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Ernährung

Hungern gegen Bauchfett: Warum Essstörungen im Wechsel ein Thema sind

Wer an Essstörungen denkt, hat meistens junge Mädchen im Kopf. Doch auch immer mehr Frauen im Wechsel hungern. Über Ursachen und Wege aus dem Hungerkreislauf.

Mit der hormonellen Umstellung im Wechsel wird in unseren Körpern eine Kettenreaktion ausgelöst: Der Stoffwechsel verlangsamt sich und der Kalorienbedarf sinkt um 300 – 400 Kalorien pro Tag. Gleichzeitig nimmt das viszerale Fett zu, also das Fett, das sich um die Organe anlagert und den Cholesterinspiegel nach oben treibt, – auch wenn wir uns bewegen und gesund ernähren. Das führt bei vielen Frauen zu großer Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper. Man erkennt sich plötzlich nicht wieder, braucht ein paar Kleidergrößen mehr und muss sich vom alten Selbstbild verabschieden.  

Bei vielen Frauen wird in dieser vulnerablen Phase auch etwas vielleicht längst Vergessenes wieder ausgelöst: eine Essstörung aus der Pubertät. Plötzlich werden Disziplin beim Essen und die Selbstkontrolle wieder wichtig und dominieren das tägliche Leben. Das zeigen auch Daten aus der Wissenschaft, die Essstörungen bei älteren Frauen seit über 10 Jahren dokumentieren. Die Psychologin und Psychotherapeutin a.o. Univ.-Prof. Dr. Barbara Mangweth-Matzek, Professorin an der Universitätsklinik für Psychiatrie in Innsbruck, forscht seit Jahren zu dem Thema und erzählt im Interview, wie wir zu einem gesunden Essverhalten im Wechsel finden. 

Seit wann weiß man, dass Esstörungen auch für Frauen über 45 ein Thema sind? 

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Prof. Mangweth-Matzek: Früher waren die jungen Frauen in der Pubertät die Stichprobe, an denen gestörtes Essverhalten untersucht wurde. Aber in der wissenschaftlichen Welt ist seit circa 10, 15 Jahren bekannt, dass Essstörungen nicht nur jungen Frauen betreffen, sondern Frauen aller Altersgruppen. Wir haben in Studien 2006 und 2014 Frauen im Alter zwischen 40 und 60, zwischen 50 und 70 und sogar bis zu 80 Jahren untersucht. Diese Untersuchungen haben gezeigt, dass Essstörungen in jeder Altersdekade vorkommen können. Und zwar als neues Störungsbild, aber natürlich auch als Wiederauftreten von einer Essstörung, die vielleicht in Jugendjahren schon einmal da war. Es hat sich gezeigt, dass in der Menopause gehäuft gestörtes Essverhalten vorkommt. 

Was sind die Ursachen für Essstörungen in der Lebensmitte? 

Prof. Mangweth-Matzek: Das ist einmal die Biologie der Frau. Pubertät und Menopause haben viel mit Hormonen zu tun, vor allem mit Östrogen. In der Pubertät bedeutet Östrogen Zuwachs von Fettkörpern, was für junge Mädchen eine Herausforderung in einer fettphobischen Gesellschaft darstellt. In der Menopause fällt der Östrogenspiegel plötzlich ab, was zu einer Veränderung des Fettkörpers führt. Der Stoffwechsel verlangsamt sich, es werden weniger Kalorien verbrannt, was zu Gewichtszunahme führen kann. Viele Frauen nehmen in der Menopause bis zu 10 Kilo zu. Das kann zu großer Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper führen. Frauen beginnen dann, restriktiv zu essen, sich Dinge zu verbieten, um abzunehmen. Oder sie geraten in Binge-Eating-Muster, also Essattacken. Das führt zum Gegenteil von dem, was sie ursprünglich wollten, nämlich Gewicht zu verlieren. Beides ist ein gestörtes Essverhalten. 

