Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen. Damit ist alles klar: Du bist im Wechsel. Hingegen werden besondere Reizbarkeit und Energielosigkeit bei Frauen um die 40 häufig dem Prämenstruellen Syndrom oder dem Burnout zugeschrieben. Und das völlig zu Unrecht. Denn die Prämenopause bringt einen natürlichen Östrogenüberschuss mit sich, dessen Auswirkungen sich in derartigen Befindlichkeitsstörungen äußern können, die richtig gedeutet werden sollten. Immerhin kann sich diese Lebensphase über 10 Jahre hinweg erstrecken, erklärt die Gynäkologin Dr. Iris Pleyer im Gespräch mit Wechselweise. Also 10 Jahre, in denen das Östrogen die Oberhand behalten und uns das Leben vermiesen kann. Die gute Nachricht: Auswege gibt es.
Wie kommt es zur Östrogendominanz?
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Etwa ab einem Alter von 35 – manchmal auch später – ist nicht mehr jeder Zyklus mit einem Eisprung verbunden. Das hat Konsequenzen. Denn durch den Eisprung produziert der Körper Progesteron. Dieses ist vor allem für die fruchtbare Zeit von großer Bedeutung. Das Progesteron verändert die durch das Östrogen in der ersten Zyklushälfte aufgebaute Schleimhaut dermaßen, dass sich ein befruchtetes Ei gut einnisten kann. Noch einige andere Körperfunktionen werden durch das Gelbkörperhormon beeinflusst. Progesteron
- sorgt für gute Stimmung,
- guten Schlaf,
- einen normalen Blutdruck,
- reguliert das Körpergewicht und
- stützt das Immunsystem.
Finden die Eisprünge nicht mehr regelmäßig statt, wird auch kein Progesteron gebildet. Damit steigt, in den ersten Jahren der Prämenopause phasenweise, der Östrogenspiegel stark an. Diese Zeit des Ungleichgewichts von Östrogen und Progesteron endet erst mit Eintritt der Menopause – der letzten Monatsblutung im Leben einer Frau. Östrogendominanz und Progesteronmangel gehen also bis ungefähr um das 50. Lebensjahr Hand in Hand.
Faktoren, die hohe Östrogenspiegel fördern
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Es gibt auch andere Faktoren, die dazu beitragen, dass das Östrogen im Körper der Frau viel zu hoch sein kann.
- Leber: Der Östrogenstoffwechsel ist etwa ganz stark von der Leberfunktion abhängig. Denn unser Entgiftungsorgan unterstützt den Körper dabei, überschüssiges Östrogen abzubauen und es über die Niere und einen gesunden Darm auszuleiten.
- Ernährung: Große Mengen tierischen Eiweiß, Zucker, Kaffee, Alkohol und Fertignahrungsmittel (auch vegane) fördern die Entstehung von Östrogen.
- Umwelthormone: Endokrine Disruptoren, auch hormonaktive Stoffe genannt, befinden sich etwa in Plastikflaschen, Pestiziden, Kosmetika, Lösungsmitteln, aber auch im Trinkwasser, das unter anderem mit Pillenhormonen belastet ist.
- Übergewicht: Östrogene werden im eigenen Fettgewebe produziert.
- Stress: Durch eine erhöhte Cortisolkurve kommt es zu einem hohen Östrogenspiegel.
Symptome, die durch eine Östrogendominanz entstehen
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Dieses hormonelle Ungleichgewicht hat zur Folge, dass sich vielerlei Beschwerden einstellen:
- Schlafstörungen
- Unruhezustände
- Gereiztheit
- Stimmungsschwankungen
- Ängste
- Bluthochdruck
- Gewichtszunahme
- Fettzunahme – besonders an Bauch, Taille und Hüften
- Energielosigkeit/Müdigkeit
- Brainfog
Woher weiß ich, dass mein Östrogenspiegel zu hoch ist?
