Bemerkenswert, was sich in unserem Bauch so alles tummelt: Allein unser Verdauungstrakt beinhaltet mehr Bakterien als unser Körper Zellen hat. Die Darmflora, auch Mikrobiom genannt, umfasst 100 Billionen Mikroorganismen, vor allem Bakterien, aber auch ein paar Viren und Pilze. Die Wissenschaft erkennt zunehmend, welche zentrale Rolle das Mikrobiom für unsere Gesundheit spielt und kommuniziert ihre Erkenntnisse regelmäßig weiter: Ein komplexes Thema mit weitreichenden Folgen für unsere Gesundheit. Das Mikrobiom spielt nicht nur eine große Rolle im Hormonstoffwechsel (von Schilddrüsenhormonen über Östrogen und Testosteron bis zu Cortisol – die Darmflora sorgt dafür, dass die wichtigsten Botenstoffe in unserem Körper gut ausbalanciert sind), es hat auch Auswirkungen auf Immunsystem, Haut, Schlaf, Psyche, Fitnesslevel und Gewicht.
Ohne gesunden Darm fruchtet keine Diät langfristig
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Geht uns um gesundheitliche Entscheidungen oder um eine Änderung des Lebensstils, dann vergessen wir immer noch gerne auf die Darmgesundheit. Die Schilddrüse wird gecheckt, der Hormonhaushalt überprüft, die Ernährung optimiert, aber der Darm dabei selten miteinbezogen. Dr. Michaela Axt-Gadermann möchte das ändern. Die Ernährungs- und Sportmedizinerin ist im deutschsprachigen Raum die sicherlich bekannteste Fürsprecherin der Darmgesundheit und hat etliche Bestseller dazu veröffentlicht – etwa im neuen Buch Was ist los mit meinem Darm?.
Eine Diät ist langfristig meist wenig erfolgreich, wenn es andere Ursachen gibt, die das Gewicht nach oben treiben, so die Professorin für Gesundheitsforschung: Es reicht nicht immer aus nur auf die Kalorienzufuhr zu achten. Warum? Sind die Bakterienkulturen im Darm – etwa durch falsche Ernährung, zu viel künstliche Süßstoffe, Umwelteinflüsse, Medikamente wie Antibiotika oder Krankheiten – verändert, dann werden – sehr verknappt formuliert – mehr Kalorien aus der Ernährung gezogen.
Guten Futterverwerter gibt es – die Antwort liegt im Darm
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Wir alle kennen den Begriff des ?guten Futterverwerters? und der gehört nicht ins Reich der Legenden, so Axt-Gadermann. Erste Hinweise darauf stammen aus Experimenten mit Mäusen. Darmbakterien einer fettleibigen Maus wurden einer schlanken Maus übertragen. Ergebnis: Die dünne Maus nahm bei gleichbleibender Fütterung immer mehr zu und wurde schließlich übergewichtig. Durch die neuen Bakterien wurde sie zu einem besseren Futterverwerter.
Konkret gibt es zwei große Bakteriengruppen, die das Gewicht beeinflussen: Firmicutes und Bacteroidetes. Firmicutes sind die ?Moppelbakterien?, die viele Kalorien aus dem Essen ziehen. Sie machen uns zu einem guten Futterverwerter, was früher und insbesondere bei Hungernöten noch ein klarer Vorteil war. Die Bacteroidetes bewirken das Gegenteil, so Axt-Gadermann: In einer Studie haben wir überprüft haben, ob man mit Hilfe eines Nahrungsergänzungsmittels leichter abnehmen kann. Die Teilnehmer:innen erhielten zwei Monate lang ein Synbiotikum, also eine Kombination eines Probiotikums mit einem Präbiotikum, das die Vorteile beider synergistisch vereinigen soll, – oder ein Plazebo. Nach vier Wochen ließ sich in der Synbiotikum-Gruppe ein deutlicher Anstieg der schlank machenden Bacteroidetes und ein Rückgang der Moppelbakterien Firmicutes nachweisen. Unterschiede im Gewicht gab es zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht. Nach etwa 6 bis 8 Wochen setzte aber eine deutlich stärkere Gewichtsabnahme in der Synbiotikum-Gruppe ein, die signifikant über der in der Plazebo-Gruppe lag.
Antworten finden durch eine Mikrobiom-Analyse
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Es geht noch besser: Bestimmte Darmbakterien können die Produktion von Ghrelin (dem Hungerhormon) beeinflussen und so den Appetit steigern oder verringern. Außerdem wird im Darm Tryptophan produziert, eine Vorstufe des Glückshormons Serotonin, das die Stimmung und damit auch das Essverhalten maßgeblich beeinflussen kann.
Es lohnt sich also, sein Mikrobiom unter die Lupe zu nehmen, wenn die Kilos einfach nicht purzeln wollen – vor allem wenn der sinkende Östrogenspiegel in den Wechseljahren die Vielfalt der Darmflora zusätzlich verringert. Ein gestörtes Mikrobiom kann außerdem vermehrt entzündungsfördernde Stoffe produzieren, die Insulinempfindlichkeit herabsetzen und die Fettablagerung insbesondere am Bauch fördern. Und eine üppige Leibesmitte ist leider viel mehr als nur ein Problem der Optik – sie erhöht das Risiko für Herzinfarkt.
Darüber, ob im Darm tatsächlich alles gut läuft, kann eine Mikrobiom-Analyse Auskunft geben. Durchgeführt werden sollte eine Darmfloraanalyse im Komplettstatus, bei Übergewicht auch die Bacteroidetes-Firmicutes-Ratio, so Axt-Gadermann.
Fazit
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Eine geschädigte Darmflora hat viele Auswirkungen – vom Stoffwechsel -Beschwerden bis hin zu Haut-, Hormon-, und Schlafproblemen. Am schnellsten merken wir den Effekt allerdings auf der Waage. Wer also gerade in den Wechseljahren abnehmen möchte, sollte sich dem Super-Organ in der Leibesmitte aufmerksam nähern.
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