Über eine Gebärmuttersenkung, einen schwachen Beckenboden und die damit verbundenen Schwierigkeiten zu sprechen ist nach wie vor ein großes Tabu. Die Autorin Dr. Ursula Peschers ist Urogynäkologin und Expertin auf dem Gebiet der Scheidensenkung. Sie hat sich in ihrem Buch Gebärmuttersenkung und Inkontinenz (Trias Verlag) den möglichen Therapieoptionen und Selbsthilfe zu diesem Thema gewidmet. Neben Diagnose, Symptomen und Ursachen werden auch operative Möglichkeiten besprochen und Tipps zur Selbsthilfe gegeben.
Gebärmuttersenkung, Belastungsinkontinenz und Co.: eine Begriffsdefinition
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In jungen Jahren sind alle Organe an Ort und Stelle, die Harnblase funktioniert einwandfrei und Sportarten mit Hüpfen, Sprüngen oder ruckartigen Bewegungen sind für die meisten Frauen kein Problem. Ist das erste Kind geboren oder in den Wechseljahren, sieht das oft anders aus. Unkontrollierter und unfreiwilliger Harnverlust ist nur ein Problem im Urogenitalbereich, das durch einen schwachen Beckenboden häufig auftritt. Doch was genau passiert da?
- Eine Senkung bedeutet, dass sich die Organe im kleinen Becken nach unten absenken. Das kann die vordere Scheidenwand mit der davor liegenden Blase, die Gebärmutter und/oder die hintere Scheidenwand mit dem dahinter liegenden Enddarm betreffen. Der Scheideneingang ist dann nicht mehr eng und verschlossen, sondern erweitert. Die Symptome reichen von Fremdkörpergefühl in der Scheide (es fühlt sich etwa an wie ein schlechtsitzender Tampon) bis dazu, dass der Muttermund schon am Scheideneingang tastbar ist. (In sehr schweren Fällen kann er sogar aus der Scheide ragen.) Diese Fehlplatzierung der Gebärmutter beeinflusst auch Harnblase und Darm, da diese schlecht oder gar nicht entleert werden können. Nicht alle Frauen mit einer Gebärmuttersenkung haben diese Probleme. Dennoch sollte man eine Gebärmuttersenkung ernst nehmen.
- Als Harninkontinenz bezeichnet man den unfreiwilligen Verlust von Harn. Dies kann mit körperlicher Belastung einhergehen (Husten, Niesen, Springen, Heben), dann spricht man von einer Belastungsinkontinenz. Der Urinverlust kann aber auch durch einen plötzlichen starken Harndrang ausgelöst werden. Dann handelt es sich um eine überaktive Blase oder Dranginkontinenz. Richtwert: Bei einer Trinkmenge von etwa 2 Litern ist ein Toilettenbesuch tagsüber fünf- bis sechsmal normal.
Beckenbodentraining gegen Gebärmuttersenkung
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Während bei Schwangeren das Gewicht des Babys und die Geburt eine Belastung für den Beckenboden darstellen, betrifft es Frauen in den Wechseljahren aufgrund von Hormonmangel, Übergewicht, Fehlbelastung oder einem schwachen Bindegewebe. Der Beckenboden ist ein komplexes Muskelgeflecht, das dafür sorgt, dass alle Organe im Bauchraum an der richtigen Stelle bleiben. Je älter wir werden, desto mehr sollten wir darauf achten, ihn gezielt zu trainieren. Denn wie auch alle anderen Muskeln im Körper baut sich auch die Beckenbodenmuskulatur durch Östrogenmangel ab. Auch erbliche Faktoren, Diabetes oder neurologische Erkrankungen können den Beckenboden beeinflussen.
Das kannst du gegen Inkontinenz und Senkungsbeschwerden bei Hormonmangel tun
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Neben Blasen- und Beckenbodentraining geht das Buch auch konkret auf Inkontinenz und Senkungsbeschwerden bei Hormonmangel ein. Lokale Östrogene können bei Harninkontinenz helfen. Diese werden als Zäpfchen oder Salbe für die Scheide verabreicht. Dabei wird ein anderer Wirkstoff verwendet als bei Hormonersatztherapien durch Tabletten, Gel oder Pflaster. Der Wirkstoff Estradiol wirkt nur im Genitalbereich, verbessert die Durchblutung von Scheide und Blase, macht das Gewebe im Genitalbereich dicker und widerstandsfähiger. Dadurch nehmen auch Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, die vorher aufgrund der Beschwerden vielleicht zusätzlich da waren, häufig wieder ab. Drangbeschwerden werden oft besser und Harnwegsinfektionen werden weniger., so Peschers.
Ein ganzes Kapitel ist auch der Physiotherapie zum gezielten Beckenbodentraining gewidmet. Egal ob man zu Hormonen greift oder nicht: Training der Muskeln im Genitalbereich sollte für jede Frau 40+ dazugehören, um die Lebensqualität zu erhalten und Beschwerden vielleicht sogar vorzubeugen. Aber auch, wenn Beschwerden bereits da sind, ist es nicht zu spät. Jeder Muskel kann gestärkt und aufgebaut werden. Neben einem Kapitel zu schweren Fällen der Gebärmuttersenkung (Stichwort: Pessartherapie, also die Therapie mit Pessaren – das sind kleine Silikonwürfel, die von Patientinnen selbst eingesetzt werden, um die Gebärmutter an Ort und Stelle zu halten), Harnwegsinfekten und Sexualität werden auch operative Therapien besprochen.
Selbsttest für das persönliche Beckenboden-Gespür
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Im Buch findet sich auch ein einfacher Selbsttest: Lege dich mit angezogenen Beinen auf das Bett. Führe einen Finger in die Scheide ein und drücken ihn sacht in Richtung Darm. Dann spanne den Beckenboden an und achte darauf, ob sich der Finger etwas anhebt. Wenn ja, dann machst du alles richtig. Wenn nein, dann brauchst du vielleicht mehr Unterstützung, um das Beckenbodentraining richtig durchzuführen.
Ein Besuch bei einer auf interne Techniken spezialisierten Physiotherapeutin oder einem Physiotherapeuten ist in jedem Fall ratsam. Sie kann helfen den Beckenboden zu erspüren und richtig anzuspannen.
Fazit
Ein Praxisbuch für Patientinnen mit Beschwerden, aber auch zur Vorsorge und Erhaltung der Lebensqualität. Großes Plus: Die weibliche Anatomie und das Muskelgeflecht des Beckenbodens wird genau erklärt, Selbsthilfe- und Ernährungstipps helfen konkret.
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