Sie ist die First Lady der Darmgesundheit und einer der fleißigsten Medizin-Publizistinnen: Prof. Dr. Michaela Axt-Gadermann, Ernährungs- und Sportmedizinerin, Dermatologin sowie Professorin für Gesundheitsförderung an der Hochschule Coburg hat bereits etliche Besteller zum Thema Mikrobiom, Schilddrüse und Gewichtsreduktion herausgegeben. Ihr neues Werk klingt wird ebenso für viel Echo sorgen: In Der neue Fasten-Code (Südwest Verlag) nimmt sie überholte Mythen rund um Detox und Darm ins Visier.
Immerhin: Fasten liegt im Trend – zu Recht, denn inzwischen ist gut belegt, dass sowohl Heilfasten als auch Intervallfasten oder Kalorienreduktion viele Vorteile mit sich bringen. Allerdings: Die Schroth-Kur, Buchingerfasten oder die F.-X.-Mayr-Kur sind noch immer sehr beliebt, nach aktuellem Stand der Ernährungsphysiologie aber zum Teil schwer überholt, so die Expertin.
Nicht alle traditionellen Fasten-Empfehlungen tun uns gut
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Bisher haben aber nur wenige Wissenschaftler:innen die althergebrachten Fastenkonzepte, die zum Teil auf den Erkenntnissen von vor 100 oder 200 Jahren beruhen, kritisch hinterfragt. Diese Lücke schließt Michaela Axt-Gadermann nun mit ihrem aktuellen Buch, dessen Ansätze bereits praxiserprobt sind: Die Fastenleiterin und Co-Autorin, Johanna Katzera, hat die neuen Zugänge mit mehreren Gruppen getestet und berichtet ausführlich. Denn nicht alle traditionellen Empfehlungen tun laut dem aktuellen Fastencode gut, manche Maßnahmen sind sogar gesundheitsschädlich.
Wir haben reingelesen und möchte jene drei Erkenntnisse präsentieren, die uns am meisten beeindruckt haben:
Die Darmreinigung ist schädlich
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Das Glaubern vor und während Fastenkuren – also das Abführen mit Bittersalz – oder auch Darmspülungen sind beliebt. Sie tragen laut der Expertin allerdings nicht zum Fastenerfolg bei, sondern verändern das Mikrobiom so, dass es nach der Kur mehr Kalorien aus dem Essen zieht und zudem Entzündungen durch die veränderte Darmflora begünstigt werden. Man erreicht damit also genau das Gegenteil dessen, was man sich erhofft. Denn bei der Darmreinigung werden vor allem immense Mengen an gesunden Bakterien ausgespült.
Axt-Gadermann dazu: Die Darmentleerung hat lediglich psychologische Effekte. Nach der Abführprozedur zeigt sich auf der Waage bereits einen Tag später ein Gewichtsverlust, der allerdings lediglich auf einer Austrocknung des Körpers durch Flüssigkeitsverlust beruht. Aus gesundheitlicher Sicht ist jede Form der Darmreinigung schlecht für unser Mikrobiom und begünstigt Störungen und Chaos in der Zusammensetzung der Darmflora. Studien belegen, dass fastenbegleitende Darmreinigungen den langfristigen Erfolg von Heilfastenkuren sogar zunichtemachen können. Es ist auch nicht richtig, dass Stuhlreste im Darm zu faulen oder zu gären beginnen, wenn sie vor dem Nahrungsverzicht nicht entfernt werden. Fasten funktioniert auch ohne Darmreinigung.
Nachsatz: Ich werde oft gefragt, was man statt des Abführens für den Darm und das Mikrobiom tun muss. Die Antwort ist ganz einfach: Man muss nichts tun! Fasten tut dem Mikrobiom gut. Der einzige Grund für eine Darmreinigung ist laut der Expertin also die Vorbereitung auf eine Koloskopie. Aber auch in diesem Fall sollte anschließend das Mikrobiom durch die Einnahme probiotischer Bakterien und präbiotischer Ballaststoffe wieder aufgebaut werden.
Detox-Kuren? Das schafft der Körper von allein!