Welche Essstörungen kommen im Wechsel häufig vor? 

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Prof. Mangweth-Matzek: Die Binge-Eating-Störung kommt bei mittelalten und älteren Frauen häufiger vor als die Magersucht, oft als Resultat von Körperunzufriedenheit und restriktivem Verhalten. Die typische Anorexie ist häufiger bei jungen Frauen. Aber auch Purging Disorders, also der Missbrauch von Abführmitteln oder das Erbrechen ohne vorherige Essattacke, sind leider nicht selten. Frauen im Wechsel erleben in dieser Lebensphase oft enormen Stress, und Essen ist immer mit Emotion verknüpft. Die Stressesser fangen an, tatsächlich mehr zu essen, die anderen wiederum können gar nicht mehr essen. Beides ist kein gesundes Essverhalten.  

Gibt es Zahlen zu Essstörungen in den Wechseljahren? 

Prof. Mangweth-Matzek: Es ist schwierig, genaue Zahlen zu nennen. Studien zeigen, dass etwa 2% bis 4% der Frauen über 40 Jahren diagnostische Kriterien für eine Essstörung erfüllen. Je nach Untersuchungsmethode kann der Anteil bis zu 18% betragen. 

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Ernährungsprogrammen und Essstörungen?

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Prof. Mangweth-Matzek: Es gibt viele Ernährungsprogramme für die Menopause, die sich mit Kalorienreduktion und Nährstoffzufuhr beschäftigen, und ja, die können problematisch sein. Grundsätzlich sind Leitlinien für eine gesunde Ernährung gut, da viele Menschen ungesunde Essgewohnheiten haben und wir noch nie so viele übergewichtige Menschen hatten. Aber eine ständige Beschäftigung mit dem Essen und dem Körpergewicht kann Frauen in der Menopause triggern und zu gestörtem Essverhalten führen. 

Wie definieren Sie gesundes Essverhalten? 

Prof. Mangweth-Matzek: Ein gesundes Essverhalten ist ausgewogen und basiert auf natürlichen, wenig verarbeiteten Lebensmitteln. Es sollte nicht von ständiger Kontrolle und Angst vor Gewichtszunahme geprägt sein. Wichtig ist auch, auf die eigenen Bedürfnisse und Signale des Körpers zu hören. 

Wenn eine Frau merkt, dass ihr Essverhalten ungesund wird: Wo bekommt sie Unterstützung? 

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Prof. Mangweth-Matzek: Es ist wichtig, dass Frauen ihr eigenes Verhalten reflektieren. Professionelle Unterstützung durch Ärzte oder Therapeuten ist hilfreich, aber leider oft nicht ausreichend verfügbar. Das Bewusstsein und die eigene Befindlichkeit spielen eine große Rolle. Die Menopause ist eine Zeit großer Veränderungen: Der Körper verändert sich, soziale Beziehungen und berufliche Situationen können sich ändern. All diese Faktoren können zu gestörtem Essverhalten führen. 

Gibt es eine Möglichkeit, dem vorzubeugen? 

Prof. Mangweth-Matzek: Ja, ein bewusster Umgang mit den Veränderungen, die die Menopause mit sich bringt, ist wichtig. Eine gesunde Lebensweise, inklusive ausgewogener Ernährung und regelmäßiger Bewegung, kann helfen. Auch das Akzeptieren des eigenen Körpers und die Selbstfürsorge spielen eine große Rolle. Es ist sehr wichtig, in dieser Lebensphase freundlich und geduldig mit sich selbst zu sein. Der Körper durchläuft viele Veränderungen, man sollte diese annehmen und sich selbst nicht zu sehr unter Druck setzen. Essstörungen sind nie eine Lösung, sondern eine Belastung, die das Leben erheblich beeinträchtigen kann. Ein gesundes Selbstbewusstsein und eine positive Einstellung zum eigenen Körper sind entscheidend. 


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