Der große Zeh trägt die Hälfte unseres Körpergewichts. Ein schiefer großer Zeh, medizinisch Hallux valgus genannt, sieht nicht nur unschön aus, er kann auch den gesamten Bewegungsablauf stören. Wehwehchen und ernsthafte Erkrankungen wie Rückenschmerzen, Migräne oder Nierenprobleme können durch dicke Füße oder schwere Beine erkannt werden.
Matthias Manke ist Orthopäde und hat mit seinem Bestseller Leichtfüßig: Was Füße über unsere Gesundheit verraten voll ins Schwarze getroffen. Tun doch fast allen Menschen – und vor allem Frauen – irgendwann täglich die Füße weh. Er weiß, wie wir durch gesundes Gehen Erkrankungen vorbeugen können und möchte helfen, unsere Füße und somit unseren gesamten Organismus besser zu verstehen, denn: Füße spiegeln unseren Gesundheitszustand wider. Wir haben mit ihm über Fußgesundheit im Wechsel gesprochen:
Fast jede Frau über 45 klagt über Fußschmerzen – warum ist das so?
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Dr. Manke: Ja, das ist ein spannendes Thema, denn gerade bei Frauen ab 45 sorgt die hormonelle Umstellung dafür, dass das Gewebe, die Muskeln, Sehen und Bänder im Körper weicher werden. Bänder und Muskeln verleihen dem Fuß die Stabilität. Fällt das weg und die Muskeln werden nicht trainiert, stehen die Knochen nicht mehr so wie immer, reiben, und das verursacht Schmerzen. Das Reiben von Knochen kann zu Arthrose führen, das ist nicht mehr umkehrbar.
Auch die Verletzungsgefahr steigt, denn der gesamte Fuß wird dann mehr belastet und hat weniger Stütze. Manchmal kommen dann noch geschwollene Beine und Schmerzen aufgrund von Wassereinlagerungen dazu. Das Quergewölbe und das Längsgewölbe des Fußes verändern sich. Es kommt häufig zu einem Senk-Spreiz-Fuß. Gerade in dieser Lebensphase ist es wichtig, präventiv zu arbeiten, die Muskeln zu stärken, um sich nicht zu verletzen und die Lebensqualität zu erhalten.
Ist die Verletzungsgefahr an den Füßen im Wechsel erhöht?
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Dr. Manke: Ja. Durch den Östrogenmangel werden die Sehnen weicher und der Bewegungsapparat lockerer. Bei vielen Menschen nehmen generell auch die Koordination und der Gleichgewichtssinn ab. Viele Frauen knicken genau dann um, verletzen sich und machen dann noch weniger Sport. Umgekehrt übertreiben es manche Frauen auch und überlasten sich. Es gibt viele Frauen, die kontinuierlich Sport getrieben haben und nie Probleme hatten – und plötzlich tun ihnen trotzdem die Füße, Bänder und Gelenke weh.
Am besten holt man sich Rat bevor die Fußschmerzen losgehen. Mir ist klar, dass niemand einfach so zu Orthopäden geht. Alle gehen nur mit Schmerzen. Genau das sollte sich aber ändern.
Sind die ersten Anzeichen von Fußschmerzen denn schon ein Alarmsignal?
Dr. Manke: Wenn der Fuß schmerzt, sind das keine ersten Anzeichen, dann ist das Kind leider schon in den sprichwörtlichen Brunnen gefallen. Wenn ein Schmerz länger als drei Monate da ist, ist er chronisch und kann sich im Gehirn festsetzen. Das macht die Therapie dann noch schwerer.
Über welche Schmerzen klagen Frauen im Wechsel am häufigsten?
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Dr. Manke: Das häufigste Problem ist der Mittelfußschmerz. Also ein Schmerz im Fußgewölbe. Das kommt daher, dass das Gewölbe fast immer abflacht. Das ist dann auch verbunden mit einem Hallux Valgus, also einer Abkippung der Großzehe nach außen, einem weiteren häufigen Problem. Das entsteht auch durch exzessives High-Heels-Tragen, obwohl das bei den meisten Frauen gar nicht der Grund ist.
Das dritte häufige Problem ist, dass wir im Längsgewölbe Stabilität verlieren, das Längsgewölbe dann anfängt zu ziehen und ein Fersensporn entsteht. Der Fersensporn ist keine eigenständige Erkrankung, sondern es ist eine Folge einer Überbelastung der Sehnen auf der Innenseite des Fußes, der sogenannten Plantarfaszia. Hallux valgus, Spreizfuß und Plantarfersensprung sind also die häufigsten Probleme. Zu sagen, naja, da haben Frauen halt zu oft High Heels getragen ist zu kurz gegriffen. Meist ist es schon etwas diffiziler.
Kann man selbst etwas für seine Fußgesundheit tun?
Ja, es fängt schon damit an darauf zu achten, ob die Schuhe noch passen, ob es plötzlich irgendwo drückt, wo es früher nie gedrückt hat oder ob sich Hornhaut bildet. Das alles sind Anzeichen dafür, dass der Fuß in die Breite geht. Und tägliche Fußgymnastik wäre das A und O. Das macht aber fast niemand, solange er oder sie nicht wirklich Schmerzen hat. Leider.
Wie wichtig sind gute Schuhe?
Sehr wichtig. Alles, was reibt, zu eng ist oder zu hoch belastet den Fuß unnötig. Man möchte doch leichtfüßig durchs Leben gehen. Ein bequemer, leichter Schuh, der keine Druckstellen erzeugt, nicht reibt und den Fuß nicht übermäßig schwitzen lässt, ist optimal. Am Ende des Tages möchte der Fuß auch aktiv bewegt werden und nicht immer nur ruhig im Schuh liegen.
Welche Übungen für zu Hause wären sinnvoll?
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Meistens ist es doch so: Wir duschen in der Früh, trocknen die Füße halbherzig ab, schmieren sie vielleicht ein und packen sie dann in die Socken und Schuhe, wo sie dann den ganzen Tag starr unter dem Schreibtisch stehen. Schon ein bisschen Bewegung würde guttun. Es gibt drei sehr gute, einfache Übungen:
- Zehen bewegen: Barfuß abwechselnd die großen Zehen heben, während alle anderen Zehen am Boden bleiben. Dann umgekehrt: Also die vier Außenzehen heben, während die großen Zehen am Boden bleiben. Mit beiden Füßen 10- bis 20-mal wiederholen.
- Handtuchrollen mit den Zehen: Barfuß auf ein dünnes Handtuch oder Geschirrtuch stellen und dieses mit den Zehen heranziehen, bis es ganz zu dir gerollt ist. Dann wieder mit den Zehen wegdrücken, bis es wieder ausgebreitet ist.
- Der Fuß als Saugnapf: Stelle dich gerade hin und konzentriere dich auf drei Punkte deiner Füße: die Ferse, das Großzehengelenk und das Kleinzehengelenk. Stelle dir den Fuß als Saugnapf vor, der an diesen drei Punkten nach oben gezogen wird. Achtung: Die Zehen sollen sich dabei nicht krümmen. Diese Übung ist am Anfang schwierig und die Bewegung kaum sichtbar, aber sehr sinnvoll.
Wenn du diese Übungen regelmäßig machst, wirst du sehr schnell Verbesserungen merken.
Info: Das Interview mit Dr. Matthias Manke fand im Rahmen einer Pressereise von Legero in Hamburg statt.
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