Dieser Mann hat noch jede:n erfolgreich ins Träumeland befördert: Nach langjähriger Erfahrung als ärztlicher Leiter in der Privatklinik Villach übernahm Prim. Dr. Pramsohler mit der Eröffnung im Januar 2022 die Programmleitung im BLEIB BERG Health Retreat. Dort fungiert er nicht nur als Neurologe, sondern auch als Verhaltenstherapeut und Schlafmediziner, seine speziellen Ausbildungen für Angststörungen und Demenz ergänzen seine Kompetenzen. Zum Tag des Schlafes bat ihn Wechselweise.net zum Interview.
Welche sind die häufigsten Anliegen Ihrer Patient:innen?
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Die meisten Personen, die ich behandle, klagen über einen nicht erholsamen Schlaf und das Gefühl, tagsüber nicht so leistungsfähig zu sein, wie sie es gewohnt sind. Diese Beschwerden hängen oft mit Ein- und Durchschlafproblemen, der so genannten insomnischen Störung, zusammen.
Was hilft uns in den Schlaf? Kann man ein gesundes Schlafverhalten trainieren?
Diese Fragen lassen sich gemeinsam beantworten: Schlaf ist sehr individuell. Entscheidend ist das Wissen um den eigenen Schlaftypus (Kurz-, Mittel- oder Langschläfer) und den persönlichen Chronotypen (Eule oder Lerche). Man kann auch von der inneren Uhr sprechen, die den Schlafrhythmus vorgibt. Während Lerchen die Frühaufsteher sind, sind Eulen die Nachtaktiven, die morgens nur schwer aus dem Bett kommen. Wichtig ist also, seinen persönlich richtigen Schlafrhythmus zu finden und diesen langfristig beizubehalten, am besten auch am Wochenende.
Wichtig zu verstehen ist auch, dass unser innerer Zyklus bei circa 90 Minuten liegt. Sprich, wenn um 22.30 Uhr ein Müdigkeitsgefühl eintritt, das man übergeht, kann man nicht um 23.00 Uhr leichter einschlafen. Man hat sein Schlaffenster versäumt und muss wieder in etwa 90 Minuten warten.
Haben Sie ein paar konkrete Tipps für uns?
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Ein paar allgemeine Tipps, um gut ein- und durchzuschlafen wären
- Den Leitsatz Geschlafen wird nur im Bett und im Bett wird nur geschlafen beherzigen.
- Im Bett auf das Handy verzichten. Das Blaulicht von Smartphones hemmt die Produktion von Melatonin im Gehirn. Eine Stunde vor dem Schlafengehen sollten alle Geräte abgeschaltet werden.
- Abendspaziergänge und leichte Bewegung unterstützen eine entspannte Ruhezeit.
- Fördernd für einen guten Schlaf sind ein warmes Bad (etwa zwei Stunden vor dem Schlafengehen) oder auch Meditation.
- Die Snooze Taste am Morgen vermeiden: Das Bedienen der Schlummer-Taste sorgt für ein Wechselspiel aus kurzfristiger Entspannung und künstlichem Stress, das sich langfristig aber negativ auf die Schlafqualität auswirkt.
Bei Schlafstörungen sollte man immer versuchen, einen hohen Schlafdruck aufzubauen. Das heißt, man sollte seinen Rhythmus kennen und dann schlafen gehen, wenn der Melatoninspiegel und das Müdigkeitsgefühl und somit auch der Schlafdruck besonders hoch sind. Wenn allerdings nach 4 bis 6 Wochen Eigentherapie keine Besserung eintritt, sollte unbedingt und dringend professionelle Hilfe gesucht werden.
Wie soll ich mich verhalten, wenn ich in der Nacht munter werde?
Auch hier gilt die Regel: Geschlafen wird nur im Bett und im Bett wird nur geschlafen. Wird man nahe zur üblichen Aufstehzeit munter, sollte man auch gleich aufstehen, um nicht wieder in den Tiefschlaf zu fallen. Wacht man mitten in der Nacht auf, sollte man aufstehen, an einen ruhigen Ort gehen und eine ruhige Tätigkeit ausüben – wie zum Beispiel einen Reisekatalog durchblättern. Sobald wieder ein Müdigkeitsgefühl eintritt und der Schlafdruck somit groß genug ist, sollte man zurück ins Bett gehen und weiterschlafen.
