Die Wissenschaft hat Schlafstörungen in den vergangenen Jahrzehnten sehr gründlich erforscht. Allerdings vorrangig an Männern. Dass Schlafprobleme bei Frauen sehr spezifische Gründe haben können, hat die Forschung lange ausgeblendet. Das hat sich mittlerweile Gott-sei-Dank geändert, immer mehr Forscher machen sich die Mühe, das komplizierte Geflecht des weiblichen Hormonhaushalts und dessen Auswirkungen auf den Schlaf zu entwirren.
Die 5 häufigsten Gründe für Schlafstörungen ab 50 sind:
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- Sinkende Östrogen- und Progesteronspiegel in den Wechseljahren
- Alterungsprozesse, die die innere Uhr beeinflussen
- belastende Lebenssituationen
- Depressionen
- Schilddrüsenüberfunktion
So viel ist mittlerweile also klar: Vor allem die weiblichen Geschlechtshormone mischen sich kräftig in den Schlafrhythmus ein. Vor, während und auch nach den Wechseljahren schwanken weibliche Hormonspiegel so stark, dass auch die Schlafregulation leicht ins Wanken gerät.
Aktuelle Studien bringen neue Erkenntnisse zu diesen Hormoneinflüssen, was genau sie im weiblichen Körper bewirken und welche weiteren Faktoren für guten oder schlechten Schlaf sorgen.
Unser Chronotyp: die innere Uhr
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Einige Studien befassten sich mit der weiblichen inneren Uhr, dem sogenannten Chronotyp, und wie sie sich mit den Wechseljahren verändert. Die Grundlagen dazu: Es gibt drei allgemeine Kategorien von Chronotypen: Morgen-, Abend- und Zwischen-Chronotypen.
- Der morgendliche Chronotyp (Morgenmensch, oft definiert als Lerche) wacht früh auf und bevorzugt Aktivitäten zu Beginn des Tages.
- Der abendliche Chronotyp (definiert als Eule) wurd im Allgemeinen später munter: Seine Hauptaktivitätszeit fällt in den späten Nachmittag oder Abend.
- Der mittlere Chronotyp nimmt eine Zwischenstellung zwischen dem Morgen- und dem Abend-Chronotyp ein.
Was in den Wechseljahren passiert
Die Menopause ist der Frau ist durch die dauerhafte Einstellung der Follikelaktivität der Eierstöcke (Eisprung) gekennzeichnet, sie wird durch einen abrupten Abfall des Östrogenspiegels verursacht, was zu den klassischen Anzeichen und Symptomen der Menopause wie Hitzewallungen führt.
Spannend ist, dass neuere wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass sich auch der Chronotyp von Frauen vor und nach der Menopause erheblich unterscheidet. In einer aktuellen Studie wurde festgestellt, dass Frauen vor den Wechseljahren zumeist dem mittleren Chronotyp zuzuordnen sind, während Frauen nach der Menopause eher zum morgendlichen Chronotyp zählen: Sie mutieren also mit den Wechseljahren zu Lerchen.
Schlafstörungen nach der Menopause
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Fakt ist: Postmenopausale Frauen fühlen sich schneller müde und wachen morgens früher auf. Zudem sind Schlafstörungen bei Frauen nach der Menopause häufig, sie beeinträchtigen die Lebensqualität meist erheblich.
Schon in einer Erklärung des amerikanischen National Institute of Health aus dem Jahr 2005 wird die Schlafstörung als ein Kernsymptom der Menopause genannt. Die Häufigkeit, die in Umfragen bzw. Studien festgestellt wurde, reicht
- von 16 bis 42 % bei Frauen vor der Menopause,
- von 39 bis 47 % bei Frauen in der Perimenopause und
- von 35 bis 60 % bei Frauen nach der Menopause.
Wobei Schlafstörungen häufiger sind, wenn gleichzeitig starkes Übergewicht vorliegt (bei einem Body-Mass-Index (BMI) ab 30).