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Begriffe wie Detox, Cleaning, Entschlackung oder Entgiftung sind leere Formeln. Inzwischen gibt es eine Flut von Präparaten, die unserem Körper neue Kraft und Frische schenken, die Ablagerungen und Gifte entfernen, Alterungsvorgänge verzögern, Organe entlasten und zu einem raschen Gewichtsverlust führen sollen. Doch der Gedanke, mithilfe von Detoxbädern, Selleriesaft, grünem Kaffee, Zeolith oder Heilerde etwas gegen eine insgesamt schlechte Ernährung, gegen die Folgen der Luftverschmutzung oder Mikroplastik auszurichten, ist leider sehr naiv, so Axt-Gadermann.
Und weiter: Tatsächlich können sie nicht auch nur annähernd das leisten, was unser körpereigenes Entgiftungssystem schafft. Unser Körper ist nämlich ziemlich gut darin, Toxine zu entsorgen. Leber und Niere sind die bekanntesten Entgiftungsorgane, doch auch das Darmmikrobiom kann Gifte und Schadstoffe umwandeln, abbauen und metabolisieren. Die Tatsache, dass uns ein so leistungsstarker Entgiftungsapparat zur Verfügung steht, zeigt eigentlich ganz gut, dass wir auf Detoxkuren getrost verzichten können. Und der Geldbörse tut diese Art von Verzicht auch gut.
Kaffee und Co: Was beim Entgiften wirklich hilft
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Unsere Leber ist das wichtigste Entgiftungsorgan, und es gibt tatsächlich ein paar Maßnahmen, die sie bei ihrer Arbeit unterstützen können. Der gerade bei Fastenkuren verpönte Kaffee ist eine davon. Studien haben gezeigt, dass selbst bei schweren Erkrankungen wie Hepatitis, alkoholbedingten Leberschäden oder auch einer nicht-alkoholbedingten Fettleber der regelmäßige Konsum von Kaffee die Funktion des Stoffwechselorgans verbessert, so die Darm-Päpstin.
Es ist bekannt, dass die Schilddrüsenfunktion beim Fasten abnimmt und dadurch der Stoffwechsel bzw. die Kalorienverbrennung zurückgeht. Wer aber regelmäßig ein bis zwei Tassen Kaffee (oder auch mehr) trinkt, unterstützt die Funktion dieses wichtigsten Stoffwechselorgans. Koffein fördert gleichzeitig die Freisetzung von Fettsäuren aus dem Fettgewebe. Diese Fettsäuren können durch anschließende Bewegung verbrannt werden. Und Kaffee ist ein sogenannter Fastenimitator, der die Wirkung des Fastens, also den Autophagie-Prozesse, noch verstärken kann.
Außerdem wirken sich laut der Expertin noch weitere Pflanzenstoffe nachweislich günstig auf die Leberfunktion aus: Mariendistel und Artischocke. Und Capsaicin, der Stoff, der für die Schärfe von Chilis verantwortlich ist, kann unser Stoffwechselorgan vor Schäden schützen. Milch, egal on von der Kuh oder der Pflanze, allerdings reduziert die Verfügbarkeit der gesunden Kaffee-Polyphenole. Und Zucker hat beim Fasten sowieso nichts zu suchen.
Für Profis und Anfängerinnen: Der neue Fasten-Code hilft!
Unser Fazit? Grundsätzlich gut, wenn auf die gesundheitsfördernde Wirkung des Fastens mit Nachdruck hingewiesen wird. Axt-Gadermann hat sich hunderte wissenschaftlicher Studien angesehen, die klassischen Fastenkuren geprüft und mit Fastenleiter:innen gesprochen. Entstanden ist ein neues Konzept, das Bewährtes beibehält, gleichzeitig aber einen kritischen Blick auf nicht mehr zeitgemäße Empfehlungen wirft. Das macht den Einstieg ins Fasten für uns nicht nur einfacher und angenehmer, sondern kann die Wirkung des Nahrungsverzichts auf unsere Gesundheit sogar noch steigern. Wer also ordentlich reduzieren oder verzichten will, sollte zuvor aufmerksam hineinlesen.
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