen, das Leben ist oft unbequem genug. Ein aktuelles Beispiel: Falten sind nicht dein Problem, attestierte mir unlängst eine Beauty-Ärztin: Aber du wirst einen Bauch bekommen im Wechsel. Beim nächsten Besuch in der Ordination werde ich also den neuen Shape Wear-Body tragen und auf ihre Reaktion warten. So verändert sich mit der Zeit wohl nicht nur die Figur, sondern auch der Anlass.
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