Die Ursachen von Schlafstörungen bei postmenopausalen Frauen werden mittlerweile umfassend untersucht und diskutiert, als Hauptakteure werden der Rückgang des Östrogenspiegels, Gewichtszunahme – insbesondere die Zunahme des Bauchfetts – sowie eine abnehmende Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin vermutet.
Der Einfluss des Östrogens auf den Schlaf
Die Auswirkung des (sinkenden) Östrogenspiegels auf die Schlafqualität ist sehr komplex, da Östrogene eindeutig eine breite Palette potenzieller Wirkungen haben, die den Schlaf über mehrere Mechanismen beeinflussen. Östrogene beeinflussen die Wirkung der Botenstoffe Noradrenalin, Serotonin und Acetylcholin, die ihrerseits wiederum den Schlaf beeinflussen. Was man definitiv weiß: Die höheren Östrogenspiegel vor den Wechseljahren verlängern u.a. die Gesamtschlafzeit. Östrogen hat zudem auch eine antidepressive Wirkung.
Schlafstörungen bei Frauen nach der Menopause umfassen in der Folge häufig weitere Symptome wie
- Depressionen und Angstzustände,
- nächtliche Atemstörungen, insbesondere die sogenannte obstruktive Schlafapnoe (OSA), und das
- Restless-Leg-Syndrom.
Macht mehr Bauchfett Schlafprobleme?
Übergewicht (BMI über 25) und Fettleibigkeit (BMI über 30) sind bei Frauen nach der Menopause häufig, was wiederum auch auf die Veränderungen des Hormonspiegels zurückzuführen ist. Der sinkende Östrogenspiegel beeinflusst die Fettverteilung, was zum Leidwesen vieler postmenopausaler Frauen zu einer Zunahme des Bauchfetts führt. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass das Bauchfett eine Quelle für verschiedene Entzündungsfaktoren ist, die u.a. auch die Schlafqualität beeinflussen. So verwundert es nicht, dass der zunehmende Taillenumfang nach der Menopause ein indirektes Maß für Schlafprobleme ist.
Warum das Schlafhormon Melatonin abnimmt
Das Schlafhormon Melatonin, das von der Zirbeldrüse im Gehirn hauptsächlich nachts gebildet und ausgeschüttet wird, spielt auch als Gegenspieler zum Stresshormon Cortisol eine wichtige Rolle für den Schlafrhythmus – es fördert das Einschlafen und die Aufrechterhaltung des Schlafs. Was Forscher herausgefunden haben: Der Melatonin-Spiegel nimmt ab dem 50. Lebensjahr ab. Dieser altersbedingte Rückgang der Melatonin-Bildung ist wahrscheinlich (auch) auf eine verringerte Lichtwahrnehmung der Netzhaut im Auge zurückzuführen. Kein Wunder also, dass viele rezeptfreie Mittel gegen Ein- und Durchschlafprobleme auch (eine geringe Menge) Melatonin enthalten.
Melatonin auf Rezept
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In Österreich ist nur ein Melatonin-Präparat mit höherer Dosierung als verschreibungspflichtiges Medikament zugelassen. Es wird vom Arzt für Menschen mit Schlafproblemen ab 55 Jahren verordnet. Anders als die freiverkäuflichen Nahrungsergänzungsmittel wirkt das rezeptpflichtige Melatonin-Präparat in Etappen: Es handelt sich um eine sogenannte Retard-Formulierung, die dafür sorgt, dass der Wirkstoff über einen längeren Zeitraum abgegeben wird. So baut sich die ganze Nacht über ein stabiler Wirkstoffspiegel im Körper auf. Dadurch stellt sich eine Langzeitwirkung ein, das Präparat hilft also auch beim Durchschlafen – sofern der Melatonin-Mangel an den Schlafstörungen schuld ist.
