Das Thema Hormonersatztherapie ist ein nicht enden wollendes. Auch die offenen Fragen dazu. Nach wie vor herrscht Unsicherheit – andererseits ist vor allem mit dem Einzug der bioidenten Hormone die Hürde für die Einnahme bei vielen Frauen gefallen. Estradiol und Progesteron sind heute in aller Munde. Die körperidenten Substanzen zeigen eindeutige Wirkungen. Sie nehmen den Leidensdruck, den Hitzewallungen, Konzentrationsstörungen, schlaflose Nächte oder Gelenkschmerzen in den Wechseljahren hervorrufen. Wechselweise hat die deutsche Gynäkologin, Medizin-Influencerin und Autorin Dr. Judith Bildau befragt. Sie ist zudem Preisträgerin des ersten Wechselweise MenoAwards, mit dem sie anlässlich des 2. Wechselweise MenoDays für ihren Einsatzes für die Frauengesundheit in der Lebensmitte sowie die öffentlichkeitswirksamen Aufklärungsarbeit ausgezeichnet wurde.
Unter welchen Voraussetzungen und ab wann wird eine Hormonersatztherapie verordnet?
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Die Gründe, warum Frauen mit einer Hormonersatztherapie beginnen, sind vielfältig. Genauso vielfältig, wie die Symptome und Beschwerden der Wechseljahre sein können. Sehr häufig wird eine Hormonersatztherapie begonnen, weil die Frauen unter starken Hitzewallungen leiden. Aber auch kognitive Beschwerden wie Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie Schlafstörungen können ein Grund dafür sein, dass Frauen ihren abfallenden beziehungsweise fehlenden Hormonspiegel ersetzen möchten. Bislang wird eine Hormonersatztherapie nur empfohlen, wenn eine Beschwerdesymptomatik vorliegt und nicht aus präventiven Gründen.
Wann ist es besonders sinnvoll, Hormone zu ersetzen?
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Besonders sinnvoll ist ein Hormonersatztherapie sicherlich dann, wenn der Leidensdruck der Frauen sehr groß ist. Keine Frau in dieser wichtigen Lebensphase sollte leiden. Wichtig ist allerdings, dass die Frauen ausführlich und fundiert aufgeklärt und begleitet werden. Die große Angst vor Hormonen, die jahrzehntelang geherrscht hat, ist definitiv nicht berechtigt.
Sollen Frauen Hormone zeitlich begrenzt oder ewig nehmen?
Auch das ist eine sehr individuelle Entscheidung, die jede Frau für sich selbst treffen muss. Einige Frauen setzen die Hormonersatztherapie nach einigen Jahren ab beziehungsweise schleichen sie aus, und es geht ihnen sehr gut. Andere wiederum versuchen die Hormone abzusetzen und leiden sehr. Sie können dann erneut mit der Therapie beginnen. Und andere Frauen fühlen sich so wohl unter der Hormonersatztherapie, dass sie sie nicht missen möchten und nehmen sie deshalb weiter. Auch das ist in Ordnung. Wichtig ist, dass die Frauen ausführlich aufgeklärt werden.
Wir arbeiten mittlerweile hauptsächlich mit den so genannten bioidentischen Hormonen. Die Studienlage zeigt, dass das mikronisierte Progesteron in Kombination mit einem Östrogen für fünf Jahre das Brustkrebsrisiko minimal erhöht. Die Risikoerhöhung ist niedriger, als wenn Frauen ein Glas Wein pro Tag trinken beziehungsweise wenig körperlich aktiv sind beziehungsweise übergewichtig sind. Dennoch müssen die Frauen das wissen. Außerdem ist es mir immer wichtig, zu betonen, dass der Brustkrebs nicht die Todesursache Nummer eins von Frauen ist, sondern die Herzkreislauferkrankung. Eine individuell angepasste Hormonersatztherapie, rechtzeitig begonnen, senkt wiederum das Risiko für Herzkreislauferkrankung. Die alleinige Östrogengabe scheint übrigens das Brustkrebsrisiko zu senken.
Kehren die Wechselbeschwerden nach einem Ende der Hormontherapie zurück?
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Nicht zwangsläufig. Ich rate den Patientinnen immer, die Hormonersatztherapie langsam auszuschleichen. Nach dem Absetzen einer Therapie ist es allerdings besonders wichtig, noch einmal intensiver auf eine ausreichende Mikronährstoffzufuhr für Knochen und Gelenke sowie das Herzkreislaufsystem zu achten und Lebensstilfaktoren zu verbessern.
Der Nutzen einer Hormontherapie ist, so heißt es, für fünf Jahre belegt – was ist darüber hinaus?
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Der Nutzen ist auch für länger als fünf Jahre belegt. Wenn die Hormone abgesetzt werden, ist zum Beispiel der protektive Effekt auf die Knochen ziemlich schnell weg. Um ihn zu erhalten, muss die Therapie fortgeführt werden. Bei den berühmten fünf Jahren geht es vor allem um eine statistische Grenze, die in den großen Studien verwendet wurde. Hier geht es vor allem um die Risikoermittlung. Eine große Studie (E3N-Studie) zeigt zum Beispiel, dass die Kombination Estradiol plus bioidentisches Progesteron für die Brust sicher ist und keine Risikoerhöhung für Brustkrebs vorliegt. Nach diesen fünf Jahren wiederum erhöht sich dieses Risiko leicht. Der protektive Nutzen, zum Beispiel auf Knochen und Herzkreislaufsystem, bleibt aber weiter entstehen.
Was raten Sie den Frauen?
Jede Frau sollte die individuell passende Therapie für sich selbst finden. Wichtig ist, dass sie ausführlich beraten und fundiert begleitet wird. Diese große Angst, die jahrzehntelang vor Hormonen geherrscht hat, ist nicht berechtigt. Eine Hormonersatztherapie hat ihre absolute Berechtigung, hat zudem einen präventiven Nutzen. Sie ist allerdings auch nur ein Puzzleteil von mehreren, die zusammengesetzt werden müssen, damit Frauen gesund und stark älter werden können.
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