Schmerzende Gelenke. Vermutlich ist der erste Gedanke: Du meine Güte, Rheuma! Abnutzung! Sind die Bandscheiben nachweislich gesund und die Knochen und Gelenke intakt, tippen Fachärzt:innen häufig auf Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, wie es so schön heißt. Nichts dergleichen – bei Patientinnen im oder nach dem Wechsel denke ich immer zuerst an die Hormone, betont die Orthopädin Dr. Astrid Schumich im Gespräch mit Wechselweise. Denn Östrogen, Progesteron und Testosteron haben vielerlei Einfluss auf unsere Gelenke, Sehnen, Knorpel, aber auch auf das Bindegewebe und unsere Muskulatur. Häufig sind deshalb Hormonveränderungen mit Schmerzen im Bewegungsapparat verbunden. Die Beschwerden können bei allen Frauen auftreten – auch bei sportlich sehr aktiven.
Die Wirkung von Östrogen auf unsere Gelenke
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Die Symptome sind vergleichbar mit jenen von Rheuma, Arthrose oder Gicht. Schmerzen in den Fingergelenken – sehr häufig im Daumensattelgelenk –, Knien, den Schultern. Dafür gibt es mehrere Gründe:
- Östrogene sind maßgeblich daran beteiligt, wie viel Wasser unser Körper speichert. Ein Mangel lässt nicht nur unsere Schleimhäute trockener werden – denken wir an Wechseljahressymptome wie die Augentrockenheit oder die vaginale Atrophie –, sondern auch unsere Gelenkinnenhäute, Sehnen, Knorpel, das Bindegewebe und die Muskeln. Das Östrogen fördert die Feuchtigkeit der Gelenkhäute – die Scharniere werden quasi geölt. Bei einer Unterversorgung werden die Gelenke trocken. Dadurch macht ein Östrogenmangel sie angreifbar für Entzündungen, und der Knorpel nutzt sich leichter ab.
- Östrogene wirken schmerzstillend. Lässt in den Wechseljahren ihre Produktion nach, werden Schmerzimpulse direkt weitergeleitet und stärker empfunden. Frauen sind dann schmerzempfindlicher und vor allem fühlen sie Schmerzen viel heftiger.
Die Wirkung von Progesteron auf unser Gewebe
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- Progesteron erhält das Gewebe um unsere Gelenke weich, elastisch und flexibel. Ein Mangel lässt es spröde, fester und unflexibler werden, wodurch die Gelenke eher zu Entzündungen neigen. Bei einem Progesteronmangel erhöht sich demnach die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Problemen mit Sehnen, Bändern und Gelenken.
- Progesteron hebt die Stimmung und macht uns gelassener – auch unsere Muskeln. Ein Mangel führt zu mehr Verspannungen und damit auch Schmerzen. Zudem wird die Schmerzschwelle herabgesetzt.
Der Wechsel hält also auch orthopädisch große Herausforderungen für uns bereit. Doch ist es nicht nur das Ungleichgewicht der Hormone, das Schmerzzustände begünstigt.
Gelenkschmerzen durch Übersäuerung
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Durch verschiedenste Stoffwechselvorgänge entstehen im Körper ständig Säuren, die neutralisiert und abtransportiert werden müssen. Lagern sich allerdings aus dem Knochen freigesetzte Mineralstoffe als Salze vor allem im Bindegewebe ab, kann dies zu Schmerzen der Nerven, Sehnen, Muskeln und Gelenke führen. Hier ist der größte Risikofaktor das Älterwerden. Falsche Ernährung, eine falsche Lebensweise, zu wenig Ruhe und Stress begünstigen eine Übersäuerung. Mit verschiedenen Maßnahmen lässt sich die Stoffwechselsituation in unserem Körper positiv beeinflussen.
Sechs Maßnahmen für gesunde Gelenke
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- Ernährung: Basische Lebensmittel können Störungen im Säure-Basen-Haushalt entgegenwirken. Mineralstoffreiche pflanzliche Nahrungsmittel wie Gemüse, Obst, Kartoffeln und Kräuter verhalten sich im Stoffwechsel basisch. Hingegen machen tierische Produkte wie Fleisch, Wurst, Käse oder auch Fisch sauer. Ebenso Getreide und Hülsenfrüchte. Wichtig ist die richtige Relation beider Gruppen – und vor allem die Reduktion von Kohlenhydraten. Kohlenhydrate, die wir zu viel zu uns nehmen, wandeln sich in Fett um. Insgesamt sollten 70 bis 80 Prozent der Mahlzeiten aus basischen Lebensmitteln bestehen. Wichtig: Im Wechsel benötigen wir nur noch die halbe Menge an Kalorien wie davor.
- Supplemente: Auch Nahrungsergänzungsmittel können einen gestörten Säure-Basen-Haushalt wieder ins Gleichgewicht bringen. Wichtig sind ein ordentlicher Vitamin-D-Status, genug Vitamin C und B-Vitamine sowie die Zufuhr von Mineralstoffen wie Magnesium. Mängel zeigen sich im Rahmen einer Blutuntersuchung.
- Hyaluron und Collagen: Die Produktion von Hyaluron und Collagen nimmt im Alter ab. Entsprechende Aufbaukuren unterstützen unsere Beweglichkeit. Jedes Hyaluron-Molekül kann das 1000-fache des Eigengewichts an Feuchtigkeit speichern. In den Gelenken unterstützt Hyaluron vor allem die Beweglichkeit. Collagen sorgt in der Haut, im Bindegewebe, in den Knochen und Bändern für Stabilität. Beide Stoffe können zugeführt werden. Hyaluron wird entweder geschluckt, auf die Haut aufgetragen oder injiziert. Collagen wird üblicherweise in Pulverform oder als Kapsel eingenommen oder auf die Haut aufgetragen. Es gibt hervorragende Kombinationspräparate – idealerweise in Kapselform.
- Bewegung: Moderate Bewegung an der frischen Luft sowie Krafttraining – spätestens ab der Lebensmitte. Eigengewichtstraining ist von Vorteil, da es auch unseren Gleichgewichtssinn fit hält. Auch Tanzen bringt die Gelenke in Schwung.
- Lebensstil: Stress abbauen, ausreichend Entspannung, guten Schlaf, gesunde Ernährung, Bewegung, Rauchen und Alkohol meiden, auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten.
- Hormonersatztherapie: Die Gabe fehlender Hormone – wie Progesteron und Östrogen – kann zu einer deutlichen Linderung der Gelenkschmerzen führen. Vorzugsweise werden bioidente Hormone angewendet.
Fazit
Kommt unsere Hormonbalance im Wechsel ins Wanken, können Gelenkschmerzen die Folge sein. Sie sind ein Wechseljahressymptom – deshalb sollte der erste Blick auf die Hormone gerichtet werden. Aus dem Status von Östrogen und Progesteron lassen sich Therapiemöglichkeiten ableiten. Beschwerden immer mit der Fachärztin oder dem Facharzt abklären. Sie können deinen Gelenken wieder auf die Sprünge helfen.
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