Können Ernährung und Aktivität den Schlaf beeinflussen?
Obwohl nur begrenzte Daten über den Zusammenhang von Schlafmangel und Ernährung bei Frauen nach der Menopause vorliegen, deuten sie insgesamt darauf hin, dass Ernährungsstrategien ein nützliches Instrument für die Behandlung von Schlafstörungen sein können, insbesondere bei gleichzeitigem Übergewicht. So wurden mehrere Lebensmittel mit einer Verbesserung oder Verschlechterung der Schlafqualität in Verbindung gebracht.
- Eine Studie mit 769 postmenopausalen Frauen zeigte, dass eine geringere Qualität der Ernährung mit der schlechtesten Schlafqualität und ein hoher Fettkonsum mit einem unruhigen Schlaf verbunden ist.
- Eine sehr aktuelle weitere Untersuchung mit 100 postmenopausalen Frauen mit Übergewicht ergab, dass der Verzehr von Hülsenfrüchten und von nativem Olivenöl mit geringeren Beeinträchtigungen verbunden war.
Zusammengefasst: Bewusste und ballaststoffreiche Ernährung wirkt sich offenbar auch in diesem Zusammenhang positiv aus.
- Obst und Gemüse, Vollkornprodukte und unverarbeitete Lebensmittel fördern die Schlafqualität.
- Ein hoher Anteil an Zucker und an gesättigten Fetten hat negative Auswirkungen.
Parallel zur bewussten Ernährung verbessern sportliche Aktivitäten die Schlafqualität. In einer Studie mit Frauen mit sitzenden Berufen in der späten Peri- und Postmenopause führte ein 12-wöchiges individuelles Aerobic-Programm mit moderater Intensität zu einer Verbesserung der Schlafqualität.
Chrononutrition: Essen und die innere Uhr
Auch der Biorhythmus scheint durch bestimmte Lebensmittel beeinflusst zu werden. In diesem Zusammenhang hat sich die sogenannte Chrononutrition etabliert: Das ist ein Ernährungsmodell, das auf dem Verzehr bestimmter Lebensmittel zu bestimmten Tageszeiten, entsprechend den Rhythmen der Chronobiologie, beruht. Einige der Erkenntnisse daraus:
- Mahlzeiten mit vielen Kohlenhydraten am Abend führt zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels am nächsten Morgen und nächtlichen Schwankungen
- Bei einem Abendessen mit hohem Eiweißgehalt fallen diese Schwankungen geringer aus.
Hier wird im Moment eifrig geforscht, auch das beliebte Intervallfasten mit seinem Jungbrunneneffekt hat sich aus dieser Forschung der Chrononutrition entwickelt.
Schlafstörungen ernst nehmen
Wie wichtig es ist, Schlafstörungen ernst zu nehmen, zeigen die Erkenntnisse, die Wissenschaftler in den vergangenen Jahren über die Folgen schlechten Schlafs gewonnen haben. Fehlt die nächtliche Erholung, funktioniert vieles nicht mehr, wie es soll.
- Das Gedächtnis streikt, die Konzentration ebenso, die Unfallgefahr steigt.
- Unausgeschlafene sind leicht reizbar und nervös.
- Und nicht zuletzt leidet die Gesundheit: Der Erholungsmangel lässt den Stresshormonspiegel steigen, die Anspannung belastet Herz und Kreislauf, schwächt das Immunsystem oder lässt es überreagieren.
Daher sollte man sich bei Schlafstörungen unbedingt rasch ärztliche Unterstützung suchen. Oft geben bereits Hormonstatus und Blutbild Aufschluss über mögliche Ursachen. Eine Untersuchung im Schlaflabor hilft, weitere Auslöser – wie das auch bei Frauen relativ häufige obstruktive Schlafapnoe-Syndrom – abzuklären, das durch Atempausen in der Nacht gekennzeichnet ist und sogar lebensbedrohlich werden kann.
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