Was ist die ideale Schlafdauer und wie finde ich sie heraus?
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Wie viel Stunden Schlaf ein Mensch braucht, ist genetisch festgelegt. Man unterscheidet zwischen Kurzschläfer, Mittelschläfer und Langschläfer. Am besten findet man seinen Schlaftypus im Urlaub heraus. Nach ein paar Tagen ohne Stress und Alltagsverpflichtungen kann man sich auf seine natürliche innere Uhr verlassen und verfolgen, wann man müde und wann ausgeschlafen ist. Diesen Rhythmus sollte man dann auch im Alltag beibehalten.
Kann man auch zu viel schlafen?
Ja, manche Schlafstörungen rühren tatsächlich daher, dass man eigentlich ein Kurzschläfer ist und regelmäßig zu lange im Bett bleibt. Die beste Zeit, um aufzuwachen liegt im Schlafstadium 1 und 2, also bevor man in eine (erneute) Tiefschlafphase kommt. Denn wenn man wieder in den Tiefschlaf fällt, wird man nur schwer munter und fühlt sich oft den ganzen Tag nicht fit und leistungsfähig.
Was passiert in den Wechseljahren mit unserem Schlafverhalten?
Grundsätzlich wird mit zunehmendem Alter die Schlafenszeit kürzer, weil weniger Melatonin produziert wird. In den Wechseljahren wirkt sich zusätzlich die Veränderung des weiblichen Hormonhaushaltes auf das Schlafverhalten aus. Die Schwankungen des Östrogenspiegels haben bei Frauen einen negativen Einfluss auf das Schlafprofil. Die Tiefschlafphasen werden weniger und die Wachphasen in der Nacht nehmen zu. Dadurch nimmt die Leistungs-, Merk- und Konzentrationsfähigkeit unter Tags deutlich ab. Ich würde Betroffenen raten, lieber kurz und intensiv zu schlafen, anstatt sich stundenlang im Bett herumzuwälzen.
Was halten Sie von Schlaf-Apps?
Schlaf-Apps können, wenn sie einen wissenschaftlichen Hintergrund haben, ein effektives Interventionsmittel sein. Die selbst erhobenen Daten können Aufschluss über das Schlafprofi geben und eine sinnvolle Ergänzung zu einem professionellen Schlaflabor sein. Wichtig ist hier jedoch anzumerken, dass die Apps auf keinen Fall Ängste, einen Kontrollzwang oder das Gefühl, schlafen zu müssen, erzeugen sollen. Denn wie genau die Daten aufgezeichnet werden, ist nicht kontrollierbar. Wenn bei Eigentherapie nach 4 bis 6 Wochen keine Besserung eintritt, sollte ein Schlaflabor oder ein Schlafmediziner aufgesucht werden.
Powernap – ja oder nein?
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Für einen gesunden Schläfer, also eine Person ohne Schlafprobleme, kann ein Powernap gut fürs Gehirn sein. Denn beim Powernap oder auch Mittagsschläfchen sollte man nur bis in das Schlafstadium 2 kommen, in dem Gedanken und Emotionen verarbeitet werden und Gelerntes abgespeichert wird. Ein Powernap kann also klüger machen. Ein Tipp, um nicht in den Tiefschlaf zu kommen: Beim Einschlafen einen Kaffeelöffel in die Hand nehmen. Wenn dieser auf den Boden fällt, würde man in den Tiefschlaf kommen, wird durch das Geräusch aber geweckt. Personen, die unter Schlafstörungen leiden, sollten auf einen Powernap lieber verzichten, da sie sich dadurch die nächtliche Schlafenszeit stehlen können.
Zum Welttag des Schlafs:
Der von dem Komitee der World Association of Sleep Medicine (WASM) initiierte Aktionstag wurde nicht ohne Grund auf den jeweils dritten Freitag im März gelegt. Der Termin fällt immer vor die Tagundnachtgleiche im März, und so steht der Welttag des Schlafes immer kurz vor dem astronomischen Frühjahrsbeginn nördlich des Äquators. So möchte man auf die Notwendigkeit eines gesunden Schlafes hinweisen und mehr Bewusstsein für die Häufigkeit von Schlafstörungen schaffen.
2023 fällt der Weltschlaftag auf den 17. März.
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