Vorab: Die Sojabohne aus der Familie der Hülsenfrüchte ist ein einzigartiges Lebensmittel und als nährstoffreiche Eiweißquelle auch eine hervorragende Alternative zu Fleisch und Fisch. Eine Vielzahl von Sojalebensmitteln hat bereits den europäischen Markt erobert, darunter etwa Sojamilch, Edamame, Tofu, Tempeh und Miso.
Frauen in den Wechseljahren gehören neben Fans der pflanzlichen Kost zur größten Zielgruppe. Denn die in Soja enthaltenen Isoflavone ähneln in ihrer Struktur dem weiblichen Sexualhormon Östrogen, weshalb sie eine Östrogen-ähnliche Wirkung im Körper haben können. Mit Betonung auf können – denn über wenig andere Lebensmittel wird so intensiv diskutiert, wie über diejenigen mit Phytoöstrogenen.
Oft wird auch kolportiert, dass Frauen im asiatischen Raum, wo vermehrt Sojaprodukte auf dem Teller landen, in den Wechseljahren deutlich weniger Beschwerden hätten. Wissenschaftliche Belege dazu fehlen allerdings.
Viele Studien, unterschiedliche Ergebnisse
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Wir haben uns die Datenlage genauer angesehen und fassen zusammen:
- Soja wird von vielen als gesundes und hilfreiches Lebensmittel gepriesen, da es angeblich Hitzewallungen lindert, Osteoporose vorbeugt und sogar vor hormonell bedingten Krebsarten schützen soll.
- Gleichzeitig wird Soja von anderen Expert:innen gemieden wie das Weihwasser vom Teufel, weil sie befürchten, dass es Brustkrebs, Schilddrüsenprobleme und Demenz verursachen könnte.
Tatsächlich gibt es bei Thema Soja viele Studien mit höchst widersprüchlichen Schlussfolgerungen, was größtenteils darauf zurückzuführen ist, dass Soja auf sehr unterschiedliche Weise untersucht wird.
Ein Beispiel von vielen: Soja wird bei Tieren anders verstoffwechselt, so dass die Ergebnisse von Tierstudien nicht auf den Menschen übertragbar sind. Außerdem stellt sich die Frage: Welche Art von Soja wird untersucht? Vollwertige Sojalebensmittel wie Tofu und Sojabohnen, verarbeitete Versionen wie Sojaproteinpulver (wie in Eiweiß-Shakes oft enthalten)? Fermentierte oder unfermentierte Sojalebensmittel? Und wenn Nahrungsergänzungsmittel verwendet werden, enthalten diese Isoflavone oder Sojaprotein?
Östrogene und Phytoöstrogene (aus Soja z.B.) sind nicht dasselbe
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Die Eigenschaften von Soja variieren je nach dem vorhandenen Hormonspiegel im Körper.
- Bei Frauen VOR der Menopause ist der zirkulierende Östradiolspiegel – die Hauptform des Östrogens – viel höher als bei Frauen nach der Menopause. In diesem Zusammenhang kann Soja hier wie ein Anti-Östrogen wirken.
- Bei Frauen NACH der Menopause kann Soja wie ein Östrogen wirken. Auch hier liegt wieder eine große Betonung auf der Möglichkeitsform.
Weil die in Soja enthaltenen Phytoöstrogene (genauer: die Isoflavonverbindungen Genistein und Daidzein) sich von jenem Östrogen unterscheiden, das natürlicherweise in unserem Körper vorkommt, stellt sich die Frage: Was bedeutet das für die Wirkung von Soja-Isoflavonen bei Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen, Nachtschweiß und mehr?
Unbedenklich: Weniger als 100 mg Isoflavonoide am Tag
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Dazu kommt: Auch Brustkrebs wird nach Hormontypen eingeteilt: Es gibt
- hormonpositiven oder
- hormonnegativen Brustkrebs
die jeweils unterschiedlich auf Östrogene reagieren.
Es gibt also viele Faktoren, die es schwierig machen, pauschale Aussagen über die hormonellen Auswirkungen von Soja zu treffen. Deshalb halten wir uns im Zweifel an die Empfehlung der Krebshilfe. Pink Ribbon-Projektleiterin Doris Kiefhaber meint dazu:
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Zweifellos bietet die Hülsenfrucht Soja einiges Gutes. Aber sie enthält auch Isoflavone, die Ernährungswissenschaftler:innen differenziert sehen, weil sie dem weiblichen Geschlechtshormon Östrogen ähneln. Daher stellte sich die Frage, ob Soja z.B. wechselbedingte Hitzewallungen lindert. Die Antwort liefern drei placebo-kontrollierte Studien, aus denen hervorgeht, dass Isoflavone zur Therapie von Hitzewallungen bei Brustkrebspatientinnen NICHT empfohlen wird, weil
- eine Wirksamkeit der Isoflavone NICHT bewiesen werden konnte und
- aufgrund der grundsätzlichen Problematik der Exposition eines phytoestrogenhaltigem Nahrungsmittel.
Eine Aufnahme von täglich weniger als 100 mg Isoflavonoiden erscheint aber als unbedenklich. Die Ergebnisse dieser Studie waren Basis für das offizielle S-3-Leitlinieprogramm Onkologie zur Therapie des Mammakarzinoms.
Zum Vergleich: 100 g rohe Sojabohnen enthalten ca. 128 mg Isoflavone. Auch bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln gegen Wechselbeschwerden sollte man auf diese Richtlinie achten – jedenfalls so lange bis sich die Wissenschaft zu dem Thema einig wird.
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