Mit den Wechseljahren hat das Thema nichts zu tun? Oh, doch. Biosimilars und Generika begleiten uns im Alltag – ein Leben lang. Also auch durch jene Lebensphasen, die die Menopause umrunden. Schlucken wir eine Tablette oder erhalten wir eine Infusion, kann es entweder oder sein. Und dann sind da noch die klassischen Originalwirkstoffe und Biologika. Wer kann da noch den Durchblick behalten? Wechselweise begleitet dich durch den Dschungel der Arzneimittel und erklärt dir die Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Anwendungen.
Gehörst du zu jenen, die jetzt ein großes Fragezeichen vor Augen haben, stehst du nicht alleine da. Immerhin wissen einer Umfrage in österreichischen Spitälern zufolge nur 46 Prozent der Ärzt:innen und 17 Prozent der Pflegekräfte, was Biosimilars sind. Also, alles gut.
Die Grundlagen: Small Chemicals und Biologika
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Bei Arzneimitteln unterscheidet man grundsätzlich zwischen klassischen Pharmaka – den sogenannten Small Chemicals oder auch kleinen Molekülen – und den Biologika – den großmolekularen Medikamenten. Die klassischen Arzneimittel sind Verbindungen mit geringem Gewicht und enthalten üblicherweise zwischen 20 und 100 Atome. Biologika besitzen komplexe Strukturen mit bis zu 50.000 Atomen.
Von diesem Größenunterschied abgesehen, besteht der Hauptunterschied darin, dass die klassischen Pharmaka chemisch gewonnen werden, während Biologika aus lebenden Organismen – menschlichen, tierischen und pflanzlichen Ursprungs sowie Mikroorganismen – hergestellt werden. Chemisch synthetisierte Arzneimittel sind in ihrer Form stabiler, einfacher und damit auch kostengünstiger herzustellen. Biologika hingegen erfordern komplexe Herstellungsprozesse, wodurch sie teurer sind.
Small Chemicals werden meistens in Form von Pillen oder Tabletten eingenommen. Biologika werden subkutan injiziert oder als Infusion intravenös verabreicht. Bislang können die Wirkstoffe der Biologika nicht in Tablettenform eingenommen werden, da die Moleküle im Magen-Darm-Trakt abgebaut, also verdaut, werden. Hier noch einmal kurz zusammengefasst:
Small Chemicals
- Größe: 20 bis 100 Atome
- Einnahme: oral
- Struktur: einfach
- Ausgangssubstanz chemischen Ursprungs
- Preis: günstig
- Beispiel: Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, ...
Biologika
- Größe: bis zu 50.000 Atome
- Einnahme: Injektion oder Infusion
- Struktur: komplex
- Ausgangssubstanz: lebende Zellen
- Preis: sehr teuer
- Beispiel: Insulin, FSME-Impfstoff, ...
Generika: Nachahmerpräparate der Small Chemicals
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Das Spiel am Markt, finanzielle Gegebenheiten und die Tatsache, dass Patente ablaufen, haben dazu geführt, dass es heute Nachahmerpräparate gibt. Bei den Small Chemicals sind es die Generika, bei den Biologika die Biosimilars. Auch hier gibt es Unterschiede, die einen näheren Blick wert sind.
Generika sind bereits in aller Munde. Ärzt:innen greifen heute häufig zu solchen Nachahmeprodukten, weil sie günstiger sind und zudem dieselbe Wirkung wie das Original besitzen. Damit sind sie exakte Kopien von chemisch-synthetisch hergestellte Arzneimitteln. Ein Generikum darf produziert werden, sobald das Patent eines bestimmten Wirkstoffs abgelaufen ist. Es stimmt mit der Vorgängersubstanz exakt überein – lediglich bei enthaltenen Hilfsstoffen oder beim Herstellungsprozess können sich die Arzneien unterscheiden. Ein Generikum muss dem Originalprodukt in Wirksamkeit und Sicherheit entsprechen.
Biosimilars: Nachahmerpräparate der Biologica
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Biosimilars sind die Nachahmeprodukte von Biologika. Aufgrund ihrer komplexen Struktur, der großen Variabilität biologischer Organismen und des vielschichtigen Herstellungsprozesses ist eine exakte Kopie nicht möglich. Biosimilars sind also ähnlich (similar) und nicht ident. Sie werden mit Hilfe gentechnisch veränderter lebender Organismen produziert.
Die Bedeutung von Biosimilars liegt im Einsparungspotenzial, heißt es seitens des Biosimilarsverband Österreich. Denn die Hersteller müssen für die Zulassung ihrer Mittel nicht alle Studien wiederholen. Zudem werden sie preiswerter angeboten, um mit den Originalen konkurrieren zu können.
Biosimilars: die Rezeptur ist einsehbar
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An die Rezeptur von Biosimilars kommt man früher als an jene von Generika. Denn das Know-how ist öffentlich, die Patente sind einsehbar, auch, bevor sie abgelaufen sind. Die Schwierigkeit bei der Herstellung von Biosimilars liegt demnach nicht im Wissen, sondern in der Umsetzung. Es muss ein völlig neuer Herstellungsprozess mit einer einzigartigen Zelllinie entwickelt werden. Jeder Hersteller nutzt dafür ein eigenes Verfahren, das auch nach dem Ablauf des Patentschutzes geschützt bleibt.
Ein weiterer Vorteil: Biosimilars scheitern in der späten Phase der Entwicklung kaum, da die Hersteller von Beginn an auf einer bewährten Grundlage, nämlich dem Originalpräparat, für das Wirksamkeit und Sicherheit bekannt sind. Die Ähnlichkeit zum Original macht es möglich, das Entwicklungsrisiko zu minimieren.
Die Vorteile eines Biosimilars für Patient:innen
Je mehr Biosimilars auf den Markt kommen, umso mehr Patient:innen haben Zugang zur modernen Therapie. Sie können früher versorgt und behandelt werden. Die Einsatzgebiete sind noch beschränkt und decken derzeit ein relativ kleines Indikationsspektrum ab – etwa Onkologie, Rheumatoide Arthritis, Morbus Crohn oder Diabetes. Laufend werden allerdings neue Biosimilars entwickelt.
Es gibt noch weitere Gründe, die für ein Biosimilar sprechen: Mitunter hat es eine geeignetere Packungsgröße oder auch eine andere Darreichungsform. Manche Menschen kommen mit einer Fertigspritze besser zurecht, andere bevorzugen einen Pen.
Aufgrund der Gleichwertigkeit im Bereich Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität ist ein Switch von Biologika auf Biosimilar in der medizinischen Praxis erlaubt. Die Umstellung erfolgt durch den behandelnden Arzt oder das Krankenhaus und muss präzise überwacht werden.
Die Informationen in diesem Beitrag basieren auf einem Seminar des Biosimilarsverband Österreich.
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