Viele Frauen kennen sich in dieser Phase ihres Lebens einfach nicht mehr aus, erklärt Dr. Pleyer. Stress, Überforderung in der Arbeit oder mit den Kindern bis hin zu Burnout – Erklärungsansätze für die eigenen Zustände sind leicht gefunden. Doch großteils ist das ein Irrweg, der zu Behandlungsmethoden führen kann, die bis hin zu Antidepressiva reichen. Das ist nicht zielführend. Auch Hormonpräparate – wie Pille oder Hormonersatztherapie – können den Östrogenspiegel auf die Spitze treiben. Mit fatalen Folgen für das Wohlbefinden.
Um die Hormonsituation im Körper beurteilen zu können, ist es wichtig, innerhalb eines Zyklus zwei Blutuntersuchungen vorzunehmen.
- Die erste zwischen dem 3. und 5. Tag, um den Östrogenspiegel zu messen.
- Die zweite zwischen dem 18. und 21. Tag des Zyklus, um die Schilddrüsenhormone und das Progesteron zu kontrollieren.
Die zweite Zyklushälfte wird in der Diagnostik sehr oft vergessen, bedauert Dr. Iris Pleyer. Und die Frauen wissen es nicht. Wichtig ist zudem, als Frau in den eigenen Körper hineinzuhören und entsprechende Signale nicht lediglich als Stress abzutun. Ständige Ermüdung und Erschöpfung sind die ersten Warnhinweise.
Natürliche Stoffe, die bei Östrogendominanz bzw. Progesteronmangel helfen
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- Nahrungsergänzungsmittel: Vor allem Magnesium, Zink, elementares Jod und Omega-3-Fettsäuren
- Diosgenin aus der Yamswurzel vor allem in der zweiten Zyklushälfte
- Safran, Mönchspfeffer, Resveratrol und der Heilpilz Cordiceps sind hormonell ausgleichend
- Damiana und rotes Maca regulieren den Hormonhaushalt und regen zudem Lust und Libido an.
Bioidente Hormone zur Regulierung
Sind natürliche Stoffe nicht ausreichend – mit einem Hormonstatus lässt sich das kontrollieren –, dann können bioidente Hormone zur Regulierung eingesetzt werden. Dafür eignet sich am besten die mexikanische Yamswurzel. Aus ihr wird über zwei bis drei Syntheseschritte Diosgenin hergestellt, das, mit Kakaobutter angereichert, in Zellulosekapseln gefüllt wird. Diese können geschluckt werden. Es können auch zur vaginalen Anwendung Zäpfchen auf Kakaobutter-Basis mit natürlichem Progesteron angereichert werden. Zudem können Progesteron-Cremes oder -Salben auf die Haut aufgetragen werden. Progesteron wirkt außerdem entzündungshemmend, schützt vor Demenzerkrankungen und reguliert den Blutdruck, erklärt Dr. Pleyer.
Ernährung und Lebensstil nehmen Einfluss auf unsere Hormonspiegel
Raffinierter Zucker, Kaffee und Alkohol – vor allem zuckerhältige Mixdrinks und Bier – sind Östrogen-produzierend. Zu vermeiden sind auch entzündungsfördernde Lebensmittel wie Gluten, Kuhmilch, raffinierte Pflanzenöle und (auch vegane) Fertignahrungsmittel. Zu den entzündungshemmenden Lebensmitteln zählen unter anderem: buntes, saisonales Gemüse, Blattgemüse, Beeren, Ananas, Kaltwasserfische, Kokosnussöl, fermentiertes Gemüse, Curcuma und Ingwer. Gegen die Östrogendominanz sind auch Kreuzblütler wie Brokkoli, Grünkohl oder Karfiol empfehlenswert. Zudem Ballaststoffe wie Süßkartoffel, Karotte und Pastinake sowie Samen wie Lein- und Chiasamen sowie Flohsamenschalen.
Fazit
Treten also mit Anfang 40 vermehrt Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, innere Unruhe oder Herzrasen auf, sollte man sich als Frau bewusstwerden, dass sehr wahrscheinlich der Beginn einer neuen Lebensphase eingeläutet sein kann. Idealerweise ist dann der richtige Zeitpunkt, von der Gynäkologin oder dem Gynäkologen in der zweiten Zyklushälfte den Progesteronstatus messen zu lassen. Das ermöglicht eine neue Sichtweise und, bei Bedarf, zielführende Behandlungen.
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