Das Sexualhormon Testosteron gilt gemeinhin als "Männerhormon" kommt jedoch auch im weiblichen Organismus vor – allerdings produziert und benötigt eine Frau weitaus geringere Mengen als Männer. Dennoch kann ein Testosteronmangel bei Frauen ebenso vorkommen, insbesondere mit zunehmendem Alter. Das Sexualhormon unterstützt auch bei ihnen wichtige Vorgänge im Körper. Unter anderem beeinflusst Testosteron (wie beim Mann) die Libido, ein Mangel kann sich auch bei Frauen eklatant auf das Wohlbefinden auswirken. Für eine mögliche Therapie stehen allerdings nur Präparate zur Verfügung, die für Männer entwickelt wurden.
Wie entsteht ein Testosteronmangel bei Frauen?
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Testosteron wird im weiblichen Körper in den Eierstöcken sowie in den Nebennieren (das sind kleine Hormondrüsen in Nachbarschaft der Nieren) gebildet. Gesteuert wird die Produktion wie auch bei den anderen Sexualhormonen im Gehirn: über die Hypophyse, die Hirnanhangsdrüse und den Hypothalamus. Ein großer Teil des Testosterons wird bei Frauen allerdings in Östrogen, genau gesagt in Östradiol, umgewandelt. Das weibliche Sexualhormon sorgt für typische weibliche äußere Merkmale und ist auch für den Muskel- und Knochenaufbau und viele weitere Funktionen von Bedeutung.
Der häufigste Grund für einen Testosteronmangel bei Frauen liegt an der nachlassenden Aktivität der Eierstöcke in den Wechseljahren. Dadurch geht die Produktion der Sexualhormone, u.a. auch des Testosterons, zurück. Bei Frauen um das 30. Lebensjahr liegt der Normwert bei 1,33 bis 2,57 pg pro Milliliter Blut. Im Laufe des Lebens, besonders ab Beginn der Wechseljahre, sinkt die Testosteronkonzentration dann immer weiter ab. Er sollte aber auch mit über 60 Jahren nicht unter 1,55 pg pro Milliliter liegen.
Welche Beschwerden bewirkt ein Mangel an Testosteron?
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Die Symptome eines Testosteronmangels sind bei Frauen weniger zahlreich als bei Männern – aber dennoch gravierend. Mögliche Auswirkungen sind
- ausgeprägte Müdigkeit sowie Kraft- und Antriebslosigkeit
- Gelenk- und Muskelschmerzen
- Osteoporose
- Bluthochdruck
- Depressionen
- Blasenschwäche bzw. Harninkontinenz
- Gedächtnisschwäche
- mangelnde Stressresistenz
Wann ist eine Hormontherapie mit Testosteron sinnvoll?
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Laut der Leitlinie zu Peri- und Postmenopause, an der die Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe beteiligt ist, kann bei Frauen mit Libidoverlust eine Ersatztherapie mit Testosteron erwogen werden, sofern eine menopausale Hormontherapie mit Östrogen/Progesteron allein nicht wirksam ist. Da es allerdings immer noch keine speziell für Frauen konzipierte zugelassene Testosteronpräparate auf dem Markt gibt, muss man sich bei der Verschreibung mit Individualrezepturen behelfen. Das nennt man Off-Label-Use.
In der Praxis gibt es bereits gute Erfahrungen mit einem Testosterongel für Männer, das bei Frauen in einer niedrigeren Dosierung auf die Haut aufgetragen wird. Die deutsche Frauenärztin Dr. Sheila de Liz schreibt in ihrem Buch Woman on Fire, dass sie bei einem durch einen Bluttest nachgewiesenem Testosteronmangel mit einem Fünftel der für Männer bestimmten Tagesdosis beginnt und den Hormonwert nach 6 bis 8 Wochen kontrolliert.
Wichtig ist, dass damit nur ein Testosteronspiegel erzielt wird, der dem normalen Spektrum für Frauen entspricht, also der Mangel ausgeglichen wird. Wir das Hormon überdosiert, ist mit negativen, bisweilen irreversiben Nebenwirkungen zu rechnen. Dazu zählen u.a. Vermännlichkeitssymptome wie vermehrte Körperbehaarung, eine tiefere Stimme oder Haarausfall am Kopf.
Was muss vor der Verschreibung von Testosteron beachtet werden?
Bevor Testosteron verschrieben wird, sollten aber unbedingt andere Möglichkeiten ausprobiert werden, wie die menopausale Hormontherapie mit weiblichen Sexualhormonen, so die Empfehlung verschiedener medizinischer Fachgesellschaften. Die Behandlung von Frauen mit Störung des sexuellen Verlangens erfordert einen vielschichtigen Ansatz, betont auch die Britische Menopause Gesellschaft. Es ist wichtig, alle möglichen beitragenden Faktoren zu berücksichtigen und zu behandeln, zu denen zum Beispiel die vulvovaginale Atrophie durch Östrogenmangel und Beziehungsprobleme gehören können. Nicht immer stellt also der Ersatz des fehlenden Testosterons eine dauerhafte Lösung des Problems dar.
DHEA statt Testosteron?
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Manche Hormonspezialisten verschreiben statt Testosteron auch Dehydroepiandrosteron oder kurz: DHEA. Beim DHEA handelt es sich um ein Hormon, das von der Nebenniere, einer kleinen Hormondrüse neben den Nieren, gebildet wird. Es kann im Körper in verschiedene Hormone umgewandelt werden und hat vor allem eine männliche Hormonwirkung. Unter anderem gilt es als Anti-Aging-Hormon und als Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auf jeden Fall sollte DHEA wie alle anderen Hormone nur in ärztlicher Absprache eingenommen werden.
Testosteronmangel und Harninkontinenz
Bereits 2017 wurde auf einem großen Urologenkongress in den USA über Studienergebnisse diskutiert, die Hinweise darauf liefern, dass Testosteron Frauen vor Stressinkontinenz schützen könnte. Bei der Stressinkontinenz verlieren betroffene Frauen unkontrolliert Urin in Situationen wie z. B. beim Niesen, Trampolin springen oder beim Sport allgemein. Stressinkontinenz betrifft sehr viele Frauen, und meist beginnen die Beschwerden rund um die Wechseljahre, wenn die Hormonspiegel abfallen.
Die veröffentlichten Studienergebnisse legen den Zusammenhang dar, dass Frauen mit höheren Testosteronspiegeln weniger stressinkontinent sind als Frauen mit eher niedrigeren. Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen ist, dass Testosteron die Beckenbodenmuskulatur stärkt, die für den Blasenverschluss mitverantwortlich ist.
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